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Sommersturm

Sommersturm

Titel: Sommersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Buettner
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aus dem Fernsehen. Und da hab ich es ihm eben versprochen … “, brachte ich
mit tonloser Stimme hervor.
    „Was
denn, um Himmels Willen?“ Ulla war offensichtlich ratlos.
    „Ich
kann den Schwur nicht brechen. Völlig unmöglich."
    Ulla
antwortete mit einem stillen Händedruck.
    „Solange
er lebt“, murmelte ich und blickte verschämt auf unsere ineinander
verschränkten Finger, „so lange werde ich auch kein Mädchen mehr küssen, das
ist mein Schwur.“
    „Ach
du Schande“, hauchte Ulla in mein Ohr. „Und da ist wirklich nichts zu machen?“
    „Gar
nichts!“, sagte ich. Nach einer kleinen Pause setzte ich hinzu: „Obwohl, es
gibt noch einen einzigen Ausweg, einen einzigen ...“
     „Welchen
denn?“ 
     „Ach,
vergiss es“, wiederholte ich. „Das ist doch alles eh sinnlos.“
     Ulla
drängte nicht mehr, ich gab trotzdem nach: „Wenn Henry mit einer knutscht, bin
ich frei.“
     Ullas
Stirn legte sich in Falten.
     „Hab’s
dir doch gesagt“, flüsterte ich traurig, „ist sowieso sinnlos.“
     „Aber
wieso denn? Bin ich etwa kein Mädchen? Und wenn es für uns beide ist, knutsche
ich sogar ein bisschen mit diesem komischen Henry rum. Wo ist das Problem?“
    Ich
zierte mich noch etwas, bevor ich ihren Vorschlag akzeptierte.
    „Ich
mach einfach die Augen zu“, sagte Ulla. „Und dabei stell ich mir vor, dass ich
in Wirklichkeit dich küsse.“

 
    9
     
    „Rate
mal, wer heute in der Schule war.“
    „Sag
es mir. Ich hab heute keine Lust auf Rätselraten.“ Betty schien schlechte Laune
zu haben. Sie war unausgeschlafen. Um zwei Uhr nachmittags kam sie gerade aus
den Federn gekrochen. Sie war allein, Rogers Alfa stand nicht mehr vor der Tür.
Auf dem Weg ins Bad machte Betty Zwischenstation bei mir am Küchentisch.
    „Du
sagst doch selber immer, man soll sie genießen, die besonderen Augenblicke im
Leben.“ Ich grinste sadistisch.
    „Was
soll der Quatsch?“ Bettys Neugier war offenbar schlagartig geweckt. Sie trug
nur eins der Herrenoberhemden, die sie als Pyjama benutzte. Dieses war kariert.
    „Martha“,
sagte sie nach kurzem Nachdenken gelangweilt, kratzte sich am Hinterkopf und
verschwand im Bad. Drei Sekunden später plätscherte bereits das Wasser aus der
Dusche. Verdattert lief ich ihr nach und riss die Tür auf.
    „Woher
weißt du das?“, rief  ich. Ich selbst hatte zunächst an eine Fata Morgana
geglaubt, als ich Martha mit meinem Klassenlehrer auf dem Flur gesehen hatte.
Aber plötzlich vergaß ich Martha, jeder Gedanke an sie war wie weggefegt.
    Der
Vorhang, hinter dem Betty duschte, war durchsichtig. Das war mir nicht neu,
dafür aber das, was ich nun dahinter sah.  Betty steckte den Kopf neben
dem Vorhang durch.
    „Ich
kann schließlich eins und eins zusammenzählen“, sagte sie. „Wer außer Martha
soll es schon gewesen sein? Beim Papst würdest du nicht so einen Tanz
veranstalten.“
    Sie
hatte ihr Haar nachlässig hinten zusammengebunden und sah jetzt gar nicht mehr
verschlafen aus. Ungerührt duschte sie weiter. Ihre Haut glänzte vom Wasser.
    „Würdest
du jetzt freundlicherweise das Bad verlassen?“, rief  sie. „Du hast genug
gesehen.“ Ich hörte , dass sie grinste.
    Es
war das erste Mal, dass ich Zeit hatte, Betty zu betrachten, wie sie war. Der
Vorhang zwischen uns war nicht der Rede wert. Und in jener Nacht, als ich sie
mit dem Typen gesehen hatte, war alles so schnell gegangen. Wie schön sie
wirklich war, wurde mir erst jetzt klar.
     Über
Marthas Auftritt an der Schule sprachen wir dann nicht mehr. Bettys
Gelassenheit in dieser Sache färbte auf mich ab und schließlich vergaß ich den
Vorfall.
    Selbst
als ich ein paar Tage später Betty in der Schule sah,  machte ich mir
keine großen Gedanken. Als sie mir am Nachmittag erklärte, sie habe sich nur
bei den Lehrern nach meinen Noten erkundigt, freute ich mich sogar insgeheim
über ihre Fürsorge. Bis dahin hatte sie nicht mal den Elternsprechtag genutzt
und mein Zeugnis hatte sie kaum beachtet. Langsam schien sie ein echtes
Interesse an mir zu entwickeln. 
     
    Bezüglich Roger hatte  mein Instinkt mich nicht getäuscht.
Immer mehr bestätigte sich, dass er die reinste Landplage war und die Natur
einer Zecke besaß, die –hat sie sich einmal festgebissen- ihr Opfer nicht mehr
loslässt. Der Sommer war auf seinem Höhepunkt angelangt und Roger belagerte
noch immer unser Haus, vor allem Bettys Schlafzimmer. Er schien unersättlich. I
    Ich
konnte nicht verstehen, was Bett so Besonderes an

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