Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommer in Lesmona

Sommer in Lesmona

Titel: Sommer in Lesmona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalene Marga; Pauli Berck
Vom Netzwerk:
zwei sehr
verschiedene Gesichter.
    Letzte Woche hatte ich noch drei
Balleinladungen: Hoffmanns, von Kapffs und Achelis’. Als Braut kann ich die
Bälle alle absagen. Aber zu den Braut-Diners muß ich noch hin. Rudi war ja
immer so kurz hier, daß es sich nicht alles in die Zeit hineinbringen ließ. So
war ich letzte Woche mit den Eltern bei Delius und bei Herrn und Frau Hachez.
Dieses letzte Diner war wirklich fürstlich. Das wunderbare Haus, der ganze Stil
und die vornehmen alten Hachez’ in diesem Rahmen. Die Tafel war ein Blumenmeer,
und vor meinem Tischplatz standen in einem Blumenkorb zwei Meißner Amoretten
als Geschenk für mich. Ich dachte heimlich in mich hinein: «So viel Glanz für
so viel Leiden.» Du schreibst in Deinem letzten Brief, es würde mir ganz sicher
noch gelingen, Rudis Herz zu besiegen. Es gibt Stunden, wo ich das auch denke.
Aber seine Briefe — diese Kühle — auch wenn er bei mir ist —
    Nun leb wohl, meine liebe liebe Bertha.
Gleich kommt Avy.
    In Liebe
    Deine Matti
     
     
    Bremen, 2 . Februar 1896
    Mein lieber Engel!
    Heute ist Rudis Geburtstag — ich habe
ihm die Ledersachen geschickt, die ich mit Dir in Hannover kaufte. —
    Du fragst, weshalb ich Dir nie mehr von
Prinz und Pieter erzählte und ob ich sie nicht mehr mit ausnähme. Natürlich
nehme ich sie immer mit, wenn ich ausgehe. Ich pfeife vor Eurem Küchenfenster
unsern Pfiff, und dann rennt sofort eines von den Mädchen hinauf und läßt Prinz
heraus. Oft sitzt er auch vor der Tür. Er ist entschieden melancholisch, seit
Du weg bist. Alle sind gut zu ihm, aber Du hast Dich doch intensiver mit ihm
beschäftigt. Ich bin ja auch mit den Hunden anders als früher, weil meine
Gedanken woanders sind. Heute früh ging ich mit ihnen zum großen Rasen, wo wir
damals unsere Hüte auf den Schirmen kreiseln ließen!! Da fiel mir alles wieder
ein, wie plötzlich Dein neuer Rosenhut herunterfiel und er sofort von Prinz in
rasendem Tempo auf den Rasen geschleppt wurde! Pieter raste hinterher, und dann
rissen sie so lange, bis von dem Plut nicht mehr viel übrigblieb, und es war
der so teuer erkaufte Hut! Weißt Du noch unsere Aufregung und das
Nachspiel? Das sind mm fünf Jahre her. — Dann fragst Du nach Anna und Susi. Ich
war letzte Woche mit Anna bei Susi zum Tee. Die Wohnung in der Neustadt ist
sehr hübsch und groß! Susi ist als Frau Hauptmann v. Poser genau so irrsinnig
komisch wie früher. Als ihr Mann hereinkam, sagte sie: «Marga, nenne ihn nur
gleich Männe, dann ist alles geregelt.» Dann sagte sie: «Zuerst kam ich mir
hier in der Neustadt ganz degradiert vor — wir kennen diese Gegend doch nur vom
Zirkus und von der Wahrsagerin.» Anna ist sehr glücklich — sie heiratet Anfang
Juni. Ich sehe sie auch oft, aber da sie nichts von Percy und von meinen
Leiden weiß, ist doch eine kleine Hemmung da. — Es liegt aber gewiß nicht an
ihr — sie ist reizend wie immer. Sie gibt mein Kranzbinden und wird meine erste
Brautjungfer, so wie ich letzten Jahre Deine war. Dann folgen noch drei Paare
hinterher. Ich sehe Dich ja noch vorher, und Du kannst dann noch alles hören,
was Du wissen willst.
    Grüße John und sei in Liebe geküßt
    von Deiner Matti
     
     
    Bremen, 5. Februar 1896
    Liebe einzige Bertha!
    Du schiltst mich aus, daß ich Dir
nichts von der Hochzeit erzähle, nachdem ich letztes Jahr bei Dir alles s0
hundertmal mit Dir durchgesprochen hätte. So will ich es heute tun, obwohl es
mir schwerfällt. Für das Kranzbinden bei Anna bekomme ich ein weißes
    Crepe-de-Chine-Kleid. Nein, bitte, quäle mich nicht mit den Kleidern. Ich kann sie Dir ja später zeigen. Papa hat
jetzt mit Rudi das Geschäftliche schriftlich geregelt. Es war bisher
Gottseidank noch nie von Geld die Rede gewesen! Rudi hatte Weihnachten nur
erzählt, daß sein Vater jedem seiner vier Kinder 100 000 Mark geschenkt hätte.
Rudi hatte vorher schon etwas von seinem Großvater, Senator A., geerbt, und er
verdient in Dresden 6000 Mark. Papa sagte nun: «Ihr habt dann ja von deinem
Mann 11 000 Mark im Jahr — ich gebe euch im ersten Jahr 6000 Mark zu und später
mehr. — Ich werde immer für meine einzige Tochter sorgen.» Es war mir alles so
schwer — ich bin innerlich mürbe, und so weinte ich. Papa wollte mir darüber
weghelfen, und er fragte so rührend: «Weinst du, weil es nicht genug ist?» Ich
sagte: «Geld ist mir vollständig gleichgültig, ich komme sicher auch mit viel
weniger aus — es ist wohl nur der Abschied.» Da sagte Papa: «Du mußt

Weitere Kostenlose Bücher