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Sommerhit: Roman (German Edition)

Sommerhit: Roman (German Edition)

Titel: Sommerhit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Liehr
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hinten in den Schwitzkasten und biss ihm tatsächlich in den Hals. Gerry schrie wie am Spieß. Henning stand daneben, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, wie jemand, der backstage auf seinen Auftritt wartet. Als er uns sah, machte er zwei Schritte auf die beiden Schläger zu, griff sie an den Oberarmen und riss sie mit einer kräftigen Bewegung auseinander. »Ihr Arschlöcher«, sagte er dabei recht leise, aber noch gut für uns hörbar. »Ihr wisst nie, wann es genug ist, oder?« Thomas blutete an der Stirn, Gerald war blau angelaufen.
     
    »Wie war das überhaupt möglich?«, fragte ich und wies auf das Transparent über der Bühne, als wir wieder im Saal saßen. »Ich meine, wessen Idee war das?«
    »Vermutlich Sabines, das ist die Rothaarige«, sagte Chrissie. »Sie ist überdosiert naiv. Vielleicht hat sie sich seit Jahren erfolgreich eingeredet, dass all das nicht wirklich passiert ist. Hat bei ›StayFriends‹ herumgeklickt und ist nostalgisch geworden.«
    »Es erklärt aber nicht, warum wirklich alle hier waren. Ausnahmslos.«
    »Das ist Gerry und Thomas zu verdanken«, sagte Tine. »Sie haben jeden Einzelnen angerufen und energisch vollgequatscht, haben sogar ein wenig gedroht, recht subtil. Bei dir nicht?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe abgesagt, als die Einladung von Sabine kam. Und mir jeden weiteren Kontakt verbeten. Sie schrieb dann zwar noch, dass sie sich trotzdem freuen würde, aber einen Anruf von Gerald oder Thomas gab es nicht.« Ich nahm einen Schluck Bier. »Vermutlich fühltensie sich immer noch sicher nach dieser Attacke gegen mich. Dachten, ich hätte weiterhin Angst vor ihnen.«
    Tine legte den Kopf in den Nacken.
    »Eigentlich sollten wir ihnen dankbar sein. Oder ist es immer so, dass Leute wie wir zum Schluss als diejenigen dastehen, die die Nase vorn haben?«
    »Wer sich zu früh als sicherer Gewinner fühlt, verliert das Rennen«, sagte Heiko. »Die dachten schon damals, sie seien der Nabel der Welt. Und als sich die Welt dann den Nabel aussuchte, haben sie in ihrer Arroganz vergessen, sich zu bewerben.«
    Martin verzog das Gesicht. »Ist das eine Opernweisheit?«
    Wir lachten wieder, genossen gemeinsam den Moment. Heiko erzählte davon, wie es war, als Deutscher in Italien an einer Oper zu arbeiten, Martin berichtete aus seiner Gemeinde, Tine steuerte Anekdoten aus der Welt der Schönen und nur gefühlt Schönen bei. Chrissie schwieg meist, starrte auf die blass-silberne Leinwand, und es war unschwer zu erraten, woran sie dachte.
    »Es ist gut«, sagte ich und legte ihr meine Hand auf die Schulter.
    Sie nickte. »Das ist es«, antwortete sie.
    Und dann kam Henning herein. Erst blieb er im Bereich der Tür stehen und musterte uns. Henning, der die Rasierklinge geführt hatte, ansonsten graue Eminenz im Triumvirat, aber sicher auch Impulsgeber. Er schob den Brustkorb vor, atmete bis zu uns hörbar durch und setzte sich schließlich an den Tisch, nahm eine Zigarette aus der Schachtel des DJs, zündete sie an, legte den Kopf in den Nacken und blies den Rauch zur Decke.
    »Jemand verletzt?«, fragte Martin.
    »Nicht ernsthaft«, antwortete Henning. »Leider.«
    Er sah mich an, direkt, fast herausfordernd, aber da war auch etwas Verletzliches in seinem Blick.
    »Es gibt keine Entschuldigung«, sagte er. »Wir haben all das bewusst und in voller Absicht getan.«
    »Die dunkle Seite der Macht«, murmelte Heiko.
    »Eine dunkle Seite der Macht existiert nicht«, gab Henning leise zurück. »Macht ist
immer
dunkel.«
    Wir sahen ihn nur an, mir kam es vor, als würde eine Stunde vergehen, aber vermutlich war es nur eine knappe Minute.
    »Ich kann dich nicht um Verzeihung bitten«, sagte er schließlich zu mir. »Das wäre zu simpel. Unangemessen. Also. Was kann ich tun?«
    »Einfach mal nichts«, antwortete ich leise. »Tu einfach mal nichts. Das reicht schon.« Ich lauschte in mich und dachte darüber nach, ob es irgendetwas gab, das Popeye hätte tun können, aber es gab tatsächlich nichts. Seine Geste war schmal, aber immerhin eine Geste. Ich würde jenen Tag niemals vergessen, und nichts, was Henning zu tun in der Lage war, würde daran etwas ändern.
    In diesem Augenblick wurde die Tür zum Saal aufgestoßen – Karen kam, meine Frau und beste Freundin stürmte auf mich zu; wir hatten uns seit fast einer Woche nicht gesehen. Ich umarmte sie und fühlte mich geschätzt viertausend Mal so wohl wie bei meinem ersten Auftritt vor Publikum, zog sie in Richtung Tür, in Richtung

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