Song of Blood (German Edition)
misstrauisch.
„Weil ihm dazu die Kraft fehlt, sacrebleu“, schimpfte Mathis und packte Far am Arm, ehe der protestieren konnte.
„Also komm mit deinem maître und hör mir aufmerksam zu. Und bitte, bitte schalte dabei deinen Verstand ein, oui?“ Er zog Far rigoros aus dem Zimmer und führte ihn in Songlians Arbeitszimmer. Ratlos ließ sich Far in einen Sessel fallen und schaute aufmerksam zu Mathis auf, der stehen geblieben war und ein großes Gemälde an der Wand studierte.
„Mathis?“ Hatte der ihn vergessen oder warum sagte er nichts? Mathis seufzte einmal tief und drehte sich zu Far um.
„Es ist vorbei, mon ami. Lass ihn gehen“, sagte er direkt heraus.
„Wovon redest du?“ Fars Augen verengten sich um eine Winzigkeit, wie immer, wenn sich in ihm der Sturkopf regte. Mathis kannte diese feine Warnung bereits.
„Ich rede von Florean, Far. Lass ihn endlich gehen.“
Sprachlos schaute ihn Far an. Seine Hände krampften sich um die Lehnen des Sessels. Im nächsten Moment brauste er empört auf: „Wie kannst du so etwas sagen, Mathis? Er ist dein bester Freund. Das hast du jedenfalls behauptet. Song wird gesund werden. Wir dürfen die Hoffnung …“ Etwas in Mathis’ Blick brachte Far zum Verstummen. Wütend auf sich, auf die Welt und auf das verfluchte Schicksal insbesondere starrte er auf seine Knie.
„Er quält sich, Far. Florean hat furchtbare Schmerzen. Um jeden Atemzug muss er ringen. Nur deinetwegen hat er so lange durchgehalten. Weil du trotziges Kind sein Ende einfach nicht akzeptieren willst. Du sprichst mit ihm, du pflegst ihn, doch du tust dies alles mit Scheuklappen vor deinen Augen. Das ist keine Liebe mehr, das ist purer Egoismus. Lieben bedeutet, auf etwas verzichten zu können, wenn es leidet. Und Florean leidet sehr.“ Mathis ging vor Far in die Hocke und hob dessen Kinn mit zwei Fingern an, damit der ihn ansehen musste.
„Er wird nicht mehr gesund, Far. So sehr wir uns das wünschen mögen. Wir können ihn einfach nur in Würde gehen lassen.“
„Sollen wir ihn etwa auslöschen?“, fragte Far verzweifelt. Mathis zog seine Hand zurück und sah ihn mit einem elenden Blick an.
„Er stirbt auch ohne unser Zutun. Sein Körper verfällt bereits und die Wunde stinkt zum Himmel. Man kann es deutlich durch die Verbände riechen. Far, seine Heilkräfte kommen gegen dieses projectile diabolisé nicht an, und sie verbrauchen all seine Kraft. Mon cher ami, unser schöner Engel will nicht wie ein waidwundes Tier verrecken.“
„Aber …“
„Kein Aber, Far. Tu ihm das nicht an. Das hat Florean nicht verdient.“ Es war offensichtlich, dass es ihm nicht leicht fiel, diese Fürbitte zu leisten.
„Sieh ihn dir doch an. Der, der dort in dem Bett liegt, ist nicht mehr der Florean, wie wir ihn kannten. Das ist nur noch sein Schatten. Er ist am Ende, Far.“ Ungehindert liefen jetzt die Tränen.
„Sieh ihn dir an“, wiederholte er leise. „Sieh die dunklen Schatten unter seinen schönen Augen, die alles Feuer verloren haben. Sieh dir seine graue Haut an und die eingefallenen Wangen, die blutleeren Lippen, die glanzlosen Haare.“
Mathis’ Unterlippe bebte. Mit einem erstickten Laut schlang Far seine Arme um ihn und Mathis presste sein Gesicht an seine Schulter, um sich mit der Kraft der Verzweiflung an Far festzuhalten.
„Er ist seit Jahrhunderten mein einziger, wirklicher Freund. Und ausgerechnet ich soll dich um seinen Tod anflehen. Il fait si mal infini. – Es schmerzt so unendlich“, schluchzte er hilflos.
„Ich soll ihn auslöschen?“ Far wurde vor Entsetzen ganz steif. Mathis an seiner Schulter nickte bloß.
„Ein letzter Liebesdienst ...“
„Himmel, Mathis! Das kann ich nicht“, stammelte Far bis in die Grundfesten erschüttert. Mathis löste sich von ihm und sah ihn zuversichtlich an.
„Mais oui. Du wirst es können, eben weil du ihn liebst.“ Langsam stand Mathis auf. Seine Bewegungen waren die eines alten einsamen Mannes.
„Er möchte in der Morgendämmerung von uns gehen. Ich werde mich von ihm verabschieden und überlasse euch beiden die letzten Stunden. Sois fort, Far. – Sei stark. Sei es für Florean.“
Mathis blieb zwei geschlagene Stunden bei Songlian im Zimmer, Stunden, die Far mutlos vor dessen Tür herumlungerte. Endlich ging die Tür auf, und Mathis flüchtete regelrecht an ihm vorbei und die Treppe hinunter. Betroffen schaute ihm Far hinterher, ehe er zu Songlian ging. Matt und bleich lag der in den Kissen und sah ihm mit einem
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