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Sirenenfluch

Sirenenfluch

Titel: Sirenenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Papademetriou
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Einen Adoptivsohn. Den Jungen, dem Asia das Leben gerettet hatte.
    Dieser Junge, der ihre Sprache verstehen konnte. Jeden Tag wurde er mehr wie ich, hatte Asia gesagt.
    Will machte auf dem Absatz kehrt und eilte zurück ins Krankenhaus.
    »Hey!«, rief Angus ihm hinterher. »Hey, Will!«
    Will beachtete ihn nicht. Er musste dringend mit Kirk reden.
    Als er zurück in das Zimmer gerannt kam, half Adelaide Kirk gerade aus dem Bett. Etwas auf dem Nachttisch erregte Wills Aufmerksamkeit und ihm stockte der Atem.
    »Woher hast du die?«
    Kirk sah zu der Flöte hinüber. »Ich … weiß es auch nicht.« Sein Gesicht war aschfahl geworden.
    »Du hast doch wohl nicht – warst du etwa in meinem Zimmer?«, schrie er ihn voller Panik an.
    »Hey, lass ihn in Ruhe!«, schaltete sich Adelaide ein.
    »Ich habe wirklich nicht die leiseste Ahnung, wo sie herkommen könnte«, beharrte Kirk und auf seinem Gesicht zeichnete sich große Verwirrung ab. »Ich … vielleicht …« Er fasste sich an die Stirn. »Wo … wohnst du in der Nähe der Bucht?«
    »Jetzt nimm sie dir einfach und verschwinde von hier«, schnauzte Adelaide Will an. »Wen interessiert schon deine bescheuerte Flöte, du Idiot!«
    »Aber du hast nicht darauf gespielt?«, fragte Will.
    Ein Apparat piepte, ansonsten herrschte Stille.
    »Bitte sag, dass du nicht darauf gespielt hast!«
    Kirk schüttelte verneinend den Kopf, sah jedoch aus, als wäre er selbst nicht allzu überzeugt.
    Oh Gott. Hatte Kirk etwa diese Höllenbestien aus den Tiefen des Meeres herbeigerufen?
    Und plötzlich drangen auch Kirks Worte wieder in sein Bewusstsein wie der Klang eines Nebelhorns aus der Ferne. Die Rachegöttin muss erwachen!
    Erwachen.
    Wills Blick huschte zur Uhr an der Wand. Es war weit nach Mitternacht. Zoe, dachte er. Wenn Zoe wieder schlafwandelte, während in der Bucht diese Bestien lauerten …
    Will drehte sich um und stieß mit Angus zusammen, der soeben zur Tür hereinkam. »Warte doch, Mann!«, rief Angus ihm hinterher. Will stolperte, fing sich aber gleich wieder.
    Dann rannte er los.

Kapitel 14
    Aus der Shelter Bay Gazette
    Yacht läuft in Bucht auf Grund, verursacht Umweltkatastrophe
     
    Eine Yacht des Modedesigners Newell Orlost, die Penelope, ist nahe der Bucht von Shelter Bay auf Grund gelaufen. Unglücklicherweise bekam dabei der Benzintank ein Leck, sodass eine große Menge Treibstoff in die Bucht austrat.
    Ein Katastrophenschutzteam soll bereits am morgigen Tag eintreffen.
    »Wann immer eine solche Menge giftiger Substanzen ins Meer gelangt, besteht größte Gefahr für die Umwelt«, so Martin Olvides, Professor für …
     
    Guernsey stand laut bellend am Gartentor, als Will auf seinem Motorrad angefahren kam. Als sie ihn erkannte, sprang sie aufgeregt am Zaun auf und ab.
    Will öffnete das Tor und wollte Guernsey gerade am Halsband packen, da entwischte sie ihm und schlüpfte zwischen seinen Beinen hindurch. Sie rannte mit einer solchen Geschwindigkeit in Richtung der Felder, als würden sich ihre dreizehn Jahre alten Beinchen noch einmal ihrer Jugend entsinnen. Sie durchquerte den Vorgarten, vorbei an den im Dunkeln kaum auszumachenden Blumen und an den schwarzen Schafen, die es sich im Heu ihres Unterstands bequem gemacht hatten. Die Hündin sprengte übers offene Feld davon.
    Will rannte ihr nach, immer zwischen den eng stehenden Maispflanzen hindurch, deren hochgewachsene Stängel ihm die Sicht versperrten. Die Blätter flüsterten raschelnd hinter ihm her und zerrten an seinen Armen, doch er rannte unbeirrt weiter. Er fühlte sich wie inmitten eines Labyrinths, aus dem es nur einen einzigen Ausweg gab – die Flucht nach vorn.
    Dann gab die Vegetation plötzlich den Blick auf die Bucht frei und ebenso unvermittelt befand sich unter seinen Füßen nicht länger erdiger Ackerboden, sondern schlickiger Sand. Er hielt abrupt an. Guernsey stand am Ufer der Bucht und bellte aufgeregt.
    Im Wasser stand Zoe.
    Ihr weißes Nachthemd bauschte sich, als sie immer tiefer in das ruhige, unbewegte Wasser ging. Es reichte ihr bereits bis zur Hüfte.
    Wie ein heller Edelstein stand der Mond am Himmel und tauchte die Bucht in sein fahles Licht. Ganz deutlich konnte Will die Köpfe – viele Köpfe! – ausmachen, die sich im Halbkreis um Zoe formiert hatten.
    Seine Knochen fühlten sich so hohl wie eine Flöte oder ein Gewehrlauf an. Er war ganz leicht, schwerelos, kraftlos. Diese Gesichter – so lieblich und sonderbar, mit Augen wie Sterne und Zähnen wie Dolche –

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