Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle
Landeplatz der »Urania« geflogen - hätten sie dann nicht noch etwas verhindern können? Wäre es nicht besser gewesen, sofort mit dem Beiboot loszufliegen, schon vor dem Start der ehemaligen Luna-Fähre? Wenn, hätte, wäre! Charru wußte, wie sinnlos alle diese Fragen waren. Aber das hinderte ihn nicht daran, sie sich zu stellen.
»Die Merkur-Siedler werden Coradi in der Luft zerreißen«, sagte Camelo irgendwann.
»Nein«, murmelte Charru.
»Weil du ihm dein Wort gegeben hast? Marks Leute wird das nicht interessieren.«
Charru zuckte die Achseln.
Sie wußten beide, daß Schwierigkeiten auf sie zukamen. Und sie wußten, daß es für diese Schwierigkeiten keine einfachen Lösungen gab wie vielleicht noch vor wenigen Wochen. Ihre Welt hatte sich verändert. Nichts würde je wieder so sein wie vorher, und es gab niemanden unter ihnen, der nicht eine ungewisse Furcht gefühlt hätte.
Die Flucht zum Merkur würde ein tiefer Einschnitt sein - vielleicht tiefer als die Flucht aus der Welt unter dem Mondstein.
Charru saß im Pilotensitz und starrte hinaus in die Schwärze des Alls. Er hatte schon mehr als einmal in der Kanzel eines Schiffs gesessen. Aber nie vorher war ihm so bewußt gewesen, daß das All dort draußen auch die Zukunft seines Volkes war, daß sie nicht für immer auf einer Insel leben konnten und daß er sich nicht dagegen verschließen durfte.
*
Die »Urania« ging auf dem großen Landefeld des Raumhafens Kadnos-Port nieder.
Niemand außer Conal Nord war zum Empfang gekommen. Kommandant Farringer, der sich von dem unvorhergesehenen, wenn auch nicht wissenschaftlichen Erfolg der Exkursion mehr versprochen hatte, verbarg seinen Ärger. Beim Start hatte es einen Festakt in Anwesenheit des Präsidenten und Generalgouverneurs Peyrac gegeben. Die Landung hätte nach Farringers Meinung Anlaß genug für einen Festakt in Anwesenheit des Präsidenten und Generalgouverneur Nord geboten. Der Kommandant der »Urania« konnte nicht wissen, daß Simon Jessardin bewußt Wert darauf legte, die Ankunft Lara Nords und ihres Kindes so geheim wie möglich zu halten.
Lara weigerte sich immer noch, etwas anderes zu tragen als ihre alte, vielfach geflickte Tunika.
Sie hatte sich während des ganzen Fluges ständig geweigert. Der einzige, der überhaupt mit ihr reden konnte, war David Jorden. Nicht, weil der junge Wissenschaftler vom Jupiter stammte, sondern weil er zumindest zu verstehen versuchte, was in der jungen Frau vorging.
Jetzt hatte Jorden die Kabine aufgeschlossen, in der sich Lara und das Kind während des ganzes Fluges aufgehalten hatten.
»Wollen Sie nicht doch etwas anderes anziehen?« fragte er.
»Können Sie mir einen vernünftigen Grund nennen, warum ich das tun sollte?« fragte Lara dagegen.
Jorden zuckte die Achseln. »Keinen vernünftigen Grund, wenn ich es mir recht überlege. Aber sehen Sie - Ihr Vater hat ziemlich viel für Sie getan. Und auch für Ihren - nun, Ihren Mann und all die anderen Barbaren. Es ist Ihnen doch nicht gleichgültig, was in Zukunft aus ihnen wird, oder?«
»Nein«, sagte Lara. »Das ist mir absolut nicht gleichgültig.«
»Und Ihr Vater ist der einzige, der etwas für diese Menschen tun kann. Also wäre es vielleicht besser, wenn Sie es nicht darauf anlegten, ihn zu kompromittieren.«
Lara schluckte.
Jorden hatte recht. Er lächelte ihr zu, als er sich zurückzog. Rasch wechselte sie ihre abenteuerliche Kluft gegen die Kleidung der Universität Kadnos und warf einen Blick in den Spiegel.
»Warum tun Sie das alles für mich?« fragte sie, als sie wenig später die Tür öffnete.
David Jorden hatte auf dem Gang gewartet. Er zuckte die Achseln.
»Ich habe ja nichts für Sie getan«, meinte er. »Nichts, das nicht selbstverständlich wäre. Ich würde gern mehr tun.«
»Und warum?«
»Vielleicht - weil ich etwas begreifen möchte. Oder schon begriffen habe - jedenfalls mehr als Kommandant Farringer und seine Leute. - Lara?«
»Ja?«
»Bitte - hören Sie auf, ständig gegen alles zu protestieren. Weigern Sie sich nicht, Ihren Platz an der Universität oder der Klinik einzunehmen! Sie erreichen nichts damit - höchstens, daß man Sie am Ende doch noch einsperrt oder unter Drogen setzt.«
»Und was kümmert Sie das?«
»Eine Menge. Ich werde ebenfalls an die Universität Indri gehen. Vielleicht könnten wir dort zusammenarbeiten.«
»Über die wissenschaftlichen Aspekte der Operation »Tödlicher Ring«?« fragte Lara bitter.
»Warum nicht? Schließlich
Weitere Kostenlose Bücher