Soljanka (German Edition)
Rotweinrunde eignet, die
der Bauunternehmer gelegentlich bei sich veranstaltet. Keilmeier heißt der gute
Mann, du hast bestimmt schon den Firmennamen auf irgendwelchen
Baustellenschildern gesehen.«
Eva gähnte. »Klingt ja wahnsinnig interessant. Und was hast du dabei
zu suchen?«
»Tja, das ist die Frage. Jedenfalls soll ich nicht als Journalist
auftreten. Offenbar ist das Projekt nicht ganz unproblematisch und wird auch
ein gewisses öffentliches Echo hervorrufen. Ich soll laut Wanja ein paar Tipps
beisteuern, wie man das Vorhaben erfolgreich kommunikativ verkauft.«
Eva schwieg eine Weile. Als sie die Oberbilker Allee passiert
hatten, fragte sie: »Und wer wird noch da sein?«
»Ein Banker, der die Finanzierung sicherstellen soll, der Architekt,
irgendjemand aus der Stadtverwaltung, vielleicht sogar der OB selbst. Mehr weiß ich auch nicht.«
Eva erschauerte leicht und kuschelte sich noch enger an Stamm. »Als
ob mir nicht schon schlecht genug wäre«, murmelte sie.
Stamm legte den Arm um ihre Schultern. »Schaun mer mal, wie es sich
entwickelt. Im Zweifel genießen wir den Wein und die Häppchen und machen uns
flott vom Acker.«
»Da wird Wanja aber enttäuscht sein. Welche Rolle spielt er
eigentlich bei dem Projekt?«
Stamm lachte leise. »Er ist Lobbyist.«
»Aha. Und was bedeutet das auf gut Deutsch?«
»Das fragst du am besten ihn selbst. Aber nicht heute Abend.
Irgendwann bei nächster Gelegenheit, wenn wir mal unter uns sind. Ehrlich
gesagt würde mich das auch interessieren.«
Eva gähnte wieder. »Klingt alles reichlich geheimbündlerisch.
Trittst du überhaupt unter deinem richtigen Namen auf, oder muss ich dich
Mister X oder so nennen?«
»Du solltest ihnen vielleicht nicht auf die Nase binden, dass ich
beim Magazin arbeite. Das würde sie nervös machen. Wenn dich jemand fragt, sag
einfach, dass ich eine PR -Agentur in Köln habe.
Dann kommen allenfalls ein paar Witze, wie man als Düsseldorfer in Köln
arbeiten kann. Mit meinem Namen kann wahrscheinlich keiner was anfangen. Oder
wie viele Spiegel-Redakteure kennst du mit Namen?«
Sie hatten gerade die Grafenberger Allee passiert. Stamm
konzentrierte sich auf die Straße.
»Kurz vor dem Brehmplatz müssen wir rechts abbiegen«, sagte er dem
Taxifahrer. Der ging gleich vom Gas. Die Lindemannstraße verwandelte sich in
eine Allee. »Die nächste müsste es sein.«
An der folgenden Ampel bogen sie ab. In der Hebbelstraße setzte sich
der gepflegte Altbaubestand der Lindemannstraße zunächst fort. Dann ging der
Geschosswohnungsbau allmählich in eine Stadtvillengegend über. Nach zwei
Querstraßen begann die Friedrich-Springorum-Straße. Stamm nannte dem Taxifahrer
die Hausnummer. Er hielt schließlich vor einer protzigen klassizistischen
Villa, die etwas zurückgesetzt lag.
»Und ich dachte, die Baubranche steckt in der Krise«, sagte Eva,
nachdem sie ausgestiegen waren.
»Na und wenn!«, entgegnete Stamm. »Du glaubst doch nicht, dass sich
ein Baulöwe wie Keilmeier nehmen lässt, was er sich in besseren Zeiten ehrlich
verdient hat. Selbst wenn er kurz vor der Pleite stünde, an sein Häuschen und
seine alten Bordeaux käme kein Gläubiger dran.«
»Dann bin ich ja beruhigt«, sagte Eva und hakte sich bei Stamm ein.
Ein bulliger Mann um die fünfzig mit auffällig fleischigen Lippen
öffnete die Tür. Er trug die glatten braunen Haare etwas zu lang, das blaue
Smoking-Jackett spannte bei jeder Bewegung. An der rechten Hand, die er
zunächst Eva entgegenstreckte, funkelte ein goldener Ehering, der bei anderen
den halben Daumen bedeckt hätte.
»Willkommen in meiner bescheidenen Hütte«, begrüßte er Eva mit einem
breiten Lächeln. Seine Stimme klang überraschend jung. »Keilmeier.«
»Vossen«, stellte sich Eva vor, während sie ihm die Hand reichte.
»Sehr charmant«, erwiderte der Baulöwe. Dann streifte sein Blick
ihren Bauch, und er fügte hinzu: »Oh, und Sie bringen junges Leben in dieses
alte Gemäuer, das freut mich doppelt.« Dann wandte er sich Stamm zu. »Und Sie
müssen Herr Stamm sein. Der gute Wanja hat viel von Ihnen erzählt.«
»Hoffentlich nur Gutes«, sagte Stamm und schlug in die ausgestreckte
Rechte ein. Erleichtert nahm er zur Kenntnis, dass Keilmeier seine Kräfte gut
dosierte. Mit seiner Kugelstoßerpranke hätte ihm der Baulöwe ernsthafte
Quetschungen zufügen können, wenn er es darauf angelegt hätte.
»Natürlich nur Gutes. Hätte er Schlechtes erzählt – ehrlich gesagt,
ich kann mir nicht
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