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Sommersturm

Sommersturm

Titel: Sommersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Buettner
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zu ihr hältst und all diese Sachen.
Das ist schließlich nicht selbstverständlich, rein menschlich ist das jede
Menge Wert. So jemand wie dich findet man heutzutage nicht mehr oft. Betty sagt
das übrigens auch.“
    Scharf
zog Roger den Wagen rüber auf den Standstreifen. Dabei stieg er dermaßen in die
Eisen, dass nur die Gurte verhinderten, dass wir durch die Scheiben krachten.
Vor Wut und Schreck war sein Gesicht rotblau angelaufen.
    „Also,
Bürschchen“, zischte er mich an. „Entweder du sagst mir jetzt auf der Stelle,
was los ist oder du kannst den Rest zu Fuß nach Hause gehen! Ist das klar?“
    Wo
war nur der nette Typ geblieben, der mich zu Fußball, Bier und Bratwurst
eingeladen hatte? Ohne mit der Wimper zu zucken würde er mich jetzt in der
Pampa meinem Schicksal überlassen. Er sah sogar aus wie jemand, dem noch weit
Schlimmeres zuzutrauen war. Ich hatte schon immer gewusst, dass der Kerl
genauso war wie er sich in diesem Moment präsentierte: kleinkariert, ängstlich,
aggressiv, einfach fies. Mich erfüllte diese Erkenntnis mit einer wunderbaren
Klarheit.
    „Na
gut“, gab ich scheinbar widerstrebend nach, „wenn du drauf bestehst, bleibt mir
wohl nichts anderes übrig. Obwohl Betty es dir erzählen sollte... aber jetzt,
wo wir Freunde sind …“
    „Wird‘
s bald?!“ Rogers Stimme ließ kein Ausweichen mehr zu, ich war in die Enge
getrieben.
    Beim
ersten Mal redete ich so leise, dass er mich kaum hören konnte.
    „Was
ist?!“, schrie er mich heftig an. Ich zuckte zusammen. „Sprich lauter, verdammt
noch mal!“
    „Sie
hat dieses Virus“, sagte ich ruhig und sah, wie auf Rogers Stirn dicke
Schweißperlen wuchsen. „Aber dass du das nicht wusstest ...“

 
    11
     
    Wir 
trafen uns immer heimlich. Luisa und ich waren nicht gerade scharf darauf,
Tratsch-Objekt zu werden. Und natürlich wollten wir allein miteinander sein.
Luisa wusste den perfekten Ort für unsere Treffen. Es war ein kleiner Binnensee
ganz in der Nähe des Meeres, dicht eingehüllt von Bäumen und Sträuchern dicht
eingehüllt war. Von der Straße aus war diese geheime Welt weder zu erahnen noch
zu sehen. Der kleine See lag auf einem ehemaligen Militärgelände, das übersät
war mit Überresten aus dem zweiten Weltkrieg. Überwucherte, zerbombte
Bunkerruinen und Teile verrosteter Stacheldrahtzäune ragten an mehreren Stellen
aus dem Gestrüpp.
    Um
dorthin zu gelangen, musste man eine Geländetour hinlegen, die es in sich hatte.
Dabei überwand Luisa alle Hindernisse mit der Geschmeidigkeit einer Katze. Sie
war völlig vertraut mit diesem seltsamen Gelände, kannte jeden herumliegenden
Stein und warnte mich. Wenn irgendwo ein Stück Stacheldraht im hohen Grad
verborgen lag. Trotzdem hatte ich von den Dornen mittlerweile ein paar böse
Schrammen, als wir endlich zu einer großen, moosbewachsenen Steinplatte kamen,
die ungefähr zwei Meter über die Wasseroberfläche hinausragte. Wir setzten uns
und Luisa lehnte ihren Kopf an meine Schulter.
    „Hier
am See ist mein Lieblingsplatz“, sagte sie ruhig. „Immer wenn ich nachdenken
muss, komme ich her. Oder wenn ich einfach nur allein sein will. Kennst du
dieses Gefühl?“
    „Ja“,
sagte ich und das war nicht gelogen. Es gab extrem viele Momente, in denen ich
allein sein wollte.
    „Ich
glaube“, fuhr Luisa fort, „es ist ein verwunschener Ort.“
    Ich
schaute mich um. „Ich find‘s eher öde hier. Vielleicht ein bisschen unheimlich,
zugegeben, aber sonst?“
    Luisa
lächelte. „Unheimlich ja. Aber eben unheimlich schön.“
    „Schön
unheimlich“, scherzte ich. Dann stand ich auf, nahm einen flachen Stein und
ließ ihn über die glatte Wasseroberfläche tanzen.
    „Ich
glaube“, fuhr Luisa unbeirrt fort, „es ist ein ganz besonderer Ort.“
    „Das
kann sein“, gab ich zu. „Wer weiß schon, wie viele hier im Krieg ihr Leben
gelassen haben?“
    „Warum
bist du auf einmal so komisch?“, fragte Luisa und kam zu mir ans äußerste Ende
der Steinplatte. „Vielleicht war es der Ort einer besonderen Liebe - vielleicht
war da Krieg, das kann schon sein. Vielleicht aber auch schon zu der Zeit, als
hier noch das Meer war, vor vielen hundert Jahren.“
    Ich
schaute sie an. Vorsichtig streichelte ich mit dem Zeigefinger über ihre
Sommersprossen.
    „Komm“,
sagte sie, nachdem sie ein paar Sekunden lang überlegt hatte. „Komm, ich zeig
dir was.“
    Sie
nahm mich bei der Hand, führte mich langsam und feierlich zur Mitte der
Steinplatte.
    „Leg
dich hin“, sagte

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