Söhne der Erde 08 - Sucher der Zukunft
Ayno.
Geschickt turnte er die Schräge hinauf: eine drahtige, wendige Gestalt, die kaum noch an den verängstigten Akolythen in der blauen Kutte erinnerte. Charru sah ihm nach. Sein flachsfarbenes Haar leuchtete im Licht der beiden Monde. Neben ihm huschte ein Schatten über die Felsen und...
Charru erstarrte.
Jäh begriff er, daß der dunkle Umriß nicht von fliegendem Staub herrühren konnte. Es war der Schatten von etwas, das durch die Luft flog. Charru riß den Kopf hoch, und im nächsten Moment hatte er das Gefühl, als gefriere das Blut in seinen Adern.
Ein paar Meter über dem Hang schwebte ein Monstrum, das einem Alptraum zu entstammen schien.
Schwarze Flughäute. Tückisch glimmende Augen, lange, spitze Kiefer voll mörderischer Zähne. Ein Untier, größer als ein Jet! Eine der fliegenden Echsen, von den Marsianern zu Versuchszwecken gezüchtet, die aus dem zerstörten Gehege im Krater ausgebrochen waren.
Das alles schoß Charru in der Sekunde durch den Kopf, die er brauchte, um das Schwert zu ziehen.
»Ayno!« schrie er warnend.
Hinter ihm stöhnte Jarlon auf, und Camelo sog scharf die Luft durch die Zähne. Er kannte diese Bestien aus schmerzhafter Erfahrung. In dem Krater hatte ihn eins der Untiere mit einem einzigen Schwingenschlag zu Boden geschmettert. Und es war Helder Kerr gewesen, der sich mit nackten Fäusten; zwischen den Bewußtlosen und die Bestie warf und sie durch bloßes Geschrei vertrieb, während alle anderen zu weit entfernt waren, um das Unheil abzuwenden.
Diesmal ließ sich die Flugechse nicht von den lärmenden Stimmen in die Flucht jagen.
Ayno war herumgewirbelt. Jetzt riß er mit einem Schrei das Kurzschwert aus der Scheide. Charru, Camelo und Jarlon rannten den Hang hinauf, die blankgezogenen Waffen in den Fäusten. Sie hatten keinen Grund gesehen, Lasergewehre mitzunehmen. Keiner von ihnen benutzte die heimtückischen Waffen der Marsianer gern. Aber jetzt wären sie froh gewesen, wenn sie eine davon gehabt hätten.
Ein rauhes, markerschütterndes Krächzen ließ die Luft zittern.
Die Bestie stieß herab, als wolle sie ihr Opfer mit den Spitzen der mörderischen Kiefer aufspießen. Ayno schrie nicht. Er wich zur Seite aus, führte dabei einen blitzschnellen Hieb. Aber er konnte nicht gleichzeitig auf das angreifende Tier und das geröllbesäte Gelände achten.
Sein Fuß verhakte sich.
Er stolperte, verlor das Gleichgewicht, ruderte mit den Armen. Rückwärts stürzte er zu Boden. Als er das Schwert hochreißen wollte, traf ihn eine der starken Schwingen an Arm und Schulter und schleuderte ihn halb herum.
Der Junge sackte zusammen.
Charru hatte die Kante des Plateaus erreicht. Vier, fünf Schritte noch. Die Flugechse hob sich mit ein paar schwerfälligen Schwingenschlägen höher in die Luft. Dann stieß sie jählings wieder herab, und Charru flankte mit einem verzweifelten Sprung über den letzten Felsbrocken.
Fast wäre er über Aynos Beine gestolpert.
In letzter Sekunde fing er sich und fuhr herum. Die Echse war über ihm, ein gigantischer schwarzer Schatten. Auf Armeslänge entfernt sah er den monströsen Kopf, die kleinen kreisrunden Augen. Weit klafften die Kiefer auseinander, und diesmal zerriß ihm das rauhe Krächzen fast die Trommelfelle.
Sein Schwert zuckte vor.
Eine Handbreite unter dem klaffenden Kiefer drang die Klinge in den Hals des Tieres. Blut spritzte, der lange, spitze Schädel flog hoch. Mit einem Kreischen, das die Nerven bloßlegte, versuchte die Bestie aufzuflattern. Wild schnappten die Zähne, die ledrigen Schwingen peitschten die Luft. Charru duckte sich, zerrte mit einem Ruck die Waffe aus der Wunde. Sekundenlang hatte er das Gefühl, als sei er ins Zentrum eines Wirbelsturms geschleudert worden. Mit verzweifelter Wut hieb er auf die Bestie ein, und wie durch einen roten Schleier sah er die schattenhaften Gestalten der anderen.
Jarlon, der sich einfach vorwärts warf und einen wuchtigen Schlag gegen die flatternde Schwinge führte.
Camelo dicht hinter ihm, geduckt und sprungbereit, mit schmalen, lodernden Augen. Er griff in der Sekunde an, in der die Schwinge Jarlon den Abhang hinunterzufegen drohte. Der Junge taumelte. Camelo durchbohrte die ledrige Flughaut der Echse und versuchte, die Sehnen zu durchtrennen, die die Schwinge bewegten. Charru hatte das Untier immer noch unmittelbar über sich. Noch einmal stieß er mit dem Schwert zu, doch diesmal schaffte er es nur, die schuppige Haut zu ritzen.
Kreischend und torkelnd hob sich die
Weitere Kostenlose Bücher