Sommerlicht Bd. 4 Zwischen Schatten und Licht
Wünsche einfach noch auf!«
»Wünsche?«
»Sie können mich nicht zwingen, die Wünsche sofort zu äußern.« Sie straffte die Schultern und blickte ihn unbefangen an. »Ich habe einiges gelesen. Es gibt Menschen, die bestreiten, dass Ihresgleichen von freundlichem Wesen sind, das weiß ich wohl. Dennoch glaube ich keine Sekunde, dass Sie etwas anderes sein können als freundlich. Ich brauche Sie doch nur anzusehen!«
Devlin runzelte die Stirn. Er verschwendete keine Zeit mit Dummheiten; er tat nur das, was seine Königin verlangte. Abgesehen von jenen verstohlenen Momenten des Vergnügens in der Welt der Sterblichen . Die Königin kannte seine Schwächen, sah sogar darüber hinweg. Was kann es schaden, wenn ich hier eine Schwäche zeige? Sie war der Geist eines Menschenmädchens und stellte keine Gefahr für die Königin des Elfenreichs dar. Sie zu beschützen, verstößt nicht gegen die Ordnung. Er versuchte das Mädchen anzulächeln. »Katherine Rae O’Flaherty, wenn du in unserer Welt bleibst, sind Fee oder Elfe die Ausdrücke, die du verwenden solltest.«
»Das werde ich, denn ich bleibe tatsächlich.« Sie stand auf. »Ich habe Reverend Kirk gelesen. In der Bibliothek meines Onkels gibt es ziemlich viele Bücher über Ihr Volk. Ich kenne auch die Märchen von Mr Lang. Die süßen …«
»Bücher sind nicht dasselbe wie die Realität.« Devlin starrte sie an. »Meine Welt ist nicht immer gut zu Sterblichen.«
Ihr unschuldiger Blick war verschwunden. »In der sterblichen Welt ist es nicht anders.«
»Wohl wahr.« Er betrachtete sie mit einem angenehmen Anflug von Neugier.
Sie trat näher an ihn heran. »Wenn ich in meinen Körper zurückkehren würde, würde ich dann noch leben? Wie viel Zeit wäre vergangen, wenn ich dorthin zurückkehrte?«
»Die Zeit vergeht hier anders, und ich habe keine Ahnung, wie lange du schon auf Wanderschaft bist. Wenn du bleibst, kannst du ebenfalls sterben. Die Königin des Lichts duldet keine ungeladenen Gäste im Elfenreich.« Devlin probierte sein sanftestes Lächeln – dafür hatte er in seinem Leben noch nicht allzu viel Verwendung gehabt. »Wenn sie von deiner Anwesenheit erfährt …«
»Bekomme ich meine drei Wünsche erfüllt?«, unterbrach Katherine Rae ihn.
»Möglich.« Es war nicht üblich, Wünsche zu erfüllen, aber er stellte fest, dass er ihr gefallen wollte.
Sie reckte das Kinn. »Dann ist mein erster Wunsch der, dass Sie mich beschützen … Wie ist Ihr Name?«
Devlin verbeugte sich. »Ich bin Devlin, Bruder und Ratgeber der Königin des Lichts, Assassine und Ordnungshüter.«
»Oh.« Sie wankte, als würde sie erneut ohnmächtig.
»Und jetzt obendrein noch Beschützer von Katherine Rae O’Flaherty«, schob er rasch nach.
Noch nie hatte es jemanden gegeben, der wahrhaft ihm gehörte, noch nie hatte er eine Freundin oder Vertraute, Geliebte oder Partnerin gehabt. Er war sich nicht ganz sicher, ob er dergleichen haben durfte . Seine erste Pflicht galt der Königin, seinem Hof, dem Elfenreich an sich. Er war zum Dienen geschaffen, und es war ihm eine Ehre, dies zu tun.
Aber es war auch sehr einsam.
Er betrachtete Katherine Rae. Sie besaß keinen Körper, keine Macht, keine Verbündeten.
Was kann es schon schaden, wenn ich den Geist eines Mädchens aufnehme?
SPÄTES 20. JAHRHUNDERT
Als Devlin den Festsaal betrat, war der Raum – bis auf die Königin selbst – leer. In der Mitte rauschte ein Wasserfall, der zwischen den Steinsäulen und gewebten Wandteppichen fehl am Platz wirkte. Sein Sprühnebel bildete verschwommene Gestalten in der Luft, bevor das Wasser abfloss und in einer der weit entfernten Mauern verschwand. Die Königin des Lichts starrte auf das herabfallende Wasser, auf die Anzahl der Zukunftsszenarien, die sie dort sah. Die fein gewirkten Bilder dessen, was eintreten konnte , waren keine Gewissheiten, aber Sorcha sorgte für Ordnung, indem sie die unterschiedlichen Entwürfe begutachtete. Wenn innerhalb der Grenzen des Elfenreichs etwas durcheinandergeriet, ordnete sie es selbst neu, und wenn die Abweichung in der Welt der Sterblichen auftrat, entsandte sie Devlin, um sie zu korrigieren.
Er schritt auf das Podium zu, auf dem ihr Thron stand. Seit einer Ewigkeit diente er ihr als Vollstrecker. Gewalt war seine Bestimmung, doch er diente dem Hof der Ordnung.
Ohne ihren Blick vom Wasser abzuwenden, erhob sie sich und streckte eine Hand aus, wohl wissend, dass er da sein würde, wo sie hingriff.
Niemandem sonst bringt sie
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