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Sommerhit: Roman (German Edition)

Sommerhit: Roman (German Edition)

Titel: Sommerhit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Liehr
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Zeigefinger gegen mein Namensschild. »Falk Lutter. Nicht zu glauben.«
    Chrissies Augen glänzten. »Es war abscheulich, das abermals zu sehen. Aber nötig. Danke. Vorläufig. Ich muss noch darüber nachdenken. Vielleicht kommst du mal auf einen Tee in mein Haus, und wir reden darüber.«
    »Äußerst gerne.«
    Im Augenwinkel sah ich Thomas auf mich zukommen. Er hatte eine leicht geduckte Körperhaltung angenommen, musterte die Leute um mich herum abschätzig, vermied es aber, ihnen in die Augen zu sehen.
    »Du bist dünner geworden«, sagt er leise und versuchte, es wie eine Beleidigung klingen zu lassen.
    »Abnehmen ist leicht«, antwortete ich. »Aber so wie du bleibt man wohl für immer.«
    »Und?«, zischte er, seine wachsende Wut mühevoll im Zaum haltend. »Willst du uns jetzt verklagen?«
    Ich lachte, obwohl mir von diesem speziellen Auftritt noch ein wenig flatterig war. »Wozu? Schau dich an.«
    Er zwinkerte.
    »Außerdem ist all das längst verjährt«, ergänzte ich, wobei ich meine Narbe berührte. »Und du, Kollege, bist es definitiv auch.«
    Lutz Bährmann kam ebenfalls, die Hände in den Hosentaschen, fast schlendernd. Er blieb neben Thomas stehen und tippte ihm mit dem Zeigefinger gegen die Brust, eine Geste, die deutlich brutaler wirkte als alles, was der wütende, besoffene Gerry im Sinn gehabt hatte. Thomas starrte ihn an und öffnete den Mund, sagte aber nichts. Sein ehemaliger Lehrer nickte nur, wies ihn mit einer kleinen Kopfbewegung zurecht, endlich. Das hätte er schon vor Jahrzehnten tun sollen. Das Rattengesicht zog die Schultern hoch, drehte sich auf dem Absatz um und stapfte davon.
    »Sie hätten einiges verhindern können«, sagte ich.
    Bährmann legte den Kopf schief. »Hätte ich, ja. Ich wollte es nicht wahrhaben. Und Ihre … ehemaligen Mitschüler wussten sehr gut, wie man Druck aufbaut.«
    Tine trat dicht an ihn heran. »Scheiße«, sagte sie energisch. »Sie haben das erst möglich gemacht.«
    »Ich habe sie unterschätzt. Falsch eingeschätzt.« Er lächelte müde. »Es tut mir leid. Wirklich.«
    »Mir auch«, knarrte die kleine Frau. »Und es täte mir leid, jetzt laut werden zu müssen. Also. Wären Sie
bitte
so freundlich, sich umgehend zu verpissen?«
    Er öffnete den Mund, wie Thomas kurz vorher, und schloss ihn wieder. »Es tut mir leid«, wiederholte Lutz Bährmann – und ging.
    »Das war cool«, sagte jemand von links, der hagere Jüngling, der vorhin Klashnekoff gehört hatte. Dabei sah er mich an; er meinte den Auftritt.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte ich. »Das war alles Mögliche, aber ganz sicher nicht
cool

     
    Die Versammlung löste sich schnell auf, ehemalige Klassenkameraden und ihre Anhänge verdufteten, zogen sich auf die Zimmer zurück, traten möglicherweise überhastet die Abreise an – auf dem Weg zur Tür warfen mir einige von ihnen Blicke zu, die von Ehrfurcht über Entsetzen bis hin zu fundamentaler Erschütterung reichten. Nach fünf Minuten war der Saal fast leer, bis auf die kleine Gruppe aus Chrissie, Tine, Martin, Heiko und mir. Wir setzten uns an einen Tisch und schwiegen. Ich hoffte, dass es damit ein Ende hatte, dass die Dämonen besiegt waren, und ich fühlte mich leer, befriedigend leer und befreit. Chrissie tastete hin und wieder nach meiner Hand, ich drückte ihre dann. Die kleine Tine bat mich schließlich, dieses Lied noch einmal zu singen, den Sommerhit von 1983, The Shorts, Nummer sechs der deutschen Hitparade im Juli. Ich nahm meine Gitarre und spielte es am Tisch, den Refrain sangen wir gemeinsam, ohne fiese Betonung.
     
    Comment ça va
    Comme ci, comme ci, comme ci, comme ça
    Tu ne comprends rien à l’amour
    Restez la nuit, restez toujours
     
    Wir lachten befreit. Der DJ, der unverhofft früh Feierabend machen konnte, setzte sich zu uns, sah fragend in die Runde, griff nach einer leeren Bierflasche und zündete sich eine »f6« an.
    Plötzlich ertönte von draußen ein Schrei – jemand brüllte in einer Mischung aus Schmerz und Wut. Es krachte. Wir stürmten zur Tür. In der Lobby des Hotels lieferten sich Gerry und Thomas eine handfeste Schlägerei. Thomas lag am Boden, neben der Sitzgruppe, an der ich mittags gesessen hatte; der Tischlag auf der Seite, die Glasplatte war gesplittert. Gerry stand schräg über ihm und trat nach dessen Gesicht, aber er war zu besoffen, um wirkungsvolle Treffer zu landen, strauchelte, ging in die Knie. Sein Widersacher richtete sich auf, schubste Gerald um, nahm ihn dann von

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