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Sommernachtszauber (German Edition)

Sommernachtszauber (German Edition)

Titel: Sommernachtszauber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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ist, okay?«
    Aber warum denn nur?, wollte Caroline fragen, schwieg dann aber. Was hatte denn ein Tisch mit Wedekinds
Lulu
zu tun, außer dass
Lulu
es mal auf einem Tisch trieb? Sie hatte alles erwartet – sich auszuziehen, zu schreien, zu kreischen, sich die Haare zu raufen, einen Hut zu verführen, Bauchtanzen, jede Brust in eine andere Richtung kreisen zu lassen – was auch immer. Aber gewiss nicht, einen Tisch darstellen zu müssen … Dennoch wagte sie nicht, zu widersprechen. Das war an der Schauspielschule eine ihrer ersten Lektionen gewesen. Dem Regisseur zu widersprechen ist nie, nein: NIE eine gute Idee. Vor allem dann nicht, wenn man die Rolle noch nicht hatte.
    Der Regisseur bemerkte ihr Zögern, runzelte die Stirn, hob den Bleistift und dozierte: »Keine Rolle ist schwerer zu besetzen als die
Lulu
. Es geht um absolute Verführung und um absolute Unschuld. Wer das verinnerlichen will …«, seine Stimme verlor sich.
    Ja, ja, schon gut.
Caroline ging auf alle viere. Absolute Verführung und absolute Unschuld also. Wie ließ sich das in einem Tisch verinnerlichen? Sie schloss die Augen und sperrte die Welt da draußen, den Theaterraum und die Anwesenden aus. Nur so konnte sie sich in das einfühlen, was von ihr verlangt wurde. Sie wurde zur Hülle, in die neues Leben eingehaucht wird.
    Ihr seid ein Instrument!
, hatte sie in ihren ersten beiden Semestern an der Schauspielschule immer wieder gehört. Jetzt stand das erste Praktikum an. Der Regisseur machte sich eine Notiz an den Rand seiner zerknitterten und mit Eselsohren versehenen Blätter. Der Mann neben ihm, ein junger blasser Typ mit hellbraunem Haar, dichten Augenbrauen und weichem Dreitagebart warf einen Blick darauf. Er verzog keine Miene. Caroline brach der Schweiß aus. Wahrscheinlich hatte sein Boss irgendwas wie
zickig
oder
schwierig
geschrieben. Sie biss sich auf die Lippen. Als ob
Lulu
einfach gewesen wäre!
    »Wie lange muss ich noch eine Lampe sein?«, fragte das Mädchen hinter ihr. Caroline schielte, um sie besser sehen zu können. Sie hatte goldblonde Korkenzieherlocken und stand schon seit geraumer Zeit auf einem Bein. Die Arme hatte sie über dem Kopf zum Lampenschirm angewinkelt. »Meiner Agentur ist das hier sicher nicht recht. Der Typ da drüben ist schon ganz lange der Kleiderschrank. Wann kann ich denn mal der Kleiderschrank sein?«
    Der Kleiderschrank grunzte nur. Er stand mit ausgestreckten Armen und gespreizten Beinen da. Wie ein Hampelmann. Was machte
er
hier eigentlich? Oder war das Casting so schwierig, dass selbst Männer als
Lulu
infrage kamen? Ein irres Kichern sammelte sich in ihrem Bauch, aber sie riss sich gerade noch zusammen.
    Caroline konzentrierte sich ganz auf den Tisch, der sie war. Rücken gerade, Nacken steif, starr nach unten sehen. Arme und Beine im vollkommenen rechten Winkel. Dafür also studierte sie an der Schauspielschule? Was war in diesen Situationen am besten? In jedem Fall: die aufmüpfigen Gedanken ausschalten. Nur das konnte sie nicht.
    Der Regisseur wedelte mit seinem Bleistift in Richtung Blondine, die keine Lampe mehr sein wollte. »Später. Du musst noch ein bisschen jemand sein, der wie eine Lampe ist. Du musst die Lampe verinnerlichen. Begreifst du das? Und wackel nicht. Wenn du willst, kannst du das Bein wechseln. Ja, sei mal jemand, der das Bein wechselt.«
    Die Blondine verinnerlichte es und war nun jemand, der das Bein wechselte.
    Caroline hielt vollkommen still. So still, wie sie es in den Stepptanz-, Fecht- und Akrobatik-Kursen bisher eigentlich nie gelernt hatte. Wahrscheinlich verlangte dieser schwarze Rollkragenpullimensch gleich noch, dass man fürs Tischsein genau wie bei der Aufnahmeprüfung zur Schauspielschule vier Passfotos, 30 Euro Prüfungsgebühr und ein ärztliches Zeugnis abgibt, das die volle körperliche Leistungsfähigkeit bestätigte?
    Damals hatte sie zumindest noch ihre Gitarre dabeigehabt und dazu
Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen
gesungen – perfekt für ihr tiefe, rauchige Stimme. Sie wollte doch so gern an Wunder glauben! Selbst hier – denn der Werdegang vom Tisch zur Hauptrolle an der Volksbühne in Wedekinds
Lulu
im beinahe dritten Semester wäre tatsächlich ein Wunder … Aber nach dem ersten Jahr hieß es eben schon vorsprechen, vorsprechen, vorsprechen, und, ach ja, verdammt noch mal, vorsprechen. Alles
Erfahrungswerte
. Wie sie das Wort hasste.
    Carolines Knöchel schmerzten nun, sie hatte sich verkrampft. Der Regisseur zeigte mit seinem

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