Spademan: Thriller (German Edition)
Vermutlich hätte er auch noch ein paar andere Menschen beseitigt, einfach, weil sie gerade in der Gegend waren.
Harrow hatte Simon persönlich damit beauftragt, für die Sicherheit seiner Tochter zu sorgen.
Es war sein Job, sie zu bewachen.
Also hatte er immer ein Auge auf sie.
Und eines Tages warf sie dann ein Auge auf ihn.
Es war eine kurze Affäre, aber eine mit bleibenden Folgen.
Ein Geheimnis mit Ablaufdatum.
Oder besser gesagt: Veröffentlichungsdatum.
Sie hat mich heute Morgen abgefangen, als ich gehen wollte. Alle anderen in der Wohnung schliefen noch. Sie hat mich an der Hand zu einer Bank am Flussufer geführt.
Das Baby war nicht der Grund dafür, warum ich weggelaufen bin. Damit hattest du recht, erklärte sie mir. Sie hatte ursprünglich sogar vorgehabt zu bleiben. Zu Hause. Bei ihrer Familie. Mit ihrem Vater. Dass er es irgendwie verstehen würde.
Das hatte sie ursprünglich vorgehabt.
Vor Rachel.
Danach nicht mehr.
Sie weinte, während sie mir das erzählte.
Sie war zunächst damit zu Simon gegangen. Hatte ihm alles erzählt. Über ihren Vater, über die Farm, über Rachel. Darüber, was man ihr angetan hatte. Sie hatte gehofft, Simon würde ihr helfen. Hatte gehofft, dass sie dem Ganzen gemeinsam Einhalt gebieten könnten.
Doch dann stellte sich heraus, dass er bereits alles wusste.
Der Winterwind peitschte den Hudson hinauf.
Sie hatte auf der Bank die Beine dicht an ihren Bauch gezogen.
Betrachtete das Wasser.
Eine Schutzhaltung.
Der Bauch wurde jeden Tag dicker.
Tut mir leid, dass ich gelogen habe. Ich hatte einfach Angst –
Ist schon in Ordnung –
– erst vor dir. Dann vor meinem Vater. Und ich wusste, ich würde Hilfe brauchen –
Schon in Ordnung. Seine anderen Verbrechen haben das mehr als aufgewogen.
– um ihn zu stoppen. Sobald ich es erfahren hatte, wollte ich ihn stoppen. Aber ich hatte keine Ahnung, wie.
Ist schon in Ordnung.
Und dann Simon –
Ich zog sie an mich.
Ist schon in Ordnung.
Und als ich es das letzte Mal sagte, glaubte sie mir endlich.
Natürlich ergab jetzt alles einen Sinn. Simons Fürsprache. Der Judasverrat. Doch als ich ihm im Social Club die Hand schüttelte, da wusste ich noch nichts von alldem, und das kann ich weder ändern noch abstreiten.
Es war ein Pakt mit dem Teufel, und ich habe eingeschlagen.
Ich schätze, so was geht heutzutage als Hoffnung durch.
Aber vielleicht liege ich da auch falsch.
Ich hoffe es jedenfalls.
Sie und ich saßen eine Weile lang am Fluss. Auf der Jersey-Seite.
Beobachteten, wie sich die Sonne über dem Hudson erhob. Aus ihrem nächtlichen Grab auferstand.
Dieses sich alltäglich vollziehende Wunder.
Und wie als Konsequenz daraus die einst so mächtige Skyline im Schatten versank.
36
Sämtliche Friedhöfe sind seit Langem überfüllt.
Niemand wird heutzutage mehr beerdigt.
Erlass des Gouverneurs. Das zumindest haben wir alle noch gemeinsam.
Reiche, Arme, Schläfer, Dienstboten, Priester und Atheisten, alle werden sie verbrannt.
Außer Harrow.
Ich wollte Harrows Leiche zusammen mit den anderen verbrennen, aber Persephone hatte es nicht erlaubt.
Es stellte sich heraus, dass Harrow ein Familiengrab auf einem Kirchhof in Vermont besitzt.
Sie hatten es gekauft, lange bevor der Harrow-Clan die Wiedererweckungszelte gepackt und nach Süden gezogen war, um dort den Crystal Corral aufzubauen.
Ein Familiengrab. Eines der letzten Luxusobjekte auf Erden.
Boden, den sie kaufen konnten, indem sie die Seelen anderer Menschen ausgeplündert hatten.
Persephone hatte darauf bestanden.
Ich kann nicht sagen, dass ich es verstand, aber schließlich ging es mich ja auch nichts an.
Also mieteten wir einen Lieferwagen, fuhren damit rückwärts an die Stufen des Bankgebäudes und verpackten Harrows lange Leiche in einen Karton. Die Art von Karton, in der billige Betten geliefert werden. Körperlänge. Rick hatte Millionen von diesen Dingern herumfliegen.
Trotzdem, Harrow war richtig groß. Seine Schuhe ragten am Ende ein Stück heraus.
Wir schoben ihn auf die Ladefläche, schlossen die Türen des Vans und fuhren die ganze Nacht durch bis nach Vermont.
Sie, ich und Mark.
Sie saß hinten bei dem Karton.
Eine mondhelle Nacht. Auf einem Kirchhof in Vermont.
Sobald man aus der Stadt raus ist, kann man so viele Sterne sehen.
Neun Generationen von Harrows lagen Seite an Seite unter steinernen Grabplatten.
Nummer zehn in einem Pappkarton.
Nummer elf stand weinend neben dem Grab.
Nummer zwölf schlief in ihrem
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