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Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Titel: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gottfried Seume
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allerliebst, und ich stieg emsig hinab und trank durstig mit groben Zügen aus der stärksten Quelle, als ob es Hippokrene gewesen wäre. Hier und da standen noch ziemlich hohe Zypressen, die ehemals in der Gegend berühmt gewesen sein sollen. Vorzüglich sah es aus, als ob Athene und Lyäus ihre Geschenke hier in ihrem Heiligtume niedergelegt hätten. Es sollen in den Weinbergen noch einige Trümmer alter Tempel sein, ich suchte sie aber nicht auf. Als ich so dort mich auf dem jungen Rasen sonnte, setzte sich ein stattlich gekleideter Jäger zu mir, lenkte das Gespräch sehr bald auf Politik, zog einige Zeitungsblätter aus der Tasche und wollte nun von mir wissen, wie man nach dem Frieden die endliche Ausgleichung machen würde, und wie besonders der heilige Sitz und die geistlichen Kurfürsten dabei bedacht werden sollten. Daran hatte ich nun mit keiner Silbe gedacht und sagte ihm ganz offenherzig, das überließe ich denen,
quorum interesset
.
    Ich bin nicht gern bei solchen Ausgleichungsprojekten, denn es ist fast immer etwas Empörendes dabei. Ein Beispielchen will ich Dir davon erzählen. Du kannst Dir nichts Anmaßlicheres, Verwegneres, Hohnsprechenderes, Impertinenteres denken als den russischen Nationalgeist, nicht den des Volks, sondern der hoffnungsvollen Sprößlinge der großen Familien, die die nächste Anwartschaft auf Ämter im Zivil und bei der Armee haben. Einer dieser Herren, der nur wenig seinen Kameraden vorging, äußerte in Warschau öffentlich im Vorzimmer, er hoffe wohl noch russischer Gouverneur in Dresden zu werden und zu bleiben. Die Frage war eben, wie man Österreich über die zweite Teilung in Polen zufriedenstellen wolle. Der Neffe des Gesandten, der doch Major bei der Armee und also kein Troßbube war, meinte ganz naiv und unbefangen, da gäbe es noch Kurfürsten und Fürsten genug zu spoliieren. Dein Freund stand bei den Exzellenzen, deren einige durchaus die moralische Antiphrase ihres Titels waren, und kehrte sich trocken weg und sagte: »Das ist wenigstens der richtige Ausdruck. So geht es hier und da.«
    Der Jäger verließ mich nach einem halben Stündchen Kosen, und ich verließ den Klitumnus. In Spoleto ging ich ohne Schwierigkeit gerade durch das Tor hinein, durch welches Hannibal, laut der Nachrichten, nicht gehen konnte. Fast hätte ich nun Ursache gehabt zu bedauern, daß ich das Empfehlungsschreiben des billigen Mannes in Foligno nicht angenommen hatte; denn ich lief in dem Neste wohl eine halbe Stunde herum, ehe ich ein leidliches Gasthaus finden konnte. Endlich führte man mich doch in eins, wo man für den dritten Teil der gestrigen Zeche ebensogut bewirtete. Es ist ein großes, altes, dunkles, häßliches, jämmerliches Loch, das Spoleto; ich möchte lieber Küster Klimm zu Bergen in Norwegen sein als Erzbischof zu Spoleto. Die Leute hier, denen ich ins Auge guckte, sahen alle aus wie das böse Gewissen, und nur mein Wirt mit seiner Familie schien eine Ausnahme zu machen. Deswegen habe ich mich auch keinen Deut um ihre Altertümer bekümmert, deren hier noch eine ziemliche Menge sein sollen. Aber alles ist Trümmer, und Trümmern überhaupt, und zumal in Spoleto, und überdies in so entsetzlichem Nebelwetter, geben eben keine schöne Unterhaltung. Über dem Tore, das man Hannibals Tor nennt, stehen die Worte in Marmor:

    HANNIBAL

    Caesis ad thrasymenum romanis
    infesto agmine urbem romam petens
    ad spoletum magna strage suorum repulsus
    insigne portae nomen fecit.

    So ist die Überschrift. Ich weiß nicht, ob es die Worte des Livius sind; mich deucht, bei diesem lautet es etwas anders. Die Sache hat indes nach den alten Schriftstellern ihre Richtigkeit; nur weiß ich nicht, ob es eben dieses Tor sein möchte, denn wie vielen Veränderungen ist die Stadt nicht seit den Punischen Kriegen unterworfen gewesen! Doch ist es eben das Tor, durch das der Weg von Perugia geht. Der Marmor scheint ziemlich neu zu sein. Jetzt dürfte sich wohl schwerlich ein französisches Bataillon zurückwerfen lassen.
    Ich Idiot glaubte, als ich in Foligno angekommen war, ich sei nun den Apennin durchwandelt, aber das ganze Tal von Klitumnus mit den Städten Foligno und Spoleto liegt in den Bergen. Von Spoleto bis Terni ist der furchtbarste Teil desselben, und hier war ich wieder zu Fuße ganz allein. Den Morgen, als ich Spoleto verließ, sah ich links an dem Felsen noch das alte gotische Schloß, wo sich wackere Kerle vielleicht noch einige Stunden um die Stadt schlagen können, ging vor

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