Skandal um Lady Amelie
wollen, weil sie ihn für den Gipfel der Eleganz gehalten hatte, und reichte ihn Lise, der Zofe ihrer Tante.
Die Brüder lüfteten ihre Hüte und verneigten sich. „Sie residieren derzeit in London, Madam?“, fragte Lord Elyot.
Seine dunkle Stimme faszinierte Amelie. „Nein, Mylord. Wir sind zum Einkaufen hier. Wir müssen auch bald aufbrechen, Sir, die Tage werden kürzer.“
„In der Tat. Halten Sie sich schon lange in Richmond auf? Wie konnte uns das entgehen, frage ich mich?“
Endlich erhellte ein Lächeln ihr Gesicht, während sie ironisch eine Braue hob. „Ich glaube, man kann uns leicht übersehen, selbst beim Kirchgang. Meine Nichte und ich gehen seit unserer Ankunft dort kaum in Gesellschaft. Ah, darf ich vorstellen? Miss Caterina Chester.“
Endlich war Caterinas Augenblick gekommen. Sie trat vor und machte, da nun die gesamte Aufmerksamkeit der Herren ihr gehörte, den hübschesten Knicks, den sie zustande brachte. Obwohl sie die Augen hätte schüchtern gesenkt halten sollen, gewann ihr natürlicher Drang, zu sehen, welche Wirkung sie erzielte, die Oberhand.
„Mylords“, hauchte sie, während sie mit einem hastigen Blick ihrer strahlenden goldbraunen Augen das Gesicht und das lockige dunkle Haar des jüngeren Herrn in sich aufnahm. Er blickte sie jedoch nur kurz an und wandte sich gleich wieder ihrer Tante zu. Caterina seufzte innerlich.
Lord Elyot allerdings hatte bemerkt, dass eine seiner Fragen umgangen worden war, und versuchte sein Glück nun bei der jungen Dame. „Sie leben nun dauerhaft in Richmond, Miss Chester?“
„Oh ja, Mylord. Wir sind erst seit fünf Wochen und zwei Tagen dort, und es gibt immer noch so viel Neues zu sehen.“ Und zu tun, setzte Caterina in Gedanken hinzu. Abermals lugte sie hoffnungsvoll zu Lord Seton hinüber, musste jedoch feststellen, dass er ihr reichlich mit Rüschen und Bändern verziertes Tageskleid, den betressten Spenzer, den blumengeschmückten Hut und die Spitzenhandschuhe spöttisch musterte; dabei hatte sie doch geglaubt, sie sei nach dem letzten Schrei gekleidet.
„Um alles zu sehen, was London zu bieten hat, benötigen Sie Jahre“, entgegnete Lord Elyot, „doch natürlich geht das Einkaufen vor. Mein Bruder und ich suchen hier ein Geschenk zum Geburtstag unserer Schwester, allerdings fehlen uns Zeit und die rechte Vorstellung, was das Richtige wäre. Ich frage mich, Mylady …“, er wandte sich wieder Amelie zu, „… ob Sie und Ihre Nichte uns helfen könnten. Ihr Geschmack …“, fuhr er mit einem Blick auf ihre Einkäufe fort, die sich auf dem Verkaufstisch häuften, „… ist offensichtlich exquisit. Was, glauben Sie wohl, könnte unserer Schwester gefallen?“
„Da ich sie nicht kenne, ist das schwierig. Ist sie verheiratet? Und wie … wie alt wird sie?“
Die beiden wechselten einen Blick, bis schließlich Lord Seton ein paar Zahlen vorbrachte. „Also, sie ist drei Jahre älter als ich, verheiratet, hat zwei Gören … äh, Kinder …“
„Und sie ist zwei … nein, drei Jahre jünger als ich“, fügte der Ältere hinzu. „Wenn das hilfreich ist?“
Amelie unterdrückte ein Auflachen, und Caterina musste erneut sehen, welch verheerende Wirkung dieses sanft verhaltene Gurren auf die Herren hatte.
„Ein wenig“, erklärte Amelie mit einem kleinen Zwinkern. „Kennen Sie ihr Sternzeichen?“
„Hm, Anfang September? Oder eher Mitte?“
„Nein, Ende September“, sagte Lord Seton entschieden.
„Ach, dürfen wir die Auswahl des Geschenks nicht einfach ganz Ihnen überlassen? Wären Sie so freundlich? Mr. Bowyer …“, er wandte sich an den Ladengehilfen, „… wird es uns nach Richmond senden und die Kosten meinem Konto zurechnen. Wir sind ein wenig in Eile.“
Mr. Bowyer lächelte breit und zustimmend und dienerte abermals eilfertig. „Mylords.“
Amelie willigte ein, wunderte sich aber gleichzeitig, warum die Herren überhaupt den Laden aufgesucht hatten, wenn sie in Zeitdruck waren. „Natürlich“, entgegnete sie, „Miss Chester und ich werden gewiss etwas Passendes finden.“
Lord Elyot verneigte sich und sagte förmlich „Sie sind zu freundlich, Mylady. Wir stehen in Ihrer Schuld. Wir werden uns hoffentlich in Richmond sehen.“
Etwas an seinen Augen, fand Amelie, deutete darauf hin, dass er ein Mann mit Erfahrung war, dass er wusste, wie man eine Frau anschaute, um ihr das Gefühl zu geben, die einzige Person im Raum zu sein. Auch zu Caterina hatte er sich so verhalten, und sie wusste, das Mädchen
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