Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Titel: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gottfried Seume
Vom Netzwerk:
Wasserseite möchte es immer etwas kosten, Messini anzugreifen, aber zu Lande von Scaletta würde man so ziemlich gleich gegen gleich fechten, und der Ort würde sich nicht halten. Ich war hier an einen Präpositus in einem Kloster empfohlen, der viel Güte und Freundlichkeit, aber ziemlich wenig Sinn für Aufklärung hatte, welches man dem guten Mann in seiner Lage so übel nicht nehmen muß. Er begleitete mich mit vieler Gefälligkeit überall hin und wollte mich in dem Kloster logieren; aber ich hatte schon in der Stadt ein ziemlich gutes Wirtshaus. Die Kirche des heiligen Gregorius auf einer ziemlichen Anhöhe ist reich an Freskogemälden und Marmorarbeit; aber was mir wichtiger ist als dieses, sie gibt von ihrer Fassade links und rechts die schönste Aussicht über die Stadt und den Meerbusen, und mit einem guten Glase muß man hier sehen können, was gegenüber am Ufer in Italien und in Reggio auf den Gassen geschieht. In dem Hause des Herrn Marini, eines Patriziers der Stadt, steht als neuestes Altertum ein Stück von einer alten Säule mit Inschrift, das vor einiger Zeit gefunden worden ist. Sie hat auf einem Brunnen gestanden, und man behauptet, die Inschrift sei griechisch; aber niemand ist da, der sie erklären könnte. Ob ich gleich leidlich griechisch lese, so konnte ich doch nicht einmal herausbringen, ob es nur griechische Lettern wären. Vielleicht ist es altes phönizisches Griechisch, und in diesem Falle vielleicht eins der ältesten Monumente. Schrift und Marmor haben sehr gelitten, da sie lange unter der Erde gelegen haben. Das Stück ist, soviel ich weiß, noch nicht bekannt und wird sorgfältig aufgehoben. Ich empfehle es Männern, die gelehrter sind als ich, da es doch vielleicht für irgendeinen Punkt der Geschichte nicht unwichtig ist.
    Die Herren des Klosters luden mich ein, zum Fasttage bei ihnen zu essen. Dieses ist die einzige Mahlzeit, die ich in Italien bei Italienern genossen habe; und sie war stattlich. Von den übrigen Herren habe ich viel Höflichkeit erhalten, aber nichts zu essen. Das ist nun so die italienische Weise, die ich weder loben noch tadeln will. Das Kloster bestand nur aus wenigen Geistlichen, der Laienbrüder, welche die Bedienten machten, waren mehr. Man gab mir den Ehrenplatz und war sehr artig, und ich sollte daher wohl dankbar sein; aber erst für Humanität –
magis amica veritas!
Ich habe mir die Gerichte gemerkt und muß sie Dir nennen, damit Du siehst, wie man an einem sizilischen Klostertische fastet. Zum Eingang kam eine Suppe mit jungen Erbsen und jungem Kohlrabi; sodann kamen Maccaroni mit Käse; sodann eine Pastete von Sardellen, Oliven, Kapern und starken aromatischen Kräutern; ferner ein Kompott von Oliven, Limonen und Gewürz; ferner einige große, herrliche, goldgelbe Fische aus der See, die ich für die beste Art von Barschen hielt; weiter hochgewürzte, vortreffliche Artischocken; das Dessert bestand aus Lattichsalat, den schönsten jungen Fenchelstauden, Käse, Kastanien und Nüssen; alles, und vorzüglich das Brot, war von der besten Qualität und schon einzeln
quantum satis superque
. Vor allem habe ich die Kastanien nirgends so schön und so delikat gebraten gefunden. Nun frage ich Dich, heißt das nicht mit diesem Fasten einem ehrlichen Kerl mit aller Gewalt die Erbsünde in den Leib jagen? Bei dieser Diät muß man freilich orthodoxen Glauben gewinnen, der die Vernunft verachtet. Ich ging hinaus und lief einige Meilen am Strande herum, bis zur Charybdis hinunter; aber die frommen Gläubigen blieben zu Hause in der Gottseligkeit. Das nenne ich einen Fasttag; nun denke Dir den Festtag! Meine fußwandelnde Person war wohl nicht so wichtig, daß man deswegen eine Änderung in der Klosterregel sollte gemacht haben. Nun führte man mich oben in dem ausgebauten Kloster herum und zeigte mir die Anlagen und das Modell, das man dazu aus Rom hatte kommen lassen. Ich hoffe vom Himmel zum Heile der Menschheit, die Sottise soll nicht fertig werden. Ob so etwas auf meiner Nase mag gesessen, weiß ich nicht; die Herren zeigten mir nichts mehr von ihren übrigen Herrlichkeiten. Hier las man mir ein Manuskript von einem Abt Sacchio vor, das eine Beschreibung und Geschichte der Stadt Messina enthielt, und das man sehr hoch schätzte; aber nach dem zu urteilen, was davon gelesen wurde, brauchen wir es nicht zu bedauern, daß der Schatz im Kloster liegt; die Abhandlung scheint bloß für Mönche pragmatisch. Die Festung zu sehen muß man Erlaubnis haben, welches

Weitere Kostenlose Bücher