Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommerprickeln

Sommerprickeln

Titel: Sommerprickeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Kay Andrews
Vom Netzwerk:
rief Annajane, und ihre Stimme hallte durch den leeren Raum. »Sie haben es entkernt!«
    »Guck dir den Blick auf den See an«, sagte Mason. »Cool, oder?«
    »Unglaublich«, stimmte sie zu. In dem Moment entdeckte sie ein großes altes Messingbett, das rechts in der Ecke neben dem Kamin stand und aussah, als sei es vor kurzem aufgearbeitet worden. Das Bett war mit weißem Leinen bezogen, am Fußende lag ein säuberlich gefalteter alter Quilt. Aus Holzbalken und zwei Sägeböcken war ein Tisch gezimmert worden, zwei orangefarbene Eimer waren umgedreht und dienten als Stühle. Auf dem Tisch stand ein Picknickkorb, in einer leeren Weinflasche steckte ein Kerzenstummel.
    »Mason, guck mal!«, rief Annajane und wies auf Bett und Tisch. »Die neuen Besitzer wohnen hier offenbar schon. Jetzt komme ich mir wirklich wie ein Eindringling vor. Wir müssen gehen, bevor sie zurückkommen.«
    Aber er hörte ihr nicht zu, sondern ging zum Tisch, griff zu einer Schachtel Streichhölzer und zündete die Kerze an.
    »Was?«
    Aber sie wusste es bereits. Vielleicht hatte sie es schon geahnt, als sie die Fensterreihe erblickt hatte.
    »Die neuen Besitzer stehen hier«, sagte Mason und überreichte ihr den Schlüssel, mit dem er die Haustür aufgeschlossen hatte. Er nahm Annajane bei der Hand und führte sie zu einem der umgedrehten Eimer. Dann holte er mehrere in Alufolie gewickelte Päckchen aus dem Picknickkorb und öffnete sie, damit sie sie begutachten konnte. Es waren nicht die Zutaten für ein romantisches Picknick; kein ausländischer Käse, kein frisches Obst, keine Pastete oder knuspriges französisches Brot. Das Essen, das Mason anbot, bestand aus Schinkensandwiches mit gelbem Senf und knackigen Gürkchen, zwei Tüten Kartoffelchips und Chocolate-Chip-Plätzchen.
    »Das weißt du noch«, staunte Annajane.
    »Unser erstes Picknick hier draußen«, sagte er. »Du hast damals das Essen mitgebracht, ich das Bier. Eine vorsätzliche Verführung von meiner Seite.«
    »Nur dass ich damals Haferflocken-Plätzchen mit Rosinen dabeihatte. Ich wusste noch nicht, dass du Rosinen hasst.«
    »Anfängerfehler. Hätte jedem passieren können«, erwiderte Mason großmütig.
    Er setzte sich ihr gegenüber auf den anderen Eimer und griff erneut in den Picknickkorb. Daraus holte er zwei gekühlte Flaschen Quixie, schraubte die Verschlüsse ab und reichte Annajane eine.
    Sie trank einen Schluck. Der Kirschgeschmack explodierte in ihrem Mund, die Kohlensäure kitzelte ihr in der Nase. Sie fand den Geschmack noch immer so aufregend wie beim ersten Mal vor fast dreißig Jahren auf Pokeys Geburtstagsfeier. Quixie schmeckte noch immer neu und verheißungsvoll. Mason betrachtete sie. Er hielt ihr seine Flasche entgegen, und sie stießen miteinander an.
    Annajane stand auf und begab sich hinüber zu den Fenstern. Die Sonne ging gerade unter, das ruhige Wasser des Sees spiegelte das letzte bernsteingelbe Glühen des Tages. Mason gesellte sich zu ihr, und sie lehnte den Kopf an seine Schulter. Durch die offenen Scheiben hörten sie das Surren der Zikaden und aus der Nähe den sanften Ruf eines Käuzchens.
    »Hast du das Cottage gekauft?«, fragte sie. »Und diese Arbeiten in Auftrag gegeben?«
    »Genaugenommen«, erwiderte er, »hat Sallie es uns geschenkt. Zur Hochzeit.«
    Überrascht sah Annajane ihn an. »Nie im Leben! Sie hasst mich. Nach all dem, was ich beim letzten Mal zu ihr gesagt habe …«
    »Ich war genauso überrascht wie du, als sie mir die Urkunde schickte«, gestand Mason. »Als ich sie anrief und danach fragte, meinte sie nur, sie hätte ihre Meinung in Bezug auf uns geändert. Und sie sagte was von einer Anzahlung auf Selbstachtung, das habe ich nicht verstanden, aber sie meinte, du wüsstest schon Bescheid.«
    Annajane erschauderte, und er legte den Arm um sie, weil er dachte, ihr sei kalt. Doch Annajane hatte an Sallie Bayless und ihr selbst gewähltes Exil gedacht. War das geschenkte Haus Sallies Art, ihre Schuld einzugestehen und um Vergebung zu bitten? Oder war es das ehrlich gemeinte Geschenk einer liebenden Mutter?
    »Ich wollte hier nicht zu viel machen, bevor ich dich herbringe«, erklärte Mason. »Hauptsächlich habe ich das Gestrüpp zurückgeschnitten, ein paar Bäume gepflanzt und die Wände rausgerissen. Ich wusste, dass du schon immer größere Fenster mit Blick auf den See haben wolltest, deshalb habe ich die einsetzen lassen. Und ich musste die Waschbären vertreiben, den Kamin neu einfassen lassen und das Mauerwerk

Weitere Kostenlose Bücher