Silberstern Sternentaenzers Sohn 03- Reise in die Vergangenheit
angelangt waren, atmete Annit erleichtert auf. Während sie Silbersterns Hufe sauber machte, sagte sie: „Ob er derjenige ist, der nachts an meinem Zimmer vorbeigeschlurft ist? Er hat ja lange zu den Zellenfenstern hochgeschaut."
Mannito zuckte mit den Achseln. „Aber wie soll er denn ins Kloster reingekommen sein? Hier ist doch nachts alles abgeschlossen!“
„Klar, trotzdem ...” Annit schwieg einen Moment. „Als ich den Mann da draußen herumschleichen sah, musste ich daran denken, dass sich in Warschau auch jemand nachts im Zirkus bei den Pferden rumgetrieben hat.“
„Ihr hattet mich ja damals im Verdacht, dass ich den Tieren was Schädliches gegeben hab“, meinte Mannito.
Annit lief rot an, obwohl sie eigentlich von Anfang an an Mannitos Unschuld geglaubt hatte. „Tut mir wirklich leid“, murmelte sie.
Mannito winkte lässig ab. „Ist schon okay. Wer hätte denn auch vermutet, dass der Tierarzt dahintersteckt!“ Er hob die Augenbrauen. „Und was, wenn wir diesen Typ, der da draußen eben unterwegs war, auch zu Unrecht verdächtigen? Vielleicht hat er ja gar nichts Böses vor, sondern braucht nur Hilfe.“
Annit und Mannito wussten von den Nonnen, dass öfter Leute zu ihnen kamen, die Hilfe oder einen Rat benötigten. Und die Nonnen halfen jedem, der in Not war.
„Ja, vielleicht“, erwiderte Annit nachdenklich. Doch sie hatte das Gefühl, dass sich mehr dahinter verbarg. Wäre der Mann wirklich nur gekommen, weil er Hilfe suchte, hätte er geläutet und sich nicht so seltsam verhalten. Es sah fast aus, als hätte er die Zellen ausspioniert, überlegte Annit und spürte, wie ihr bei dem Gedanken ein kalter Schauer über den Rücken lief.
Während des Frühstücks am nächsten Morgen blickte Annit immer wieder verstohlen zur Igoumeni. Vielleicht erzählt sie mir ja von sich aus, mit wem sie am Telefon über mich geredet hat, überlegte sie. Annit ging das Gespräch, das sie belauscht hatte, nicht mehr aus dem Kopf. Zu blöd, dass ich sie nicht von mir aus darauf ansprechen kann. Aber sie wär bestimmt ziemlich sauer, wenn sie erfährt, dass ich sie belauscht hab.
Doch Annits Wunsch erfüllte sich nicht. Nach dem Frühstück eilte die Äbtissin sofort in ihr Büro. „Sieht fast so aus, als ginge sie mir aus dem Weg“, sagte Annit zu Mannito, während sie halfen, den Tisch abzuräumen.
Mannito stapelte ein paar Teller aufeinander. „Ach, das bildest du dir nur ein“, erwiderte er achselzuckend. „Sie ist im Moment ziemlich mit der Ikonenausstellung beschäftigt. Wahrscheinlich hat sie deshalb keine Zeit für dich. Die Igoumeni kümmert sich ja sowohl um den Ausstellungskatalog als auch um die Einladungen, die verschickt werden müssen.“
Annit nickte nur. Hoffentlich findet sie trotz all der Arbeit noch ein bisschen Zeit dafür, nach meiner Mutter zu suchen, hoffte sie im Stillen. Sie ist die Einzige, die mir wirklich helfen kann, sie zu finden.
Nachdem sie noch beim Abwasch in der Küche mitgeholfen hatten, führte Mariana Annit und Mannito in den Holzschuppen. Gleich daneben befand sich eine kleine Werkstatt. Annit und Mannito wollten hier die Stellwände bauen, an denen die kostbaren Ikonen aufgehängt werden sollten.
„Und ihr seid sicher, dass ihr keine Hilfe braucht?“, vergewisserte sich die junge Nonne.
Mannito grinste. „Das kriegen wir schon hin“, winkte er lässig ab.
Den ganzen Vormittag waren Annit und Mannito damit beschäftigt, Holzbretter zurechtzuschneiden, zu hobeln und zu verleimen. Am Nachmittag schraubten sie schließlich an die Seite der Platten lange Latten und unten dran noch ein kleines Brett quer, damit die Stellwände auch sicher standen und nicht wackelten.
Damit waren sie zwei Tage beschäftigt. Am dritten Tag strichen sie dann die Stellwände weiß an, damit sich die farbigen Ikonen besser von dem Holz abheben konnten.
„Wenn die Farbe trocken ist, schrauben wir noch die Haken rein, an denen die Ikonen aufgehängt werden“, erklärte Mannito und betrachtete stolz die fertigen Stellwände.
Zufrieden setzten sie sich nach getaner Arbeit unter einen der Olivenbäume. Nicht weit von ihnen entfernt grasten Silberstern und Ranja friedlich auf der großen Wiese.
Annit deutete auf die Zeitung, die neben ihr im Gras lag. Mariana hatte sie ihr gegeben, weil nun der Artikel über die Ausstellung erschienen war. „Ich hoffe nur, dass viele Leute kommen. Und dass sie ordentlich
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