Skiria: Am Berg der Drachen (German Edition)
befreit mich von dieser Qual. Ich habe hier keine Aufgabe mehr. Lockert die Erde mit eurer Zauberkraft und verpflanzt mich an eine andere Stelle!“
Anfangs nahm niemand Notiz von ihm, denn es gab wichtigere Dinge zu regeln, doch als sein Wimmern und Flehen kein Ende nahm, baute sich Hazaar von ihm auf.
„Wo willst du denn hin?“, wollte er mit gestrenger Miene wissen.
Der Schrat schöpfte Hoffnung.
„Versetzt mich an einen Ort, wo ich wieder als Wächter arbeiten kann. Könnt ihr das? Oh bitte, erhört mich!“
„Es ist ja gut.“
Hazaar überlegte einen Augenblick, bevor er sich erkundigte: „Kannst du den Berg vor Menschen bewachen?“
„Natürlich, Menschen kann ich abwehren.“
An diese Lösung hatte der Wurzelschrat noch nicht gedacht. Nun, da seine einstigen Herren tot waren, existierte wohl kein Anlass mehr, Drachen vom Eingang fernzuhalten. Wenn sich nun neue Aufgaben fanden, die von ihm verlangten, keine Menschen einzulassen, so sollte ihm dies auch recht sein, wenn er nur wieder einen Auftrag hatte, der ihm ein wenig Macht verlieh und seinem Dasein Sinn gab.
„Ich muss mit den anderen darüber sprechen“, teilte ihm Hazaar mit, bevor er sich von ihm abwandte.
„Ich würde euch ein treuer Diener sein, so wie ihr noch einen hattet!“, rief der Schrat ihm nach, doch Hazaar schien bereits mit anderen Überlegungen beschäftigt, als dass er die Beteuerung zur Kenntnis nahm.
Bevor Hazaar sich mit seinem Schüler auf den Weg zum Schloss begab, rief er Ramin, Skiria und die Männer vor dem Berg zusammen, um eine kleine Ansprache zu halten.
„Der Berg soll wieder den Drachen gehören!“, verkündete er und erhielt Beifall für diese Worte. Er wandte sich an Ramin.
„Die Drachen des Landes sollen zusammenkommen, um eine neue Königin oder einen König zu wählen. Das neue Oberhaupt soll künftig die Ausgabe des Drachenkrautes überwachen. Damit die Schwarzmagier den Berg nicht mehr besetzen, verpflichte ich den knolligen Gesellen am Eingang dazu, keinen Menschen, sondern nur noch Drachen einzulassen.“
Der Wurzelschrat ließ vor Freude seine vielen Arme in der Luft tanzen und stieß einen Freudenschrei aus, der bis weit über die nächstgelegenen Baumwipfel hinaus hallte.
Hazaar fuhr fort: „Ferner möchte ich, dass zur Sicherheit noch einige andere Drachen hier bleiben. Sie sollen die Rubine bewachen. Die hier Anwesenden sollen sich jedoch zur Entschädigung des Leids, das sie ertragen mussten, so viele Rubine, wie sie tragen können, mitnehmen. Denkt auch an die Familien der Verstorbenen! Skiria, Janus und Irian – auch ihr sollt nicht leer ausgehen. Nehmt, soviel ihr wollt, doch dann lasst den Berg ruhen. Sein einziger Zweck soll der Versorgung mit Drachenkraut für die Drachen dienen. Und nun lebt wohl! Auf uns warten andere Aufgaben, denn in unserem Lande befinden sich immer noch viele Schwarzmagier, die unentwegt ihre Zauberkraft missbrauchen, um Böses anzurichten. Doch wir werden auf unserer Reise manche Drachenhöhle passieren, sodass wir bereits einige Drachen über die Königswahl informieren können. Sie sollen sodann ausziehen, um anderen Drachen die Nachricht zu überbringen. Auf diese Weise werden alle davon erfahren und sich bald hier einfinden. Ramin, ich gebe nun alles Weitere in deine Hände. Du wirst die Wahl überwachen und alles andere in die Wege leiten.“
Ramin blickte beschämt zu Boden ob so viel Ehre.
„Ich werde alles zu eurer Zufriedenheit erledigen“, versprach er.
Der zukünftige Zauberschüler Gwendol konnte es kaum erwarten, mit seiner Ausbildung zu beginnen und sein neues Domizil im Schloss zu beziehen. Doch jetzt, da der Abschied bevorstand, kullerten Tränen an seinen Wangen hinab. Jeden einzelnen seiner Freunde drückte er herzhaft, während Hazaar eine distanziertere Art bevorzugte, Lebewohl zu sagen und alle Männer sowie Skiria und Ramin mit einem freundlichen Nicken bedachte. Dann verließen die beiden ihre Gefährten. Seite an Seite wanderten sie auf den Wald zu, Hazaar den Blick starr nach vorne gerichtet, während Gwendol sich immer wieder umdrehte und winkte, bis schließlich Stämme und Äste die Sicht auf seine Gefährten verdeckten.
Einige Tage später rieb sich Skiria ungläubig die Augen, als tatsächlich der erste von Ramins Artgenossen am Drachenberg eintraf. Bis dahin hatte sie daran gezweifelt, dass sich auch nur ein Drache einfinden würde. Doch die Kunde von der Versammlung schien sich rasch zu verbreiten, sodass
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