Sonne, Meer und Bea (German Edition)
Straßenverkaufsstände, die vollbehangen sind mit aneinandergereihten Tütchen zum Abreißen, deren Inhalt von Waschpulver bis hin zu Chips reicht. Jeder Stand ist zudem mit einem Kühlschrank ausgestattet, befüllt mit Süßgetränken aller Art. Wir kaufen zwei Flaschen Wasser. Paul möchte auch Thums Up, eine lokale Cola, probieren.
Am Connaught Place finden wir jede Menge moderne westliche Geschäfte. Ich schaue in die Schaufenster, kann mich aber kaum auf das Gesehene konzentrieren. Nach dem langen Fußweg sind meine Finger auf ihre doppelte Größe angeschwollen. Paul verordnet uns eine Pause im herrlich kühlen Barista, mit einem Mango Smoothie.
Da meine Finger nach der Rast noch nicht wieder ihre normale Form eingenommen haben, entscheiden wir uns den Rückweg nicht wieder zu Fuß anzutreten, sondern die Rikschas zu testen. Als eine knatternd neben uns auftaucht, müssen wir sie gar nicht erst anhalten, denn der Fahrer schneidet unseren Weg und fragt sogleich: »Where do you want to go?« Ziemlich aufdringlich, aber praktisch. Paul handelt den geforderten Preis um 30 Rupien runter, was der Fahrer prompt akzeptiert.
Wie gestern das Taxi fährt auch die Rikscha wie der Teufel. Unser Fahrer drängelt sich hupend durch die kleinsten Lücken im Verkehr und schreckt selbst vor der Überholung von Bussen nicht zurück. Ich halte mich krampfhaft an der Stange vor mir fest und versuche bei seinen riskanten Manövern nicht aus dem Gefährt zu fallen. Paul, der direkt rechts hinter dem Fahrer sitzt, hat seitlich einen Schutz, mein Platz hingegen ist zur Seite hin offen. Während ich also mit meiner Balance kämpfe, hat Paul Schwierigkeiten mit den zahlreichen Hubbeln auf den Straßen, die ihn stets mit seinem Kopf ans Dach der Rikscha stoßen lassen. Mein Freund ist mit seinen 1,89 ein stattlicher Mann. Seine elegant-athletische Statur hat mir als Erstes an ihm imponiert. Er überragt fast alle hier um einen Kopf, verloren gehen kann er mir wahrhaftig nicht. Aber ungemütlich ist es für ihn, da nichts auf seine Größe ausgerichtet ist.
Heilfroh steigen wir am Main Basar aus der Rikscha. Paul bezahlt den Fahrer und ich sehe, wie sich ein breites Grinsen auf dessen Gesicht ausbreitet, als er sich schnell wieder nach vorne dreht und in den Verkehr einfädelt. Ich vermute, wir sind gerade voll übers Ohr gehauen worden. Auch Paul ist die Freude des Rikscha-Fahrers nicht entgangen.
Jetzt am Abend haben wir uns einigermaßen an die Lautstärke und das Gewusel auf der Straße gewöhnt. Der Main Basar kommt mir bereits nicht mehr ganz so chaotisch und nervig vor, wie noch am Morgen. So widmen wir uns den einzelnen Geschäften und lassen uns von den Verkäufern nicht mehr aus der Ruhe bringen. Ich ignoriere einfach alles, mit dem mir vorm Gesicht herumgewedelt wird.
Wir stöbern zunächst durch einen Laden, der bis unter seine Decke mit Lederschuhen in allen erdenklichen Farben vollgestellt ist. Für gemütliche Strandtage und Balkonabende fehlen uns noch leichte Sandalen. Ich schlüpfe in ein Paar mit einem breiten roten Riemen, auf dem orangefarbene Pailletten zwischen einem Blumenmuster aufgestickt sind. Sie sitzen gut und leuchten an meinen Füßen. Ich fühle mich richtig hübsch und beobachte Paul, der fluchend seinen linken Fuß aus einem blauen Schlappen wuchtet:
»Mist, die sind mir auch zu klein!«
Wir brauchen eine weitere halbe Stunde bis auch Paul den Laden mit einem neuen Paar Sandalen verlässt.
Auf dem Weg ins Hotel kommen wir noch an einem Shop mit traumhaften Umhängetaschen vorbei, wo wir eine gelbe Stofftasche für Paul und eine dunkelrote für mich erstehen, beide mit aufgenähten Spiegeln. Nun brauchen wir die Wasserflaschen nicht mehr in der Hand zu tragen. Abgerundet wird unser Einkaufstag mit zwei bunten Portemonnaies, ebenfalls aus Stoff. Nun sind wir bestens für unseren Urlaub gerüstet.
Paul
Wir sitzen fast alleine im Restaurant auf dem Dach unseres Hotels. Eigentlich dachte ich, wir könnten von den Erfahrungen weit gereister Traveller profitieren, aber wo sind die? Die beiden Typen hinten in der Ecke haben sich zurückgezogen, wohl um ungestört zu sein. Als wir nach oben gekommen sind und uns umgeschaut haben, blickten sie schnell weg, um bloß kleinen Kontakt zu uns aufzubauen.
Der ganze Tag war schwierig. Vom Zimmerwechsel über den Shoppingstress und den nervigen Verhandlungen mit den Verkäufern und Rikschafahrern. Mir fehlt dieses Basar-Gen. Ich hasse Feilschen wie die Pest.
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