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Sommerprickeln

Sommerprickeln

Titel: Sommerprickeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Kay Andrews
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1
    Annajane Hudgens saß in der Kirche Zum guten Hirten und überlegte, ob es einen perfekteren Tag zum Heiraten geben könne.
    Der Frühling hatte besonders früh Einzug gehalten in Passcoe, North Carolina. Obwohl es erst Anfang April war, waren Hartriegel und Azaleen bereits ausgeschlagen, und die Kirschbäume entlang dem Pfad zur Kirche ließen blassrosa Blüten auf die Teppiche aus blauen Veilchen und weißem Steinkraut rieseln.
    Es schien, als hätte die Braut, die ebenso perfekte Celia Wakefield, das herrliche Wetter irgendwie herbeigezaubert. Oder aber sie hatte bei Petrus blauen Himmel und farblich passende Frühlingsblüten in einem ihrer Schreiben bestellt, die berühmt-berüchtigt für ihre Liebe zum Detail waren. Wenn irgendjemand das konnte, dann Celia, dachte Annajane.
    Konnte es eine schönere Kulisse geben? Seit fast zweihundert Jahren ließen sich die Mitglieder der Bayless-Familie in der Kirche Zum guten Hirten trauen, wenn auch nicht in diesem großen Gotteshaus. Die frühere Kapelle war ein uriger, gedrungener Bau aus grauem Granit und schiefen Eichenbohlen mit einem einzigen gotischen Bleiglasfenster über dem Altar und zehn Reihen schlichter Kiefernbänke.
    Als Kind hatte Annajane, damals noch mit Zöpfen, sonntags oft mit ihrer besten Freundin Pokey in der Familienbank der Bayless’ gesessen. Immer dann, wenn sie bei Pokey übernachtet hatte. Schon damals wurde Pokeys Großmutter langsam senil, auch wenn Annajane das nicht klar gewesen war. Miss Pauline, nach der Pokey benannt worden war, sprach nur wenig, saß aber gerne am Sonntagmorgen in der Kirche, nickte lächelnd zu den Liedern, betupfte ihre vom grauen Star getrübten blauen Augen mit dem allgegenwärtigen Taschentuch und tätschelte Annajanes Hand. »Sie glaubt, du wärst ich«, flüsterte Pokey dann und kicherte über die verwirrte Oma. Sie zog eine Grimasse und hielt sich die Nase zu, wenn Miss Pauline einen fahren ließ, was ziemlich häufig vorkam.
    Als Anfang der Neunziger die »neue« Kirche Zum guten Hirten mit Fenster aus Tiffanyglas, soliden Kirschholzbänken und einer speziell angefertigten deutschen Orgel gebaut wurde, erhielt das alte Gotteshaus den Namen Woodrow-Gedenkkapelle in Erinnerung an Pauline Woodrow, die in jenem Jahr im Schlaf gestorben war, als Pokey und Annajane vierzehn wurden.
    Annajanes eigene Hochzeit hatte in der Kapelle stattgefunden, das einzige Zugeständnis, das ihre neuen Schwiegereltern gegenüber Annajanes »Spleens« bereit waren zu machen. Da sie selbst die Kosten der Feier getragen hatte, bestand sie darauf, sie im kleinen Rahmen zu halten und nur Verwandte und enge Freunde einzuladen, knapp vierzig Gäste, und Pokey sollte ihre einzige Trauzeugin sein. Am Tag ihrer Eheschließung im November regnete es unablässig, und damals fand Annajane es wildromantisch, dass das laute Trommeln des Regens auf dem Zinkdach den auf dem alten Harmonium gespielten Hochzeitsmarsch zu übertönen drohte.
    War das erst fünf Jahre her? Manchmal zweifelte sie sogar, dass irgendetwas davon tatsächlich passiert war und es nicht einfach eine Erinnerung an einen längst vergangenen Traum war.
    Die Veranstaltung an diesem Frühlingstag war etwas ganz anderes als Annajanes bescheidene Hochzeit. Die Kirche war bis zum letzten Platz gefüllt. Eigentlich sogar überfüllt, wenn es nach den Brandvorschriften ging, denen zufolge nur fünfhundert Personen in der Kirche Platz fanden. Annajane kam es vor, als hätte sich jeder, der die Bayless’ auch nur im Entferntesten kannte, je geschäftlich mit ihnen zu tun gehabt hatte oder auch nur mal eine Flasche ihres Softgetränks namens Quixie getrunken hatte, in die hochglänzenden Holzbänke unter den freiliegenden Dachbalken der eindrucksvollen Episkopalkirche gequetscht.
    Sie spürte, wie ihr die Augen zufielen. Es war zu warm in der Kirche, und der betäubende Duft der Lilien und Rosen, die Altarraum und Bänke in üppigen Mengen schmückten, war überwältigend. In der vergangenen Nacht hatte Annajane kaum geschlafen, auch in den Nächten davor nicht sehr viel mehr. Und ja, sie hatte sich zu Hause einen ordentlichen Drink genehmigt, Quixie mit Bourbon auf Eis, bevor sie zur Kirche aufgebrochen war. Einen Moment lang schloss sie die Augen, und ihr Kinn sackte auf die Brust, als ihr plötzlich ein spitzer Ellenbogen in die Rippen gestoßen wurde.
    Pokey quetschte sich neben sie in die Bank. »Wach auf, und rutsch rüber!«, befahl sie.
    Annajane riss die Augen auf, schaute hoch

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