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Söhne der Erde 06 - Das Erbe des blauen Planeten

Söhne der Erde 06 - Das Erbe des blauen Planeten

Titel: Söhne der Erde 06 - Das Erbe des blauen Planeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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geben?« fragte einer der Tempeltal-Männer, ein hagerer, graubärtiger Bursche mit buschigen Brauen, der Scollon genannt wurde.
    »Wer sagt, daß es nichts Unsichtbares gibt?« entgegnete Charru. »Die Kraft, die die Marsianer Elektrizität nennen, ist unsichtbar. Strahlen sind unsichtbar, sogar der Wind ist es. Findest du, daß irgend etwas Unheimliches an diesen Dingen ist?«
    Der Bärtige schwieg.
    Charru sah, daß sich die meisten Gesichter deutlich entspannten. Er atmete auf und wandte sich Gillon von Tareth zu.
    »Sind die Wachen auf ihren Posten?«
    »Aye.«
    »Dann können wir hier oben in der Stadt bleiben. Beryl?«
    »Aye?«
    »Ich schaue mir nachher an, was ihr entdeckt habt. Sorg dafür, daß möglichst alles so weiterläuft wie vorher und daß die Priester nicht wieder versuchen, die Tempeltal-Leute durch ihr abergläubisches Gerede verrückt zu machen. Und dann komm mit Gerinth in den Turm da drüben. Bring Helder Kerr mit!«
    Der Turm erhob sich am Rand des Platzes: das höchste Gebäude der Stadt, von dessen Dach Charru das Banner hatte flattern sehen. Eine Halluzination, wiederholte er in Gedanken. Und doch nagte Zweifel in ihm. Es war einfach zu unwahrscheinlich, daß drei Menschen zur gleichen Zeit die gleiche Vision oder den gleichen Traum hatten.
    Beryl wandte sich schweigend ab. Er spürte, daß er noch nicht die ganze Wahrheit gehört hatte.
    Charru wartete, bis sich die allgemeine Aufmerksamkeit wieder anderen Dingen zuwandte: der Frage, ob die Marsianer weitere Suchtrupps schicken würden oder nicht, den Gesprächen über das Labyrinth, den hunderterlei Erfordernissen des Alltags, die in dieser fremden, bedrohten Ruinenstadt zu Problemen wuchsen. In der unmittelbaren Gefahr zählte nur das Überleben. Jetzt waren sie zur Ruhe gekommen und mußten sich um das Wie dieses Lebens kümmern. Die kleineren Kinder spielten unbeeindruckt im Schatten der Ruinen. Ein paar Frauen wuschen Kleider in einer der Folien-Decken aus dem Raumschiff, die sie zwischen Steinen befestigt hatten. Der behelfsmäßige Bottich war so gebaut, daß er in Sekundenschnelle spurlos wieder beseitigt werden konnte. Sie mußten jederzeit zur Flucht bereit sein, durften sich nicht einmal zwischen diesen Ruinen dauerhaft einrichten. Charru fuhr sich mit der Hand über die Stirn und fragte sich, ob das jemals wieder anders sein würde.
    Zusammen mit Katalin und Camelo ging er zu dem Turm hinüber und stieg die Wendeltreppe hinauf.
    Der kreisrunde Raum an der Spitze hatte Fenster nach allen Seiten und bot einen weiten Blick über die Wüste. Karstein und Gillon kamen wenig später nach, schließlich Beryl, Gerinth und Helder Kerr. Die Augen des Marsianers spiegelten unterdrückte Erregung. Man sah ihm an, daß er seine Tätigkeit in dem unterirdischen Labyrinth nur ungern unterbrochen hatte.
    Charru überließ es Camelo, zu erzählen, was geschehen war, denn er selbst hatte das Gefühl, daß er sich innerlich viel zu erbittert gegen die Tatsachen wehrte, um objektiv zu sein. Er konnte und wollte nicht akzeptieren, daß es vielleicht doch mehr gewesen war als ein Trugbild. Aber tief in ihm nagten dennoch Zweifel und Verwirrung. Er wußte einfach nicht mehr, was er glauben sollte.
    Camelos Stimme klang ruhig, sachlich und bestimmt. Er jedenfalls zweifelte nicht daran, daß er die Sonnenstadt gesehen hatte, wie sie früher gewesen war. Helder Kerr hörte zu, eine steile Falte auf der Stirn, und schließlich schüttelte er den Kopf.
    »Unsinn! Was Sie meinen, wäre eine Zeitreise - ein uralter Menschheitstraum. Aber so etwas gibt es nicht.«
    »Haben Sie nicht auch behauptet, es sei unmöglich, daß Filme von den Ureinwohnern der Erde existierten,« fragte Beryl langsam.
    »Das ist etwas anderes. Diese Filme können nachbestellt worden sein, auch wenn sie noch so perfekt wirken. Aber die alte Sonnenstadt? Die Landung eines Raumschiffs aus der Terra-Serie?« Er stockte und runzelte die Stirn. »Haben Sie vielleicht irgendwelche Proben genommen?«
    »Nein«, sagte Charru knapp.
    »Und die Strahlung ist erloschen, das habe ich ständig nachkontrolliert. Tut mir leid, ich kann auch keine Erklärung aus dem Ärmel schütteln. Sie müssen geträumt haben.«
    »Alle drei den gleichen Traum? Und Dayel? Der Junge ist völlig verwirrt.«
    »Das Gefasel von den Unsichtbaren, meinen Sie?« Kerr verzog abfällig die Lippen. »Eure sogenannten Priester sind alle ein bißchen überspannt. Und dieser Junge ist noch etwas überspannter als die

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