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So still die Nacht

So still die Nacht

Titel: So still die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Lenox
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wurde lauter. Schatten kräuselten sich über ihnen und über die Oberfläche des Spiegels. Überall in dem engen Raum kreischten und schrien die Kriecher. Schritte erklangen. Matthews brüllte in offenkundiger Qual. Doch Mark konnte den Blick nicht von dem Spiegel abwenden. Das Licht faszinierte ihn.
    »Ich bin hier, Bruder.« Eine Frauenstimme.
    Die Dunkle Braut drückte seine Hand hinunter. Kontakt. Gleichzeitig schob sich eine fremde Hand dazwischen und presste sich gegen den Spiegel. Mit einem Aufschrei flog die Braut zurück und verschwand aus seinem Sichtfeld.
    Selene, seine Schwester, hatte den Platz der Dunklen Braut eingenommen. Mark sah ihr in die Augen, und für einen Moment fühlte er sich zurückversetzt in eine Zeit, da sie zehn Jahre alt gewesen waren und niemanden mehr hatten außer einander.
    Ihre Wimpern flatterten, ihre Augen rollten … dann konzentrierte sie sich wieder auf ihn. »Geh jetzt. Rette dein Mädchen.«
    Bevor er reagieren konnte, schob sie ihn zur Seite. Er taumelte rückwärts, während sie auf dem Boden zusammenbrach. Was hatte sie getan?
    Licht. Licht bewegte sich unter seiner Haut. Wärme. Erwachen. Er starrte auf seine Hände und wusste … fühlte, dass etwas anders war, dass der Verfall seines Geists und seiner Seele aufgehört hatte und umgekehrt worden war. Aber da war noch etwas anderes.
    Die Braut wirbelte herum, sprang auf ihn zu und erreichte ihn. Zornig, dass seine Schwester sich geopfert hatte, trat Mark dem Brotos mit aller Kraft vor die Brust . Die Dunkle Braut flog rückwärts und krachte gegen die Wand. Die Maske fiel herab. Er zuckte zusammen beim Anblick ihres deformierten Kopfes, ihrer fleckigen Haut und der leeren, dunklen Augenhöhlen. Sie brüllte, und Reihen gezackter gelber Zähne kamen zum Vorschein. Dann sprang sie auf, über Selene hinweg, und riss den Spiegel von seinem Ständer.
    »Halt!« Mark machte einen Satz, aber zu spät. Sie schleuderte das Auge in die Nacht hinaus. Die leuchtende Scheibe flog … flog … und senkte sich auf den Fluss hinab. Das Wasser der Themse loderte leuchtend auf wie ein Blitz, bevor das Auge in seinen Tiefen verschwand.
    »Mark!« Archers Stimme.
    Er drehte sich um. Durch das Fenster erhaschte Mark einen Blick auf den Ballon, bemannt von Leeson und Elena. Archer setzte gerade zum Sprung in den Glockenraum an.
    »Führe die Vollstreckung aus.« Der Schattenwächter warf ihm rasch hintereinander zwei lange, funkelnde Dolche zu. Mark fing sie an den Griffen auf. Hitze schoss durch seine Handflächen. Das Gefühl verwirrte ihn. Er fauchte und umfasste sie fester.
    Die Braut kam auf ihn zugeflogen, eine schwarze Wolke mit purpurnem Gesicht. Er rammte ihr die Klingen tief in die Brust. Sie schrie – ein klägliches Geheul. Archer stürzte vorwärts, ein Schwert in der Hand. Mark duckte sich. Der Kopf der Braut flog durch den Glockenturm, über einen großen Krieger mit dunklen Flügeln hinweg. Der in schwarzes Leder gekleidete Krieger riss sein Schwert aus Matthews‘ Brust und trat aus dem Kreis getöteter Kriecher. Der Rabenmeister. Mark wurde jetzt klar, wie Selene in den Glockenturm gekommen war.
    Die Braut stolperte einige Schritte, eine wandelnde, kopflose Leiche, und zerfiel in ein Häufchen schwarzen Sandes – vulkanischen Sandes, ein Zeichen für den Niedergang eines Brotos.
    Mark ließ die Klingen fallen und starrte seine Hände an. Schwielen überzogen seine Haut – seine sterbliche Haut. Seine Schwester hatte seine Transzendierung auf sich genommen und ihm seine Unsterblichkeit zurückgegeben. Und die Verbindung durch den Spiegel hatte ihn als Unsterblichen erkannt und in einen Sterblichen zurückverwandelt.
    »Mark!« Mina warf sich in seine Arme. Er zog sie an sich, hin- und hergerissen zwischen Euphorie und Trauer. Er hatte sich darauf vorbereitet, Lebewohl zu sagen.
    Der Rabenmeister hockte auf dem Boden, die dunklen Flügel weit ausgebreitet. Er hielt Selene in den Armen und schaute Mark mit grünen Augen kalt an.
    Mark zog Mina mit sich, und sie knieten sich neben sie.
    »Richte mich«, flüsterte Selene. »Vollstrecke mich ebenso.«
    »Warum hast du das getan, Selene?«, fragte Mark, überwältigt von seiner Trauer.
    »Geh, übe Rache.« Sie schob den Arm des Rabenmeisters von sich, der sie schließlich auf den Boden niederließ und zurückwich.
    Sie hob den Kopf und stieß mit knirschenden Zähnen hervor: »Weil die Braut mein Ziel war. Mein Auftrag. Ich musste diejenige sein, die das Opfer bringt.« Ihre

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