Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802
Weinstock und die Kastanie, und dann nur noch die ehrwürdige Eiche. Am Fuße triffst Du alles dieses zusammen in schönen Gruppen, und zuweilen Palmen dazu.
Auf meinem Wege nach Taormina zeigte mir mein Führer, nur auf einem Punkte, den alten, großen, berühmten Kastanienbaum in der Ferne. Kaum kann ich sagen, daß ich ihn gesehen habe; ich wollte ihm aber nicht einen Tag aufopfern. Die Nacht mußte ich in einem kleinen, elenden Dörfchen bleiben. Der Weg nach Taormina gehört zu den schönsten, besonders einige Millien vor der Stadt. Dieser Ort, welcher ehemals unten lag und nun auf einem hohen Vorsprunge des Taurus stehe, hat die herrlichste Aussicht nach allen Seiten, vorzüglich von dem alten Theater, einem der kühnsten Werke der Alten. Rechts ist das ewige Feuer des Ätna, links das fabelhafte Ufer der Insel, und gegenüber siehe man weit, weit hinauf an den Küsten von Calabrien. Höchstwahrscheinlich ist das Theater nur römisch; man hat es nach der Zerstörung durch die Sarazenen so gut als möglich wieder zusammengesetzt, scheine aber dabei nach sehr willkürlichen Konjekturen verfahren zu sein. Es ist bekanntlich eines der erhaltensten, und alles, was alt ist, ist sehr anschaulich, aber für das neue Flickwerk möchte ich nicht stehen, und doch hat eben der schönste, prächtigste Teil am meisten von den Barbaren gelitten. Das alte Schloß, welches noch viel höher als die Stadt liegt, muß schwer zu nehmen sein. Die Patronin, die heilige Mutter vom Felsen, müßte es also ziemlich leicht sehr gut verteidigen, wenn ihre Kinder verständige und brave Kriegsleute wären. Nach Taormina hatte ich eine Empfehlung von Catanien an den Kommandanten, die einzige in Sizilien, welche schlecht honoriert wurde. Man wies mich in ein Wirtshaus unten am Fuße des Berges, welches aber eine Stunde hinunter ist. Das konnte mir mein Mauleseltreiber auch sagen, und hätte ich oben ein Wirtshaus finden können, so wäre ich dem Herrn gar nicht beschwerlich gefallen. Bei den Kapuzinern sprach ich gar nicht ein, denn ihre Ungefälligkeit und ihr Schmutz waren mir schon geschildert worden. Ich schickte hier meinen Mauleseltreiber fort und wanderte wieder allein zu Fuße weiter, denn an der See hinauf, dachte ich, kann ich nun Messina nicht verfehlen. Ein alter Sergeant von Taormina, der mir sehr freundlich den Cicerone machte, wollte mir eine Ordre an den Kommandanten von Sankt Alexis, einen unter ihm stehenden Korporal, mitgeben, daß er mir dort das Schloß auf der Felsenspitze zeigen sollte; ich dankte ihm aber mit der Entschuldigung, daß ich nicht Zeit haben würde. Der Weg hinauf und herab von Taormina ist etwas halsbrechend, hat aber einige schöne, sehr gut bebaute Schluchten. Mein Aufenthalt oben dauerte aus angeführten Ursachen nur zwei kleine Stunden, bis ich das Theater gesehen und Fische und Oliven mit dem Sergeanten gegessen hatte. Der ehrliche alte Kerl wollte mich für die Kleinigkeit noch einige Millien begleiten, damit ich den Weg nicht verlieren möchte. Einen gar sonderbaren, langgezogenen, tiefen, nicht unsonorischen Dialekt haben hier die Leute. Auf die Frage, wie weit ich noch zum höchsten Orte habe, erhielt ich die Antwort:
»Saruhn incuhra
cinquuh migliah,
« welches jeder ohne Noten verstehen wird.
Die Nacht blieb ich in einem kleinen Orte, der, glaube ich, Giumarrinese hieß und noch achtzehn Millien von Messina entfernt ist. Ein Seebad nach einem ziemlich warmen Tage tat mir recht wohl, und die frischen Sardellen gleich aus der See waren nachher ein ganz gutes Gericht. Man tut sich hier darauf etwas zugute und behauptet mit Recht, daß man sie in Palermo nicht so schön haben kann. Einige Millien von Messina fand ich wieder Fuhrgleise, welches mir eine wahre Wohltat war, denn seit Agrigent hatte ich keinen Wagen gesehen. In Syrakus kann man nur eine Viertelstunde an der See bis an ein Kloster vor der Stadt und bis in die Gegend des Anapus fahren, und eine geistliche Sänfte, von Mauleseln getragen, die ich in den Bergschluchten zwischen Augusta antraf, war alles, was ich einem Fuhrwerk ähnliches gefunden hatte.
Messina
In der langen Vorstadt von Messina traf ich einige sehr gut gearbeitete Brunnen mit pompösen lateinischen Inschriften, worin ein Brunnen mit Recht als eine große Wohltat gepriesen wurde. Nur schade, daß sie kein Wasser hatten! Die Hafenseite ist noch eine furchtbare Trümmer und doch der einzige nahe Spaziergang für die Stadt. Noch der jetzige Anblick zeigt, was das Ganze
Weitere Kostenlose Bücher