Sonne, Meer und Bea (German Edition)
an Tempo zu. So schaffen wir es endlich das Haus zu verlassen. Wir spurten zur U-Bahn in Richtung Warschauer Straße. Mit großen Schritten stürmen wir die Treppen hoch, Maja ganz vorne, ich knapp dahinter und Philipp, ohne Gepäck, mit etwas Abstand. Die Warnlampe blinkt schon und die Tür schließt sich, als ich in den fast leeren Wagen springe. Blitzschnell drehe ich mich um und halte mit Gewalt die Türe auf, damit Philipp auch noch mitkommt. Vollkommen außer Puste schlurft er an und quetscht sich durch den freien Spalt. Das war knapp, die nächste Bahn in zehn Minuten hätte schon zu spät sein können.
Mit der S-Bahn fahren wir weiter zum Alex und steigen dort in den Flughafenbus nach Tegel. Philipp dämmert vor sich hin. Kaum sind wir am Terminal angekommen, richtet sich seine Aufmerksamkeit auf eine offene Mülltonne. Wenig elegant bricht er die Sünden von gestern dort hinein. Beschämt, dass der da zu uns gehört, schultert Maja ihren Rucksack und verschwindet im Eingangsbereich. Ich schaue noch mal nach Philipp und klopfe ihm auf den Rücken: »Wird schon, Alter!«
Es ist an der Zeit Abschied zu nehmen. Wir stehen im Gang und ich hoffe, Philipp hält seine theatralische Ader im Zaum. Er versucht sich zu sammeln und drückt uns nur ganz kurz an seine Brust. Ich bläue ihm ein, sich sorgfältig und liebevoll um meine Pflanzen zu kümmern und, wenn was Wichtiges ist, sich per E-mail bei mir zu melden. Dann übergeben wir ihm unsere Jacken und mir wird mulmig, als ich sehe, wie er meine gute Lederjacke sorglos über seinen Arm wirft und diese langsam in Richtung Boden gleitet. Majas Mantel trägt er hingegen mit Bedacht.
Wir verschwinden hinter der Sicherheitskontrolle und drehen uns ein letztes Mal um. Philipp winkt uns zu. Maja winkt zurück, als ihr Gesicht plötzlich zu einem entsetzten Starren erfriert. Philipp hat den Pelzimitat-Kragen von Majas Mantel über seine Schulter geworfen, etwas schräg geguckt und sich dann seinen Mund daran abgewischt.
»Da war bestimmt nichts mehr dran«, versuche ich Maja zu beruhigen, aber es scheint, dass ich wenig Erfolg damit hatte.
Maja
Philipp ist wirklich ein Volltrottel! Aber ich will mich nicht weiter über ihn aufregen. Den Stress des Morgens blende ich einfach aus! Jetzt zählen nur noch Paul und ich. Und unser Urlaub. Zum Glück haben wir es gerade noch geschafft als Fast-Letzte einzuchecken und sogar Plätze nebeneinander bekommen. Das war meine größte Sorge. Denn den ersten Flug meines Lebens ohne Paul an meiner Seite? Nein! Beim Start habe ich vor Aufregung ganz fest seine Hand gehalten.
Wir landen in Delhi. Der erste Atemzug auf indischem Boden ist befremdlich. Mit dem Schritt aus dem Flugzeug und dem Eintreten auf die Gangway kommt mir ein ungewohnter Geruch entgegen, den ich nicht zu charakterisieren weiß. Jedes Land hat wohl seinen eigenen Duft.
Es ist spät in der Nacht und ich hoffe, schnell zu unserem Hotel zu gelangen. Daraus wird jedoch nichts. Bei der Einreise ist ewiges Warten angesagt, denn kurz vor uns ist eine weitere Maschine aus Europa gelandet. Also erst einmal Stau. Eine Dame am Einreiseschalter studiert mein Einreiseformular und mein Visum. Ich versuche, sie anzulächeln und meine Freude über die Ankunft in ihrem Land auszustrahlen. Aber sie erwidert mein Lächeln nicht. Der erste kleine Zweifel kommt auf, ob ich die nächsten Wochen hier überhaupt überstehen werde.
Unsere Rucksäcke liegen bereits neben dem ausgeschalteten Gepäckband. Schade, ich wollte doch unbedingt mal in Realität sehen, wie die Koffer rotieren, aufgeregt danebenstehen und mit einem kleinen Freudenschrei meinen Rucksack entdecken und vom Förderband ziehen.
Mit den ersten Rupien in der Hand stellen wir uns mit etlichen anderen Europäern in die Schlange für ein Prepaid-Taxi. Als wir aus dem Flughafengebäude treten, brauchen wir den richtigen Fahrer gar nicht lange zu suchen. Eine Traube Männer rennt auf uns zu und überfällt uns mit Fragen nach unserer Nummer. Sie entreißen Paul den Zettel. Die Aufregung legt sich, nun gibt sich unser Fahrer zu erkennen und die anderen rennen weiter zu den nächsten Ankömmlingen.
Wir gehen mit ihm zu einem der zahlreichen schwarzen Ambassadore, mit grünem Seitenstreifen und gelbem Dach. Unsere Rucksäcke verschwinden im kleinen Kofferraum. Kaum eingestiegen tritt der Fahrer aufs Gas und ab geht die rasante Fahrt. Obwohl, rasant ist noch untertrieben. Der gute Herr kennt anscheinend die Bremse nicht und
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