Späte Familie
an Fell, besorgt bemerke ich das Fehlen seines Lieblingsbären, bestimmt ist er in dem zerwühlten Bettzeug verschwunden, ich schüttle die Decke aus, hebe das Kissen hoch und spähe unter das Bett. Was suchst du, fragt er, seine entblöÃte glatte Brust hebt und senkt sich schwer, das zerknitterte Hemd hält er in der Hand wie einen Lumpen, so habe ich ihn das erste Mal gesehen, vor zehn Jahren, halb nackt, mit zusammengekniffenen Augen über das Ausgrabungsfeld spähend, nur dass seine Brust damals so dick mit dunklem Staub bedeckt war, dass ich ihre Nacktheit nicht erkannte.
Teddy Scotland, antworte ich, und er sagt, er ist im Auto, ich nehme ihn mit zu mir, damit Gili bei mir etwas zum Spielen hat, ich richte mich auf, aber Gili kann ohne ihn nicht schlafen, wieso soll der Bär bei dir sein, du kannst dieFamilie nicht einfach auseinander reiÃen. Ach nein, zischt er spöttisch, was du nicht sagst, das kann ich nicht? Du meinst wohl, mit einer Bärenfamilie darf man das nicht, mit Menschen aber schon? Vielleicht bist du ein bisschen durcheinander, und es ist umgekehrt wahr. Vielleicht hast du ein Spielzeugherz, so wie diese Tiere hier, komm, er nähert sich mir mit leicht geöffnetem Mund und gesenkten Lidern, seine Hände, vorgestreckt, als wäre er blind, reiÃen meine Bluse auf, komm, prüfen wir das ein für alle Mal, was du da hast, ein Spielzeugherz, das ist alles, ein kaputtes Spielzeugherz, und ich werde auf das dicht bevölkerte Bett gestoÃen, auf dem es nicht mal genügend Platz für einen kleinen Jungen gibt, seine Hände drücken meine Brust, als wollte er sie abreiÃen, seine Stimme ist heiser, ich werde dich reparieren, du wirst schon sehen, ich wechsle dein kaputtes Herz aus, ich setze dir ein neues ein, du wirst mich lieben, du wirst mich lieben wie früher.
Als ich ein Kind war, hatte ich keinen Ehemann. Ich schlief allein in einem schmalen Bett, ich wachte allein auf. Vor meinen Augen wandelte sich der Himmel, löschte mit seinem blauen Licht das Feuer des Sonnenaufgangs, das auf meinem Bett brannte, und wenn ich in die Schule ging, hatte ich keinen Ehemann, und wenn ich von der Schule nach Hause kam, hatte ich keinen Ehemann, auch nicht, wenn ich an meinem dunklen Resopalschreibtisch saà und meine Hausaufgaben machte, und wenn ich in meinem Bett neben dem Fenster lag und den Mond betrachtete, hatte ich keinen Ehemann, der Himmel streckte mir schwarze behaarte Arme entgegen, wie ein riesiges vorzeitliches Geschöpf mit einem einzigen Auge, das sich öffnet und schlieÃt, und wie die Götzenpriester, die barfuà auf dem Felsen standen und der aufgehenden Sonne zusahen, betete ich um die Ankunft des zweiten Auges, denn ich wusste, dass nur dann der Schlafauf mich fallen würde wie Manna vom Himmel, und auch damals hatte ich keinen Ehemann.
Bitterer männlicher Schweià befeuchtet meine Haare, seine Schulter sinkt auf meinen Arm, seine Hände liegen auf meiner brennenden Brust, lass mich, seufzt er, lass mich dein Herz reparieren, der dunkle Vorhang verwandelt die Sonnenstrahlen in trübes Licht, Vorbote des Kommenden, und mein Blick wandert zur Wand, traurige Augen in der Farbe abfallender Blätter schauen von Gilis Bild von seinem letzten Geburtstag herab, sie begleiten unser Tun, und mir ist, als wäre das nicht das Foto, das vor ein paar Wochen geknipst wurde, sondern ein Foto aus der Zukunft, das Bild des jungen Mannes, zu dem er heranwachsen wird. Amnons raue Hände tasten über mein Gesicht, kneten die Wangen, streicheln den Hals, kneifen den Bauch, als suchten sie unter der Haut die Entscheidung, die ihm vorgelegt wurde und die er noch immer nicht akzeptieren kann, die Entscheidung, ihn zu verlassen, und seine Hände versuchen nun, sie aus meinem Körper zu ziehen, wie man einen Dorn herauszieht, und ich bemühe mich schon nicht mehr, mich zu befreien, denn mein Körper wird zerquetscht unter seinem Gewicht wie ein Laib Brot auf dem Boden des Einkaufskorbs, und es ist nicht nur das Gewicht seines Körpers, sondern das Gewicht unseres gemeinsamen Lebens, das Gewicht unserer Tage als Familie, jeder einzelne Tag, jedes einzelne Jahr, seit ich ihn zum ersten Mal auf dem Tel Jesreel gesehen habe, bis zu diesem Morgen in Jerusalem, das Gewicht der Liebe und des Streits, der Feindschaft und des Mitleids, der Anziehung und des Ãberdrusses, und das Gewicht unseres Kindes, das geboren wurde, und
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