Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Titel: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gottfried Seume
Vom Netzwerk:
Nachwelt da
    An ihres Wirkens enger Schranke,
    Und glaubet kaum, daß es geschah.
    Wie schwebte mit dem Regenbogen,
    Als durch die tiefe Marmorkluft
    Hinab die ersten Donnerwogen
    Wild schäumend in den Abgrund flogen,
    Des Mannes Seele durch die Luft!
    So eine selige Minute
    Wiegt einen ganzen Lebenslauf
    Alltäglichen Genusses auf;
    Sie knüpft das Große an das Gute.
    Es schlachte nun der zürnende Pelide
    Die Opfer um des Freundes Grab;
    Es zehre sich der Philippide,
    Sein Afterbild, vor Scheelsucht ab!
    Es weine Cäsar, stolz und eitel,
    Nach einem Lorbeerkranz um seine kahle Scheitel;
    Es mache sich Oktavian,
    Das Muster schleichender Tyrannen,
    Die je für Sklaverei auf schöne Namen sannen,
    Mit Schlangenlist den Erdball untertan;
    Die Motten zehren an dem Rufe,
    Den ihre Ohnmacht sich erwarb,
    Und jedes Säkulum verdarb
    An ihrem Tempel eine Stufe.
    Hier steigt die Glorie im Streit der Elemente,
    Und segnend färbt der Sonnenstrahl
    Des Mannes Monument im Tal,
    Wo sanft der Ölbaum nickt, und hoch am Firmamente.
    Das Feuer glüht mir durch das Rückenmark,
    Und hoch schlägt's links mir in der Seite stark;
    Wer so ein Schöpfer werden könnte!

    Oben am Sturz rund um das Felsenbette ist zwischen den hohen Bergen ungefähr eine kleine Stunde im Umkreise eine schöne Ebene, die voll umgehauener Ölbäume und Weinstöcke steht. Ich wollte schon den Päpstlern über das Sakrilegium an der Natur fluchen, als ich hörte, dieses sei im letzten Kriege eine Lagerstätte der Neapolitaner gewesen. Sie schlugen hier anfangs die Franzosen durch den alten Felsenberg hinunter, und ich begreife nicht, wie sie mit gewöhnlicher Besinnung es wagen konnten, sie weiter zu verfolgen. Sie gingen in das Manöver und bezahlten für ihre Kurzsichtigkeit unten sehr teuer. Es ist traurig für die Humanität, daß man sich mit Tigerwut sogar unter den Zweigen des friedlichen Ölbaums schlägt. So sehr ich zuweilen der Härte beschuldigt werde, ein Ölbaum und ein Weizenfeld würde mir immer ein Heiligtum sein; und ich könnte mich gleich zur Kartätsche gegen denjenigen stellen, der beides zerstört. Die Sonne ging unter, als ich den schönen Olivenwald herabkam, und kaum konnte ich unter den Weinstöcken noch einige Veilchen und Hyazinthen pflücken, die dort ohne Pflege blühen.
    Es war zu spät, noch die Reste des Theaters in dem Garten des Bischofs zu sehen, und den andern Morgen wanderte ich nach Narni. Die Gegend von Narni aus an der Nera hinunter ist furchtbar schön. Die Brücke bei Borghetto über die Tiber ist zwar ein sehr braves Stück Arbeit, aber als Monument für drei Päpste immer sehr kleinlich, wenn man sie nur gegen die Reste des alten
ponte rotto
bei Narni über die Nera hält. Das sind doch noch Triumphbogen, die Sinn haben, diese Brücke und der Trajanische bei Ancona. Der schönste ist wohl der Wasserfall des Velino, der oben für die ganze Gegend von Rieti schon über zweitausend Jahre eine Wohltat ist, weil er sie vor Überschwemmung schützt. Ich bekenne, daß ich für zwecklose Pracht, wenn es auch Riesenwerke wären, keine sonderliche Stimmung habe.
    Eine halbe Stunde von Narni läßt man die Nera rechts und der Weg geht links auf der Anhöhe fort, immer noch wild genug, aber doch nicht so grauenvoll wie zwischen Spoleto und Terni. Das Interamner Tal, das man hier bei Narni zuletzt in seiner ganzen Ausdehnung an der Nera hinauf übersieht, stand bei den Alten billig in großem Ansehen und ist noch jetzt bei aller Vernachlässigung der Kultur ein sehr schöner Strich zwischen dem Ciminus und dem Apennin. In Otricoli, einem alten, schmutzigen Orte nicht sehr weit von der Tiber, wo ich gegen Abend ankam, lud man mich gleich vor dem Tore höflich in ein Wirtshaus, und ich trug kein Bedenken, meinen Sack abzuwerfen und mich zu den Leutchen an das Feuer zu pflanzen. Es hatte freilich keine sonderlich gute Miene; aber ich hätte vielleicht Gefahr gelaufen, im Städtchen selbst ein schlechteres oder gar keins zu finden und den Weg zurückzumachen, wo ich dann nicht so willkommen gewesen wäre. Kaum hatte ich einige Minuten ziemlich stumm dort gesessen, als ein ganz gut gekleideter Mann sich neben mich setzte und mir mit einigen allgemeinen teilnehmenden Erkundigungen Rede abzugewinnen suchte. Er war ein starker, heißer Politiker und, wie sehr natürlich, mit der Lage der Dinge und vorzüglich mit den allerneuesten Veränderungen nicht sonderlich zufrieden und meinte weislich, die Sachen könnten so keinen Bestand

Weitere Kostenlose Bücher