Silberstern Sternentaenzers Sohn 03- Reise in die Vergangenheit
als Vorlage für zahlreiche Vampirgeschichten dient, sah auch ziemlich finster aus, mit seiner langen Adlernase und den schwarzen, buschigen Augenbrauen“, fügte Mannito eifrig hinzu. „Und er hat mit ziemlicher Härte und Grausamkeit regiert. Er ließ Menschen ohne Gnade töten und soll sogar ihr Blut getrunken haben.“
Viorel Preda verlangsamte das Tempo auf der gewundenen Straße etwas. „Die Zeiten sind ja nun glücklicherweise vorbei“, meinte er schmunzelnd. „Also können wir drei heute Nacht in Ruhe schlafen und müssen uns nicht vor irgendwelchen Vampiren fürchten.“
Wir fünf, verbesserte Annit in Gedanken, weil sie an Mannitos Stute Ranja und vor allem an Silberstern hinten im Anhänger dachte. Annit konnte sich nicht vorstellen, jemals wieder ohne ihren geliebten Silberstern zu sein. Genau wie sein Vater, der weiße Hengst Sternentänzer, war Silberstern in einer stürmischen Vollmondnacht auf die Welt gekommen - und genau wie sein Vater war auch er ein magisches Pferd.
Annit hatte manchmal fast das Gefühl, als ob der schwarze Araberhengst mit dem weißen Keilstern auf der Stirn ein Teil ihrer Seele wäre. Sie fühlte sich so mit ihm verbunden wie mit keinem anderen Wesen. Silberstern war ihr bester Freund, ihm konnte sie alles erzählen, was sie bewegte.
Bis vor ein paar Monaten hatte Silberstern noch Rocco gehört. Doch als Annit sich dann entschied, aus dem Zirkus und von Warschau wegzugehen, hatte Rocco ihr das Pferd überlassen. Seine Mutter Ami, eine weise alte Frau und Heilerin, hatte ihm bereits lange zuvor erklärt, dass Annit und Silberstern zusammengehörten - und da konnte Rocco einfach nicht widersprechen. Für Annit war das der schönste Tag ihres Lebens gewesen, als Rocco ihr Silberstern verkauft hatte.
Mein Silbersternchen, dachte Annit glücklich. Bestimmt ist er genauso gespannt auf Griechenland wie ich. Plötzlich runzelte sie die Stirn. Sie strich sich eine Strähne ihrer langen schwarzen Haare aus dem Gesicht. „Wie lange dauert es denn, bis wir in Pirkidika sind?", fragte sie dann und schaute Viorel Preda mit großen Augen an.
Viorel Preda schaltete zurück in den zweiten Gang, weil vor ihm ein Traktor aufgetaucht war, der fast im Schneckentempo über die Straße schlich. „Wenn es so weitergeht wie jetzt, sind wir frühestens in zwei Wochen da“, erklärte er und grinste.
„Was? So spät erst?“ Annit schnappte entgeistert nach Luft. „Ich dachte, das ginge schneller!“
Viorel Preda lachte. „Keine Sorge. Das war eben nur ein Witz. Ich tue mein Bestes, damit wir unser Ziel so schnell wie möglich erreichen. Wahrscheinlich sind wir in zwei Tagen da. „Er überholte den Traktor, schaltete wieder hoch in den vierten Gang und brauste weiter.
Gegen Mittag passierten sie das hübsche Städtchen Sinaia, das in den Südkarpaten lag. Annit bestaunte das riesige Kloster, das mit seinen gewaltigen Mauern wie eine Festung wirkte. „Sehen die Klöster in Griechenland genauso aus?“, platzte sie heraus. Sie musste wieder an ihre leiblichen Eltern denken, die ja vielleicht auch in einem Kloster in der Nähe von Pirkidika lebten.
„Noch viel schöner“, antwortete Viorel Preda und richtete seinen Blick für einen kurzen Moment auf Annit. „Ich will ja nicht neugierig sein - aber was gibt es denn dort so Wichtiges? Du scheinst es ja kaum noch abwarten zu können, endlich dorthin zu kommen.“
Annit merkte, dass sie errötete. Verlegen schaute sie auf ihre Hände. Sie wollte den Mann nicht anlügen, aber die Wahrheit konnte sie ihm auch nicht sagen. Es tat einfach zu weh, dass sie nicht wusste, wer ihre richtigen Eltern waren.
Den wahren Grund für ihre Reise nach Griechenland kannten nur Mannito und Carolin, ihre Freundin aus Lilienthal, der sie vor Kurzem in einer langen Mail ausführlich davon berichtet hatte. Und natürlich Silberstern. Der Hengst war der Erste überhaupt gewesen, dem Annit ihr Geheimnis anvertraut hatte. Und ihm hatte sie auch erzählt, wie traurig und verletzt sie war, weil sie jahrelang mit einer Lüge hatte leben müssen.
„Annit will dort Verwandte besuchen“, erklärte Mannito rasch. Denn er hatte gemerkt, wie unwohl Annit sich fühlte. „Und ich begleite sie natürlich, sozusagen als ihr persönlicher Leibwächter“, fügte er grinsend hinzu. Er zwinkerte Annit zu und rückte seine Baseballkappe zurecht, die wie immer verkehrt herum auf seinem Kopf saß.
Annit warf
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