Sind Sie hochsensibel?

erreicht man damit nur, dass der Körper langfristig aus dem Gleichgewicht gerät. Darüber hinaus besteht, bedingt durch den archetypischen Mythos vom Künstler, die Ansicht, dass jegliche psychologische Hilfe Kreativität zerstöre, weil der Künstler dadurch zu
normal
würde.
    Gerade ein hochsensibler Künstler sollte jedoch gründlich über diesen Mythos, der ihn umgibt, nachdenken. Emotional aufgewühlte Kunstschaffende gehören immer noch zu den romantischsten Vorstellungen unserer Gesellschaft, während etwa die Figuren des Heiligen, des Gesetzlosen oder des Forschers heutzutage im Schwinden begriffen sind. Ich erinnere mich an eine Lehrkraft im Fach „Kreatives Schreiben“, die eines Tages die Namen von fast allen berühmten Autoren an die Tafel schrieb und uns fragte, was die Personen gemeinsam hätten. Die Antwort lautete: einen Selbstmordversuch. Ich bin mir nicht sicher, ob die Klasse dies als Tragödie betrachtete oder eher als romantischen Nebenaspekt ihrer Berufswahl. Als Psychologin und gerade als Autorin erkannte ich aber den tödlichen Ernst der Lage. Wie oft ist es schon geschehen, dass eine künstlerische Arbeit in ihrem Wert stieg, nachdem der Künstler für verrückt erklärt worden war oder Selbstmord begangen hatte. Während die Vorstellung von einem Leben als künstlerisch begabter und abenteuerlustiger Held besonders junge HSM anspricht, kann es auch eine Falle sein, die unbewusst von jenen gelegt wird, die ein mondänes Leben führen und dem Künstler in sich keine Zeit schenken. Anihrer statt wollen sie jemand anderen zum Künstler machen und projizieren auf ihn die Verrücktheit, die sie selbst unterdrücken. Manch sensiblem Künstler könnte aber eine Menge Leid erspart werden, wenn man verstünde, wie nervenaufreibend das Wechselspiel zwischen der ruhigen kreativen Zurückgezogenheit einerseits und der turbulenten Öffentlichkeit andererseits sein kann. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass dieses Verständnis erst dann einsetzen wird, wenn das Bild des instabilen Künstlers und unsere romantische Sehnsucht nach ihm in der Gesellschaft endlich ein Nachdenken auslöst.
    Das Bedürfnis, anderen zu helfen
    HSM scheinen ein enormes Gespür für das Leid anderer zu besitzen. Ihre Intuition vermittelt ihnen oft ein genaues Bild von dem, was getan werden muss. Aus diesem Grund wählen viele HSM einen Beruf, der im Dienst für andere steht. Infolge dessen leiden Sie allerdings oft unter einem Burnout-Syndrom.
    Um anderen zu helfen, müssen Sie aber nicht zwangsweise in einem Beruf arbeiten, der Sie
ausbrennt.
Viele HSM bestehen allerdings darauf, an der so genannten Front zu arbeiten, an der sie natürlich ein Höchstmaß an Stimulation erfahren. Sie würden sich schuldig fühlen, wenn sie im Hintergrund blieben und die Arbeit, die ihnen so beschwerlich erscheint, anderen überließen. Ich glaube aber, dass Sie mittlerweile einsehen müssen, dass es tatsächlich Menschen gibt, die für die Arbeit an der Front wie geschaffen sind und sich dort auch liebend gerne aufhalten. Warum sollten wir sie daran hindern, sich ihren Bedürfnissen entsprechend zu betätigen? Auch hinter der Front werden Leute gebraucht, die zum Beispiel den Überblick über das Schlachtfeld behalten und so neue Strategien entwickeln können.
    Anders ausgedrückt, gibt es Leute, die gerne kochen und andere, die lieber abwaschen. Jahrelang war es mir nicht möglich andere den Abwasch machen zu lassen, nachdem ich mich bei der Zubereitung des Essens ausgelassen hatte – Kochen ist einemeiner Lieblingsbeschäftigungen. Doch dann hörte ich endlich jemanden, der wahrhaftig und ehrlich behauptete, gerne abzuwaschen, während er es verabscheute zu kochen.
    In einem Sommer fuhr ich auf der
Rainbow Warrior
von Greenpeace mit und hörte mir einige abenteuerliche Geschichten der Mannschaft an – wie sie einmal direkt vor dem Bug eines riesigen Walfangschiffes ins Wasser gelassen und tagelang dem Anblick von Torpedos und Maschinengewehren ausgesetzt worden waren. Unter solchen Umständen wäre ich bei all meiner Liebe zu Walen eher hinderlich und keine Hilfe gewesen. Ich wusste aber, dass ich die Anstrengungen der Umweltschützer auf andere Weise unterstützen konnte.
    Kurzum, Sie müssen keine Arbeit annehmen, die für Sie exzessiven Stress und nervliche Übererregung