Snuff: Roman (German Edition)
-, komme ihr westirischer Akzent klasse zur Geltung und bringe sie es exakt auf den Punkt, wie heiß es beim Gruppensex im Zwischendeck kurz vor der größten Schiffskatastrophe der Menschheit hergegangen sein müsse.
»In Emergency Room «, sagt er, »in der Lesbenszene mit den zwei scharfen Laborassistentinnen, sieht man deutlich, dass Cassie Wright die einzige Darstellerin ist, die weiß, wie man richtig mit einem Speculum umgeht.«
Die Kritik, sagt Nummer 137, habe ihr Porträt von Mary Todd Lincoln in dem Bürgerkriegsdrama Ford’s Theatre Back Door Dog Pile mit Recht bejubelt. Später wiederveröffentlicht als Presidential Box . Nummer 137 erzählt uns, in der Szene, wo Cassie Wright gleichzeitig von John Wilkes Boothe und Abraham Lincoln penetriert werde, erwecke sie dank ihrer gründlichen Recherchen die amerikanische Geschichte wirklich zum Leben.
Er hält noch immer seinen Stoffhund im Arm, die schwarzen Knopfaugen an den goldenen Nippelring gedrückt, und sagt: »Was kosten die Pillen?«
»Zehn Dollar«, sagt die mit der Stoppuhr.
»Nein«, sagt 137. Er klemmt sich den Hund wieder unter den Arm und greift in seine hintere Hosentasche. Er zückt sein Portemonnaie, nimmt zwanzig, vierzig, hundert Dollar heraus und sagt: »Ich meine, was kostet die ganze Flasche?«
Die mit der Stoppuhr sagt: »Beug dich vor, damit ich dir deine Nummer auf den Arm schreiben kann.«
Und wieder zwinkert Nummer 137 mir zu, sein großes Augenlid wirkt durch den braunen Puder noch viel größer, und er sagt: »Du hast Rosen mitgebracht.« Er sagt: »Ist ja niedlich.«
3
Mr. 137
Du kennst diese Tage im Fitness-Studio, du machst Bankdrücken mit sechs Platten oder stemmst mit einer Hand eine Hantel, die so schwer ist wie du selbst, und eben noch bist du voller Saft und Kraft, fühlst dich beim Kabelrudern wie ein Weltmeister und willst gar nicht mehr aufhören – und dann bist du auf einmal völlig alle. Ausgepumpt. Jede Bewegung ist bloß noch anstrengend. Und statt weiter durchzupowern, zählst du bloß noch, schwitzend, keuchend. Zählst, ob du nicht bald fertig bist.
Das kommt nicht von Unterzuckerung. Das wüsste man ja. Der plötzliche Absturz kommt daher, dass der Schwachkopf vorne am Empfang die Musik ausgestellt hat. Vielleicht hast du nicht wirklich zugehört, aber wenn die Musik abbricht, ist das Training mit einem Schlag Schwerstarbeit.
Das ist das Verhängnis, das du spürst, dieses Absacken des Blutdrucks, wenn um drei Uhr morgens, wenn das ManRod oder das Eagle Feierabend machen, die Musik abbricht und du immer noch ungefickt und einsam und allein dastehst.
Das ist die große Enttäuschung, die du beim Drehen eines Films erlebst: Keine Musik im Hintergrund. Keine Stimmungsmusik. Am Ende des Korridors, in diesem Raum mit Cassie Wright, kriegst du nicht mal Pornojazz mit Wahwahgitarre. Nein, erst nach dem Schnitt, erst wenn alle Dialoge nachsynchronisiert wurden, wird zur Vereinheitlichung des Ganzen eine Musikspur hinzugefügt.
Und hab ich’s nicht gesagt? Mr. Toto mitzunehmen war eine saublöde Idee.
Aber eine ganze Flasche Viagra... damit könnte ich es vielleicht schaffen.
Drüben im Wartebereich spricht der leibhaftige echte Branch Bacardi mit Mr. 72, dem Jungen mit dem welken Rosenstrauß. Die zwei sehen aus wie Vorher-und-Nachher-Fotos desselben Schauspielers. Bacardi steht da in roten Satin-Boxershorts, und während er spricht, reibt er sich mit einer Hand in kleinen Kreisen die Brust. In der anderen Hand hält er einen blauen Wegwerfrasierer. Immer wenn die Hand zu massieren aufhört, bewegt sich die Hand mit dem Plastikrasierer an die betreffende Stelle und raspelt unsichtbare Stoppeln ab, säbelt da mit kurzen, schnellen Strichen herum, so wie man Unkraut im Garten hackt. Dabei spricht Branch Bacardi immer weiter, ohne ein einziges Mal hinzusehen, während er nach der nächsten kratzigen Stelle tastet und dann die Haut dort stramm zieht, um sie aus allen Winkeln mit dem Rasierer glatt zu schaben.
Mitten unter uns: Branch Bacardi, der Star aus The Da Vinci Load und To Drill a Mockingbird, The Postman Always Cums Twice und Chitty Chitty Gang Bang, dem ersten Pornomusical der Filmgeschichte.
Bacardi, Cord Cuervo, Beamer Bushmills – all diese Dinosaurier der Pornoindustrie tragen auch hier drinnen ihre Sonnenbrillen. Tätscheln und glätten ihr Haar. Diese Männer stammen noch aus der Generation der echten Theaterschauspieler; sie haben ihr Handwerk an der UCLA oder NYU gelernt,
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