Soforthilfe bei Stress und Burn-out

genutzt werden. Unabhängig von der Art und Schwere der vorangegangenen Belastung hat diese dazu geführt, dass er antriebsverarmt ist und seine Gedanken nicht mehr zielgerichtet steuern kann. Seine Gefühle sind sehr instabil, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme treten in ungewohntem
Ausmaß auf. Schlafstörungen führen in den meisten Fällen zu einer sich permanent noch steigernden Unruhe. Übelkeit und Magenschmerzen sind die häufigsten von ungewohnten und nicht somatisch bestimmbaren körperlichen Schmerzen, die den Zustand begleiten.
    Ich versuche mit meiner Definition zu trennen zwischen dem, was ich unter einem Burn-out verstehe, und dem, was ein Burn-out bewirkt. Ich halte es für sehr wichtig, Ursache und Wirkung nicht zu verwechseln. Damit ist nämlich schon ein erster Schritt für einen Ausweg, ein Beenden der sich leider oft dramatisch steigernden Situation getan.

Burn-out und seine Folgen
    In den eben beschriebenen Definitionen und Erklärungen finden wir ein Durcheinander von Begrifflichkeiten und Auswirkungen, zwischen Ursache und Wirkung. Diese Vermengung unterschiedlicher Phasen halte ich für symptomatisch bei der Behandlung des Problems, weil dadurch die Tatsache in den Hintergrund tritt, dass sich gewisse Phänomene beobachten lassen, die immer gleich ablaufen.
    Ein bedeutendes Phänomen ist die Verwirrung, die von einer solchen Person ausgeht. Es fällt ihr durch die Konzentrationsprobleme schwer, im Gespräch einen roten Faden zu behalten. Der Betroffene wirkt sprunghaft und leicht abgelenkt. Dies ist kein Persönlichkeitsmerkmal, sondern eine temporäre, aber wichtige Auswirkung des Burn-out-Zustandes.
    Eine weitere Auswirkung ist ein gewisses Entrücken von
der Realität. Die Verhältnismäßigkeit gewisser Verhaltenseigenschaften und auch Körperempfindungen ist oft reduziert. Dazu kommt der Verlust des Selbstwertes. Gerade bei selbstgesetzten oder angenommenen Aufgaben ist es besonders für erfolgsgewohnte Menschen schwer, mit dem als »Versagen« empfundenen Zustand zurechtzukommen.
    Arbeitssituationen können für große Spannungen und Unverständnis sorgen. Die oft genannten Ehe- und Familienprobleme sind dabei eine Folge von Burn-out und keine Ursache. Gleichwohl darf hier auch eine gute Nachricht vermeldet werden: Ich habe es öfter erlebt, dass Ehen trotz schwerstem Burn-out nicht gescheitert, sondern gewachsen und gereift sind. Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass nur dort, wo vorher schon Beziehungsprobleme ein Belastungspotenzial dargestellt hatten, der Burn-out-Zustand die Ehesituation sehr verändert oder sogar sprengt.
    Der schon beschriebene Zustand von Arbeitsunlust, Motivationsverlust, ja sogar von Ekelgefühlen ist aus meiner Sicht auch eine Auswirkung von Burn-out - quasi eine Schutzreaktion davor, jenes Verhalten, das inzwischen als ungut und als vernichtend wahrgenommen wurde, weiterzubetreiben. In der Regel leiden Menschen unter Burnout, für die Arbeit vorher ein sehr hoher Wert war. Dieses Grundgefühl ist jetzt nicht einfach wie weggefegt; aber die Arbeit kann nicht mehr als Bereicherung empfunden werden - wie übrigens alle Gefühle in diesem Zustand nicht mehr oder nur wie unter einem Schleier wahrgenommen werden können. Diese Empfindungsmelange ist dann die Ursache für ein grundsätzlich grüblerisches Verhalten, bei dem die große Sinnfrage aufgeworfen wird.
    Da man sich ohne Gefühlsempfindung immer leer
fühlt, wird in einer solchen Situation die Sinn- und Gefühlsfrage entscheidend wichtig. Gepaart mit einem einseitigen Blickwinkel auf das Vergangene - oft unter einem totalen Ausblenden aller positiven Erlebnisse - kann einem Menschen dann ganz entfallen, mit welch guten und befruchtenden Gefühlen die Arbeit vorher empfunden wurde.
    Dieses »Loslassen« in der Antriebslosigkeit ist eine recht gefährliche Situation. Coachs, die in solchen Fällen als unabhängige Instanz noch am ehesten Zugang zum Betroffenen haben, tun gut daran, unbedingt vor langfristigen Entscheidungen zu warnen. Es ist dringend nötig, Konsequenzen wie Kündigung, Trennung vom Ehepartner, Berufsneuwahl, Auswandern, Vermögen verschenken etc. als hilflose Fluchtversuche vor dem unerwünschten, als kaum aushaltbar empfundenen Zustand deutlich zu machen. Erst wenn die emotionale Regulationsfähigkeit wiederhergestellt ist, können manchmal sinnvolle