Silberband 092 - Das MODUL
ihm nicht mehr viel Zeit blieb. Die Absichten des COMPs glaubte er zu kennen, und er betrachtete es als seine Aufgabe, sie zu unterbinden. Denn sie hätten bei den Menschen Veränderungen bewirkt, die der Sache der Kelosker nicht zuträglich waren.
Dobrak bog in einen Seitenkorridor ein, der vor einem Schott endete. Ohne sein Zutun öffnete sich der Durchgang. Ein hoch gewachsener, schlanker Mensch mit dunklen, gelockten Haaren stand in der Öffnung und blickte ihm erstaunt entgegen.
»Sie … hier?«, fragte er. »Ich dachte …«
»… ich sei mit den anderen verschwunden, nicht wahr?«, vollendete Dobrak den angefangenen Satz. »Wie Sie sehen, bin ich zurückgeblieben. Ich habe mit Ihnen zu reden.«
Joscan Hellmut wurde abweisend. »Ich habe keine Zeit«, antwortete er eisig. »Vielleicht ein andermal …«
»Es ist mir gleichgültig, ob Sie Zeit haben oder nicht«, fiel ihm Dobrak ins Wort. »Mein Anliegen duldet keinen Aufschub, also wird unser Gespräch sofort stattfinden.«
Joscan starrte den unförmigen Kelosker an. Sein Widerwille regte sich. Unwillkürlich tastete er nach der Waffe, die er im Gürtel trug. »Sie verstehen mich nicht«, sagte er. »Ich habe keine Zeit. Und wenn ich sage, ich habe keine Zeit, dann …«
Dobrak hatte die Bewegungen des Menschen verfolgt. Als die Hand den Kolben der Waffe umfasste, schlug er zu. Er wirkte unbeholfen, doch die Schnelligkeit, mit der einer seiner Greifarme nach vorne zuckte und Hellmuts Handgelenk umklammerte, hätte ihm so leicht niemand nachgemacht.
Hellmut wurde bleich. Der Griff des Keloskers drohte sein Handgelenk zu zerquetschen. Der Strahler polterte zu Boden. Hellmut sah ein, dass er gegen den mit unglaublichen Körperkräften ausgestatteten Kelosker vorerst keine Chance hatte. Andererseits war es ihm unmöglich, Dobrak nachzugeben. Aus dem Kristall in seinem Nacken floss ein unaufhörlicher Strom von Befehlen.
»Ich kann nicht …«, ächzte Joscan Hellmut und sackte unter dem Griff des Keloskers in die Knie.
»Teilen Sie Ihrem Auftraggeber mit, dass ich mit Ihnen zu sprechen habe!«, befahl Dobrak. »Die Sache wird nicht allzu lange dauern.«
Joscan Hellmut schloss die Augen. Eine Weile verging. Als er wieder aufblickte, lag ein Ausdruck wie von Erleichterung auf seinem Gesicht. Dobrak registrierte, dass sich der COMP dem Unausweichlichen gebeugt hatte.
»Was wollen Sie?«, fragte Hellmut matt.
Vigo Hynes kannte nur ein Ziel: den Raum des kleinen Knotenrechners, in dem er niedergeschlagen worden war. Romeo hatte sich an der Schaltung zu schaffen gemacht. Aber der Roboter hatte dort nichts zu suchen. Vigos Aufforderung, sich zu entfernen, hatte er sich widersetzt. Dabei zweifelte Vigo keine Sekunde lang daran, dass er von Julia niedergeschlagen worden war. Sie musste sich unbemerkt in demselben Raum befunden haben.
Vigo Hynes entsann sich der Feststellung, die er Stunden zuvor gemacht hatte. Einer der Registerinhalte einer Feuerleitpositronik war verändert worden. Er wusste nicht, ob Romeo und Julia auch dafür verantwortlich waren. Aber er war sicher, dass sie mit ihren heimlichen Aktivitäten, bei denen er sie überrascht hatte, dasselbe Ziel verfolgten – welches das auch sein mochte.
Über den COMP wusste Vigo wenig – kaum mehr, als dass er an Bord war und dass er ihn als ein seltsames Gebilde zu betrachten hatte, das sorgfältig analysiert werden musste. Romeo und Julia hatten mit ihrem geheimnisvollen Tun erst angefangen, als der COMP schon an Bord war.
Vigo Hynes folgerte kühn, dass die Manipulation des Knotenrechners von dem COMP ausgehen müsse. Was konnte er anderes bezwecken, als die Kontrolle über die Feuerkraft der SOL zu bekommen. Sämtliche Geschütze wurden von einem Rechnernetz überwacht, das von SENECA unabhängig war. Der COMP versuchte, diese Anordnung zu überbrücken und die Feuerleitkontrolle zu zentralisieren, sodass er sie beeinflussen konnte.
Das alles, gestand sich Vigo, waren nur Vermutungen. Aber er glaubte nicht, dass er sich irrte. Hinzu kam, dass die Besatzung der SOL ein EVAC-Manöver ausführte. Hatte der COMP vor, die Einheiten der Evakuierungsflotte unter Feuer zu nehmen, sobald sie zum Mutterschiff zurückkehrten?
Vigo Hynes hatte es plötzlich noch eiliger. Er erreichte die Abzweigung, an deren Ende der Rechnerraum lag. Die Kodeschlüssel trug er noch bei sich. Auch seine Waffe besaß er noch. Als das Schott zur Seite glitt, war er schussbereit. Das Licht aus dem Korridor fiel in den
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