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Solar

Solar

Titel: Solar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian McEwan
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und der Inhalt seines Koffers nicht quer durch den Raum bis zur Tür verstreut wäre. Nichts zu machen. Er gehörte hierher, in diese Welt. Also würde er jetzt duschen. Doch er stand nicht auf. Er dachte an Melissa und Catriona, die auf der Interstate dem Son nenuntergang entgegenfuhren, ihm entgegen, und wie klug es von ihm gewesen war, Darlene nichts davon zu erzählen. Die hätte darauf bestanden, dass sie sich alle an einen Tisch setzten, um über die Zukunft zu reden. Er fragte sich, wo Tarpin abgestiegen sein mochte, rief sich dann aber zur Ordnung: Er sollte sich lieber auf morgen freuen - was ihn wiederum auf Hammer brachte. Und so kreisten seine Gedanken ermüdend um die bevorstehenden Komplikationen, und als dann plötzlich jemand krachend an die Tür klopfte oder trat, sprang er auf vor Schreck. Ein heftiges Stechen durchfuhr seine Brust. Wieder dröhnten zwei mächtige Schläge gegen die hohle Sperrholztür.
    »Ist ja gut«, schrie er. »Ich komme.«
    Er zog die Tür auf. Die trockene Hitze des warmen Abends quoll ins Zimmer. Hammer stand vor dem orangeroten Himmel, hinter ihm eine große Gestalt im Anzug.
    »Ich frage nicht mal«, sagte Hammer tonlos. »Wir kommen einfach rein.«
    Beard trat achselzuckend beiseite. Dann brauchte er sich auch nicht für das Chaos im Zimmer zu entschuldigen.
    Hammer war blass, seine Miene starr. »Mr Barnard, Mr Beard«, sagte er immer noch tonlos. Den sonst üblichen »Professor« ließ er weg.
    Beard gab dem Mann die Hand, zeigte auf das zerwühlte Bett, die einzige weitere Sitzgelegenheit, und ging zu seinem Sessel zurück. Barnard stellte seinen Aktenkoffer ab und fuhr - nicht ohne Grund - prüfend mit der Hand über das Laken, damit nur ja keine Körperflüssigkeiten mit seinem grauen Seidenanzug in Berührung kamen. Hammer setzte sich neben ihn, und so hockten die drei in dem Motelzimmer dicht beieinander wie Kinder, die an einem verregneten Nachmittag Streiche aushecken.
    Auf den ersten Blick machte Barnard - kantiges Kinn, schmale Lippen und dicker Brillenrand, mindestens einsneunzig groß und so kräftig gebaut, dass er schier aus seinem Hemd platzte - durch die Art, wie er das Köfferchen auf seinen Knien platzierte und die Füße aneinanderlegte, den Eindruck eines lammfrommen Burschen im Körper eines toughen Typen, wie ein zweiter Clark Kent, dem sein kantiger Körper unangenehm war. Toby neben ihm wirkte wie in Schockstarre. Seine rechte Hand zitterte, er schluckte unablässig, so hart, dass sein Adamsapfel dabei hörbar knackte. In einer solchen Situation hätte er Beard eigentlich in die Augen sehen und ihm verschwörerisch oder amüsiert zuzwinkern sollen. Anwälte! Stattdessen wich er dem Blick seines Kompagnons aus, starrte auf seine gefalteten Hände und sagte: »Michael, die Lage ist ernst.«
    Barnard nickte teilnahmsvoll in das Schweigen hinein und wartete, bevor er mit einer für seine Gestalt etwas zu hohen Stimme sagte: »Soll ich anfangen? Mr Beard, wie Sie wissen, vertritt meine Kanzlei einen britischen Klienten; es geht um verschiedene Patente, deren Inhaber Sie sind. Ich erspare Ihnen die juristischen Details. Unsere Absicht ist es, zu einer raschen und annehmbaren Einigung zu kommen. Als Erstes wünschen wir, dass Sie die für morgen angesetzte öffentliche Veranstaltung absagen, weil sie der Sache unseres Klienten abträglich ist.«
    Beards inneres Auge glitt wie eine Kamera auf Schienen durch die Wohnung am Dorset Square auf der Suche nach dem Stapel Papiere, in dem seine alten Arbeitsverträge be graben waren. Freundlich lächelnd antwortete er: »Und was für eine Sache soll das sein?«
    »Großer Gott«, sagte Hammer leise.
    »Im Jahr 2000 hat mein Klient höchstpersönlich ein Dokument von dreihundertsiebenundzwanzig Seiten fotokopiert, von dem wir wissen, dass es sich in Ihrem Besitz befindet. Es handelt sich um Notizen, die Mr Thomas Aldous vor seinem Tod angefertigt hat, zu einer Zeit, als er am Institut für Erneuerbare Energien in Reading, England, beschäftigt war. Angesehene Physiker, die besten ihres Fachs, darunter Professor Pollard von der Universität Newcastle, haben diese Kopie begutachtet und mit den von Ihnen angemeldeten Patenten verglichen. Ihre Gutachten, die Mr Hammer hier auszugsweise vorgelegt wurden, geben hinreichend Grund zu der Annahme, dass die von Ihnen angemeldeten Patente nicht auf einer Eigenleistung basieren, sondern auf der Arbeit von Mr Aldous. Diebstahl geistigen Eigentums in solchem Ausmaß ist ein

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