Sonne, Wind und Mord (German Edition)
immens wichtig war diese Konferenz nicht.
Zugegebenermaßen´: ihn hatte eigentlich nie interessiert, was diese
geschwätzigen Politiker von sich gaben. Anzugträger, deren Hauptaufgabe darin bestand,
zu reden und schwer arbeitenden Menschen so viel Geld, wie nur irgendwie
möglich, abzuknöpfen, waren ihm schon immer suspekt gewesen. Spätestens,
nachdem ein Berater seiner Bank ihn - vor Jahren - dazu überredet hatte, seine
Altersvorsorge auf risikoreiche Fonds umzubauen, traute er diesen ganzen
Schaumschlägern keinen Meter mehr über den Weg. In der unweigerlich
ausbrechenden Wirtschaftskrise von 2008 hatte er etwa 90% seiner bisherigen
Renteneinlagen verloren. Diesen ganzen feinen Herren ging es doch nur um ihr
eigenes Wohlergehen. Und nun veranstalteten genau die ausgerechnet in seinem
Dienstbezirk mit seinen Steuergeldern dieses Kasperletheater . Afschuwelijk …
***
9:17 Hafen Rotterdam
„Porca Puttana“, fluchte der völlig schwarz gekleidete Mann.
Mit Hilfe eines hochauflösenden Fernglases beobachtete er seit Stunden eine
bestimmte Stelle. Seine beiden Kollegen schreckten auf.
Seit der kleine Trupp zur Ermordung des renommierten
Wissenschaftlers Edgar Van Kessner auf dem Lagerhausdach von Pier 270 Stellung
bezogen hatte, war wenig passiert.
„Was ist los, Fonso?“, fragte der Größte der drei sofort -
ein muskelbepackter Hüne mit schütterem mattblondem Haar und kantigem Gesicht -
ihr Anführer.
„Ich glaub, sie haben ihn gefunden, Joe“, erwiderte Fonso,
der Mann mit dem Fernglas, ein deutlich schmächtiger, südländisch aussehender
Typ mit streng zurückgelegtem schwarzem Haar. In seinem wieselartigen Gesicht
zeichnete sich eine hässliche Narbe, quer über der rechten Wange, ab.
„Verdammter Mist“, zischte Joe. „Kannst du erkennen, ob sie
auch die Tasche haben?“
Fonso runzelte die Stirn. „Hm, kann ich nicht genau sagen.
Sie ziehen den Professori gerade raus. Ich glaube nicht, dass…“
„Du sollst nicht glauben! Du sollst mir sagen, ob sie diese
verdammte Aktentasche gefunden haben oder nicht.“
Fonso schwieg und blickte angestrengt durch das Fernglas.
„Was tun wir, wenn die Tasche noch da ist, Chef?“, meldete
sich nun der Dritte. Ein Mann mit dunklem Teint, buschigen Augenbrauen, einem
schwarzen Vollbart und deutlichem Akzent. Er war nicht übermäßig groß, dafür
aber breitschultrig und verfügte über zwei riesige Pranken. Das sonnengegerbte
Gesicht wirkte so unbeholfen wie ernst. Joe spuckte verächtlich auf den Boden.
„Wir schnappen uns die Tasche, Idiot! Was sonst?“
„Ja, okay. Dann hab ich…“
„Porca dio! Sie haben sie! Die Tasche… Er hat sie immer noch
bei sich! Porca miseria! Stromalledetto idiota professori! Impossibile!“,
unterbrach Fonso und spätestens jetzt wurde es für sie sehr unangenehm. Sie
hatten Mist gebaut. Selbst Hassan konnte sich in etwa ausmalen, dass in der
vergangenen Nacht nicht alles glatt verlaufen war. Der Auftrag war denkbar
einfach gewesen. Zielperson verfolgen, auf den passenden Augenblick warten, sie
liquidieren und die Akten vernichten. Ein 0-8-15-Ding. Sie waren ein
eingespieltes Team. Sie wussten, wie es funktionierte. Und trotzdem war so
ziemlich alles schiefgegangen.
Nachdem der Professor ins Hafenbecken gestürzt war, hatten
sie zwar einen Kugelhagel hinter ihm hergeschickt, aber nicht gewusst, ob sie
ihn getroffen hatten. Ihnen war nichts anderes übrig geblieben, als sich zu
verteilen und bis in die frühen Morgenstunden darauf zu achten, dass er
nirgends unentdeckt aus dem Wasser kroch. Das war er nicht, aber die Tatsache,
dass ein Schlepper-Kapitän den leblosen Körper des Wissenschaftlers mitsamt
Aktentasche gefunden hatte, war nicht besser. Sie erschwerte die Situation,
zumal sich ihr Auftraggeber bald melden würde, um zu erfahren, ob sie alles zu
seiner Zufriedenheit erledigt hatten. Sie mussten sich also schleunigst etwas
einfallen lassen. Der blonde Hüne stampfte auf dem Flachdach herum, als wüsste
er nicht, was jetzt zu tun war. Dann jedoch fing er sich und zwang sich,
rational zu denken. Noch konnten sie die Dinge geraderücken. Da war er sich
sicher.
„Ihr lasst ihn nicht aus den Augen! Ich will wissen, wo sie
ihn hinbringen.“
***
9:25 Politistation Rotterdam-Noord
Kees Bloemberg wiegte den Kopf hin und her, während er die
Sicht auf ein Protestplakat erhaschte, das man offensichtlich beschlagnahmt
hatte.
Stoppt den Klimawandel oder sterbt! war darauf zu lesen und unter
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