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So unerreichbar nah

So unerreichbar nah

Titel: So unerreichbar nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marleen Reichenberg
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heute früh, weil ich glatt verschlafen hatte, nur
eine Jeans und ein weißes T-Shirt übergestreift, das Haar zu einem
Pferdeschwanz zusammengebunden und das Minimalprogramm an Schminke aufgelegt zu
haben.
    Während er in
seiner gutsitzenden Jeans, dem weißen Hemd, Krawatte und lässigem Jackett
darüber locker für ein Männermagazin hätte modeln können. Der sinnliche Duft
seines Rasierwassers stieg mir in die Nase. Da musste Moschus drin sein, so wie
ich gerade überall zu sabbern anfing.
    Und dann umfing mich seine
amüsiert klingende Stimme:
    «Hallo Tessa.
Du hast genau den gleichen abwesenden Blick drauf wie damals, als ich dich an
deiner Wohnungstür zum ersten Mal gesehen habe! Zeig doch wenigstens ein
bisschen Freude darüber, dass du mich siehst. Sonst mache ich auf der Stelle
kehrt und fahre nach München  zurück!«
    Obwohl ich
das dringende Bedürfnis verspürte, ihm um den Hals zu fallen und ihn anflehen
wollte, mich nie mehr allein zu lassen, lächelte ich stattdessen spöttisch.
    »Immer diese
leeren Drohungen!«
    Da
ich hier gelernt hatte, mit meinen frechen Bemerkungen vorsichtig zu sein,
hielt ich gleich danach angespannt den Atem an. Vielleicht war auch er ernster
geworden? Und fühlte sich auf den Schlips getreten?
    Mit
einer Mischung aus Ironie und Zärtlichkeit sah er mir direkt in die Augen.
    »Ach Tessa. Deine
Schlagfertigkeit habe ich schrecklich vermisst!«
    »Nur meine
Schlagfertigkeit? Und deswegen bist du nach Hamburg gekommen? Wie hast du mich
eigentlich gefunden?«
    »Ich könnte
ja jetzt behaupten, es wäre meine Intuition gewesen, die mich zu dir geführt
hat. Aber das wäre zu dick aufgetragen. Ich sage nur ein Wort: Elsa!«
    Natürlich
Elsa! Was genau hatte sie ihm von mir erzählt, dass er mir in den hohen Norden
gefolgt war? Oder war er gar nicht wegen mir, sondern geschäftlich hier?
    Mittlerweile
erregten wir Aufsehen. Das Pflegepersonal huschte mit neugierigem Blicken um
uns, die wir mitten im Weg auf dem Gang standen, herum und aus den Augenwinkeln
sah ich, wie Clemens Brauer, der sich einige Meter weiter vorn mit der
Stationsleiterin unterhielt, verstohlene Blicke in unsere Richtung warf. Das
hier war kein geeigneter Ort, um ungestört alte Bekanntschaften aufzufrischen.
Schon gar nicht solche!
    Auch Lucas
spürte dies.
    »Tessa, wann
hast du Feierabend? Ich lade dich zum Essen ein, dann können wir ungestört
reden.«
    Ich zögerte keine einzige
Sekunde.
    »Ich gehe
jetzt. Es ist schon fünf. Aber ich möchte mich sehr gerne noch umziehen und
frisch machen, bevor wir essen. Sehen wir uns, sagen wir, in einer Stunde?«
    Er nickte mir zu.
    »Ich fahre
auch schnell ins Hotel. Ich wohne im Renaissance Hotel in der Innenstadt, da
gibt es ein gutes Restaurant, wo wir uns treffen können. Soll ich dich
abholen?«
    Abholen? Da
kämen wir vermutlich heute nicht mehr zum Essen, so wie er mich ansah.
    Aber ich wollte zuerst mit
ihm reden, wollte wissen, was in ihm vorging. Also erklärte ich ihm, in einer
Stunde im Hotelrestaurant zu sein.
    Ich flog die Strecke von
der Klinik zu Maries Wohnung förmlich und konnte es nicht fassen, dass Lucas
tatsächlich hier in Hamburg war. So wie es aussah, meinetwegen!
    In Windeseile duschte ich,
wusch mir das Haar und riss diverse ausgehtaugliche Outfits aus meinem Schrank.
Das kleine Schwarze, welches ich bei dem Essen mit Clemens getragen hatte,
blieb auf der Stange. Ich war da abergläubisch. Es könnte ja so etwas wie
negative Vibes ausstrahlen.
    Ich entschied
mich für ein knallrotes ärmelloses Etuikleid. Da ich in dieser kessen Aufmachung
keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen wollte und wusste, dass das Hotel
über eine Tiefgarage verfügte, benutzte ich meinen Wagen und verstärkte meine
aufgeregt-freudige Stimmung noch mit entsprechender Musik: What A Wonderful
World von Louis Armstrong.
     
     
    »Tessa, ich
war ein Riesen-Idiot! Als Elsa mich angerufen und um ein Treffen gebeten hat,
dachte ich zuerst, es ginge um Lisa. Aber sie hat mir, als ich dann zum Kaffee
bei ihr war, ohne Umschweife gesagt, dass du allein meinetwegen nach Hamburg
gegangen bist.»
    Das war jetzt
nicht ganz korrekt. Vor allem seinetwegen, aber auch wegen der ganzen
verzwickten Geschichte mit Lisas Schwangerschaft und den Komplikationen, die
sich aus meinem Bleiben ergeben hätten.
    »Mir ist nach
diesem Gespräch klar geworden, dass du an diesem Morgen nach dem Konzert
vermutlich einen Anruf von Lisa erhalten hast, in welchem sie dir von der

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