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Silberfieber

Silberfieber

Titel: Silberfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wuehrmann
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Lange konnte es nicht mehr dauern, bis Daniel McGuffin sie erreicht haben würde. Er war jetzt nur noch zwanzig Meter entfernt.
    »Bleiben Sie sofort stehen und stoppen Sie den Motor. Hier spricht die Polizei. Halten Sie das Flugzeug an!«
    Die Stimme des Megafons war trotz des Propellergeräusches deutlich zu verstehen. Mr. Van achtete kaum noch auf die Startbahn und lenkte die Piper noch weiter nach links, wo McGuffin jetzt in ihrem Blickfeld auftauchte. Er war nur noch wenige Meter entfernt, und Mr. Van brachte den ratternden Flieger auf Armlänge an ihn heran.
    Eine Pappröhre flog Gloria McGinnis auf den Schoß. Mr. Van korrigierte nochmals den Steuerhebel, als Daniel McGuffin sich am Chassis festklammerte und mit einem gekonnten Sprung in das Flugzeug hechtete. Er landete mit beiden Knien auf dem spärlichen Raum zwischen dem Rahmen der Einstiegsluke und dem zweiten Notsitz hinter Gloria. Ohne zu zögern, zog Mr. Van den Gashebel durch, wodurch Daniel McGuffin kopfüber nach vorne gegen den Sitz stürzte. Gloria packte ihn am Gürtel seines Mantels und zog und zerrte ihn so weit hinein, bis sie die Seitenluke endlich schließen konnte. Ohrenbetäubend knatterte jetzt der hochdrehende Propeller. Die Anweisungen des neben ihnen mit Höchstgeschwindigkeit dahinjagenden Jeeps vom Sicherheitsdienst waren längst nicht mehr zu verstehen. McGuffins Körper lag seitlich verkeilt auf dem Flugzeugboden, während die Piper den ersten Satz vom Rollfeld in die Luft machte. Noch einmal setzte sie kurz auf, dann gelang es Mr. Van mit einer kaum wahrnehmbaren, sehr langsamen Bewegung des Steuers, die entscheidenden ersten Höhenmeter zwischen sich und die Verfolger zu bringen. Nur den Bruchteil eines Augenblicks, bevor der Windsog ihr die Glaskuppel aus den Händen gerissen hätte, klappte Gloria McGinnis die Schnappverschlüsse nach unten, und die Piper PA-12 Super Cruiser hob in einer gekonnten Schleife vom Rollfeld des Dorval International Airport Montreal ab. Auch die roten Blinklichter des Jeeps, die schnell kleiner wurden, vollzogen eine Schleife. Doch sie verschwanden, als die Maschine durch die ersten heranfliegenden Wolkenfetzen flog.
    »Glück gehabt, ich dachte schon, die fangen an, auf dem Rollfeld herumzuballern«, sagte McGuffin zur Begrüßung, als er es endlich geschafft hatte, sich auf den Sitz zu hangeln und den Sicherheitsgurt anzulegen.
    »Hallo Danny, willkommen daheim«, sagte Mr. Van, dem das abenteuerliche Startmanöver sichtlich Spaß gemacht hatte. Die Freude daran war ihm noch an den Mundwinkeln und den glänzenden Augen anzusehen.
    »Hallo, Mr. Van, danke für den schnellen Anschlussflug«, scherzte Daniel McGuffin.
    »Hallo Gloria, lange nicht gesehen.«
    »Glückwunsch, Danny, am Ende hast du es doch noch geschafft«, sagte Gloria.
    »Aber sicher«, sagte McGuffin, »es stand schließlich so einiges auf dem Spiel. Diese deutsche Polizistin hat auf mich geschossen, aber zum Glück nicht getroffen. Ich musste viel riskieren, schließlich wollten Sie ja Ihre Spezialisten losschicken. Ich musste die Karte einfach vorher haben. Das war mir von Anfang an klar, und letztendlich«, er klopfte mit den Handknöcheln mehrmals auf die Pappröhre, »bleibt ja alles in der Familie, und die Anteile an unserem Silberschatz teilen wir immer noch durch uns drei.«
    Die Piper schaukelte in einer Windböe, die Mr. Van ausglich, bevor das Flugzeug durchsacken konnte.
    »Also, auf in die Heimat«, sagte er und zog den Steuerknüppel weiter zu sich heran, sodass sie wieder freie Sicht auf den schwarzblauen Himmel über den dichten Regenwolken am Horizont hatten.
    »Auf nach Wavy Island«, sagte Gloria.

42
    Gegen sieben Uhr am Dienstagabend kam Hauptkommissarin Christine Keller in Digby an, dem letzten Ort mit einer Polizeistation vor der Cruden Bay. Nach den Anweisungen ihres Dezernats in Hamburg sollte sie hier Captain Frederic Ross und Sergeant Bill Grimsby treffen. Die beiden untersuchten den Mord an dem Mitarbeiter des Ozeanographischen Instituts in Quebec. Vor drei Wochen hatten sie den Toten am Strand der Cruden Bay aus dem Wasser gezogen.
    Christine Keller war müde. Sie fühlte sich ausgelaugt, als hätte sie alle ihre verfügbaren Energien verbraucht. Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren, wofür nicht allein die Zeitumstellung nach dem Langstreckenflug verantwortlich war. Sie hätte sich zwar direkt nach ihrer Ankunft in Halifax ein Zimmer nehmen können, aber auf die zweieinhalb Stunden Fahrt bis

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