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Sommerkuesse

Titel: Sommerkuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Ryan
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nickt. »Glauben Sie, dass Harvard im Moment was taugt?«
    O Gott – was ist das für ein eingebildeter Laffel! Ich kriege echt Magenschmerzen. Irgendwie ist es mir immer peinlich, wenn Leute so offensichtlich keine Ahnung haben, wie unsympathisch sie rüberkommen. »Solche speziellen Fragen«, sagt Ms Fraser, »beantworte ich nach dem Unterricht. Dazu ist die knappe Zeit im Kurs zu schade.«
    Gut gekontert! Ich lächle Ms Fraser an. Dann raune ich Anne zu: »Wie kann man so was nur fragen – der Typ hat doch einen an der Waffel, oder?«
    »Hat er auch«, flüstert sie zurück. »Ich kenne ihn. Leider ist er an meiner Schule. Ich bin mit ihm hergefahren.« Sie verzieht das Gesicht.
    »Herzliches Beileid.«
    »Sein Vater ist genau wie er, nur noch schlimmer. Schöner wäre es gewesen, wenn John – das ist mein Freund – mich hätte herfahren können, aber der musste arbeiten. Er hat einen Job als Rettungsschwimmer.«
    Ich sehe sofort einen muskelbepackten, gebräunten Typ mit Trillerpfeife um den Hals vor mir, der seine Baseballkappe verkehrt herum trägt und sich die Nase mit weißem Sunblocker angemalt hat.
    »Hast du ein Foto von ihm mit?«, frage ich, worauf mich Anne anstrahlt. Ich glaub, ich habe gerade megamäßig bei ihr gepunktet. Sie öffnet sofort ihre schicke graue Handtasche, nimmt ein dazu passendes graues Portmonee heraus und hält es mir aufgeklappt hin. Ich sehe ein Foto von ihr im
kleinen Schwarzen mit hochgesteckten Haaren, und daneben steht ein Junge im weißen Smoking mit schwarzem Kummerbund, den ich für ihren Bruder gehalten hätte, wenn ich nicht wüsste, dass es ihr Freund ist – John, der Rettungsschwimmer.
    »Das war letzten Herbst auf dem Schulball«, flüstert sie. »Ich vermisse ihn schon total.«
    Ich lächle und verkneife mir den Kommentar, dass ich Schulbälle für die größte Zeit- und Geldverschwendung halte, die ich mir vorstellen kann.
    Unmittelbar hinter mir räuspert sich Ms Fraser. »Noch Fragen?« Anne und ich laufen rot an und halten sofort den Mund.
    Als Nächstes verteilt Ms Fraser den Seminarplan und sagt, dass sie noch ein paar Exemplare der benötigten Bücher abgeben könnte, falls jemand sie zu Hause nicht rechtzeitig bestellen konnte oder »sie in einen Koffer gepackt hat, der versehentlich in Belize gelandet ist«.
    Wie es aussieht, müssen wir für den Kurs hauptsächlich Fachartikel lesen und anschließend besprechen. Gut – ich hatte schon Angst, dass wir richtig was ausgraben müssen. Ich bin manchmal so tollpatschig, dass ich womöglich in eine Grube fallen und ein unschätzbar wertvolles Fundstück demolieren würde. Ob man als Archäologiestudentin auch lernt, wie sich so was vermeiden lässt?
    »Mehr habe ich heute nicht für euch. Dann sehen wir uns morgen früh wieder und besprechen den ersten Artikel, den ihr bis dahin lesen solltet. Habt ihr noch irgendwelche allgemeinen Fragen?«
    Ich melde mich. »Ich weiß nicht, ob Sie diese Art von Fragen
gemeint haben – aber ich wüsste gern, was das Interessanteste war, das Sie je ausgegraben haben?«
    »Soll ich meine Geheimnisse wirklich so früh schon preisgeben?«, fragt Ms Fraser zurück.
    »Ach so, sind solche Fragen etwa erst ab er fünften Woche erlaubt?« So rede ich nur mit Lehrern, bei denen ich sicher bin, dass ich gut mit ihnen zurechtkomme. Irgendwie hat es mich beeindruckt, dass sie uns beim Schwätzen erwischt hat. Normalerweise nehmen mich Lehrer nur wahr, wenn ich mich melde. Und manchmal noch nicht mal dann.
    »Na ja, sagen wir mal, ab der vierten. Aber einen Teil des Geheimnisses kann ich euch jetzt schon verraten. Obwohl ich nicht in der Erde gegraben habe, bin ich dort auf ein paar faszinierende Fundstücke gestoßen. Bonuspunkt für denjenigen, der mir sagen kann, wie ich das angestellt habe. Ich nehme eure Vorschläge morgen entgegen.«
     
    Da Ms Fraser den Unterricht früher beendet hat, sollte ich mich wohl mit der Lektüre für morgen beschäftigen. Wollen würde ich was ganz anderes: nämlich Battle und Katrina suchen. Weil das aber so aussehen könnte, als wollte ich mich an ihre Rockzipfel hängen, beschließe ich, stattdessen Bratsche zu üben.
    Ich spiele nicht gerade supertoll. Aber so viele supertolle Bratschisten gibt es, glaube ich, sowieso nicht. Die meisten, die ich kenne, sind ehemalige Violinisten, die auf der Geige irgendwann nicht mehr weitergekommen sind. Außer mir kenne ich niemanden, der gleich mit Bratsche angefangen hat. Deshalb darf ich wahrscheinlich auch

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