Silberband 112 - Die Energiejäger
Energieträger, der die Explosion verursacht hatte.
Während Ongelsken das kleine Luftkissenfahrzeug über das felsige Gelände steuerte, kamen ihm die Gedanken in den Sinn, mit denen er sich beschäftigt hatte, als er von der Inspektion der Korpuskularkanonen zurückkehrte. Tief in seinem Bewusstsein hatten Zweifel genagt, ein Gefühl der Ungewissheit, als hätte er etwas übersehen.
Die Ahnung hatte ihn nicht getrogen. Jeder hatte nur in Erwägung gezogen, dass Marbonnaj von außen her angreifen müsse. Es war leichtgefallen, die Gefahr als gering einzuschätzen, weil Marbonnajs Annäherung schon aus großer Entfernung bemerkt werden musste.
Genau da lag der Denkfehler. Marbonnaj war längst an Ort und Stelle. Er musste sich auf dem Irrläufer eingenistet haben, als die Norane des ersten Fanges abtransportiert worden waren. Vermutlich hatte er sich dem Planeten so geschickt genähert, dass der Irrläufer sich stets zwischen seinem Schiff und der NORAN-MUTTER befunden hatte und der Anflug nicht bemerkt werden konnte.
Marbonnajs Absicht war klar. Er wollte Zwadivar Schaden zufügen. Das ließ sich am einfachsten erreichen, indem er die Station und die Korpuskularkanonen vernichtete. Warum aber hatte er das nicht längst getan? Warum wartete er, bis Zwadivar den größten Fang in der Geschichte der Jagd bewerkstelligt hatte, um seinen Anschlag auszuführen?
Ongelsken spürte die Bedrohung deutlich. Hier ging etwas vor, dem er dringend auf die Spur kommen musste.
Er fuhr mit dem Gleiter einen weiten Umweg und näherte sich den Türmen aus nahezu entgegengesetzter Richtung. Als er sich den Kanonen näherte, lag die Umgebung der Türme in hellem Licht. Marbonnaj dachte offenbar nicht daran, sein Vorhaben im Finstern auszuführen. Er hatte Scheinwerfer aufbauen lassen.
»Marnalok hier«, erklang es aus dem Funkempfang. »Ich habe eine Meldung von Onglosnakar.«
»Gib sie durch!«, verlangte Ongelsken.
»Etwa fünfzehn Kilometer nördlich der fünf Türme befindet sich ein starker Orterreflex. Es könnte sich um das amphibische Raumschiff handeln, mit dem Marbonnaj gelandet ist.«
Ongelsken bestätigte und schaltete ab. Inzwischen hatte er sein Fahrzeug hinter einer Aufhäufung von Felsgestein angehalten. Die Türme lagen noch mehr als einen Kilometer entfernt. Im Scheinwerferlicht sah er mehrere Gestalten zwischen den Kanonen, er konnte aber nicht erkennen, was sie taten. Offenbar legten sie letzte Hand an etwas, von dem Ongelsken nicht wusste, was es war. Der Boden im Bereich der Türme erschien ihm sehr uneben. Dort war gegraben worden, um an die Kontrollmechanismen der Kanonen heranzukommen.
An der Grenze des Lichtkreises standen vier Gleitfahrzeuge. Jedes bot mindestens fünf Passagieren Platz. Ongelsken versuchte, die Gestalten bei den Türmen zu zählen. Er kam auf achtzehn.
Und wie viele von Marbonnajs Leuten mochten sich noch in dem Raumschiff befinden? Zweifellos hatte der Attentäter den Anflug nur mit einer kleineren Fangeinheit unternommen. Diese hatten selten eine Besatzungsstärke von mehr als dreißig.
Ongelsken hatte sich so weit an die Türme herangewagt, wie es ihm eben noch vertretbar erschien, und er konnte hier noch ein paar Stunden liegen und die arbeitenden Gestalten beobachten, ohne die Pläne des Gegners zu durchschauen. Wenn es ihm hingegen gelang, in das von einem Großteil der Mannschaft verlassene Raumschiff einzudringen, dann konnte er womöglich Marbonnajs Absichten erkennen.
Er zögerte nicht und startete den Gleiter wieder.
Das Schiff, schüsselförmig und fünfzig Meter durchmessend, war ein düsterer Schatten vor dem Felsenhintergrund. Es stand auf acht stummelförmigen Hydraulikbeinen, und zur Hauptschleuse führte ein schmaler Laufsteg empor. Das Schott war zwar geschlossen, doch die Kontrollen verrieten Ongelsken, dass die Verriegelung nicht aktiv war. Hätten die Attentäter eine Wache an Bord zurückgelassen, wäre das Schott verriegelt gewesen.
»Ich habe Marbonnajs Raumschiff gefunden und gehe an Bord«, gab Ongelsken über Funk an Marnalok weiter.
Er hatte sein Luftkissenfahrzeug unmittelbar neben dem Laufsteg angehalten und stieg nun aus. Das Schleusenschott öffnete sich vor ihm, die innere Tür stand offen. Dahinter erstreckte sich ein breiter, matt erleuchteter Gang. Dieser Schiffstyp ähnelte der FÄNGERGLÜCK. Ongelsken begab sich geradewegs zur Steuerzentrale.
Der rechteckige Raum lag verlassen. In der Decke schimmerten zwei Leuchtplatten.
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