Special Der Zauberbann
es uns jedenfalls später eine der beiden Hebammen. Aber nicht nur das war damals merkwürdig – es wurde auch eine ungewöhnliche Ansammlung von vielerlei Waldvögeln beim Krankenhaus beobachtet. Laut einiger Augenzeugen flog das Federvieh mehrmals im Kreis über dessen Dach. Aber die eigentliche Krönung eurer Geburt war das mystische Datum. Der 07.07. fiel in jenem Jahr obendrein auf den siebten Wochentag. Ebenso auffällig war die Uhrzeit, morgens pünktlich um sieben. Immer wieder tauchte die Zahl 7 auf. Sogar, wenn man die Ziffern aus dem gesamten Geburtsdatum zusammenzählte, kam beim Addieren der Ergebniszahlen erneut die Endziffer Sieben heraus. Wusstest du das eigentlich?«, fragte die Tante.
»Ja, davon hat mir Mama schon vor längerer Zeit erzählt. Sie interessierte sich für Zahlenmagie und all die esoterischen Dinge. Sie war überzeugt, dass der Zeitpunkt meiner Geburt etwas Besonderes an sich hatte und mein Schicksal nicht alltäglich sein würde.« Sarah senkte traurig den Kopf, dann schluckte sie und fuhr fort. »Den Beweis dafür habe ich ja jetzt. Nun bin ich Vollwaise, habe niemanden mehr, der mich lieb hat und muss selbst sehen, was aus mir wird. Es ist keine Mama mehr da, die mir verständnisvoll zuhört, mich tröstet und liebevoll streichelt, wenn ich Kummer habe. Und es ist auch kein Papa mehr da, der mir Mut macht, meine oftmals komplizierten Fragen beantwortet oder mir mein Fahrrad richtet.« Sie stockte, da ihr schon wieder die Tränen in der Kehle hochkrochen.
»Ich weiß, der Schmerz um deine Eltern ist furchtbar, aber sie haben sich bestimmt gewünscht, dass du dein Leben weiterlebst und glücklich bist«, meinte Tante Betty. »Auch ich bin traurig wegen meines einzigen Bruders, obwohl wir seit Jahren zerstritten waren. Eine Erbschaft hatte den Streit ausgelöst. Es bricht mir fast das Herz, weil ich mich nicht mehr im Guten von ihm verabschieden konnte. Wie gerne hätte ich ihm noch gesagt, dass ich ihn trotz allem geliebt habe. Wir beide müssen nun versuchen, mit dem Verlust unserer Lieben fertig zu werden. Gemeinsam werden wir es irgendwie schaffen.«
Für einen Moment saßen sie still im Auto, dann meinte ihre Tante: »Übrigens, der Junge, der gemeinsam mit dir auf die Welt kam, wohnt noch immer mit seinen Eltern in unserer Stadt. Er wird dir sicherlich früher oder später über den Weg laufen!«
Sarah zuckte ungerührt mit den Schultern. Was interessiert mich schon dieser Junge! Es ist mir doch sowieso alles egal, dachte sie und versank wieder in ihre Gedankenwelt.
»So«, sagte Tante Betty schließlich. »Die halbe Strecke haben wir bereits geschafft. Tamara wird wohl schon auf uns warten!«
Sarah sah nun verdutzt auf. »Tamara! Wer ist das?«
»Jetzt sag´ bloß, du weißt nichts von deiner Cousine?«, wunderte sich ihre Tante und runzelte dabei die Stirn.
»Ach so, meine Cousine! Ja, ich glaube, meine Eltern haben sie mal erwähnt!«
»Tamara ist meine Tochter und nur vier Monate älter als du. Sie war die letzten Tage bei meinem geschiedenen Mann, der sich während meiner Abwesenheit um sie kümmerte. Ich lebe seit einem Jahr allein mit ihr in einem bescheidenen Haus in der Stadtmitte. Unten führe ich einen kleinen Geschenkeladen, der mir viel Freude bereitet. – Mit Tamara wirst du allerdings Geduld haben müssen, bis sie sich an dich gewöhnt hat. Sie ist leider ein sehr schwieriges Kind und kann ziemlich hitzköpfig sein.«
Das darf doch nicht wahr sein! Jetzt auch noch eine verrückte Cousine!, dachte Sarah. Ihr war nicht mehr nach einer Unterhaltung zumute, und so herrschte wieder eine ganze Weile Stille im Auto.
Allmählich änderte sich die Landschaft. Hügel, Berge und tiefe Wälder beherrschten die Gegend. All das Grün mit den weiß-braun gefleckten Kühen auf weiten Wiesen gab ein geradezu malerisches Bild ab.
Plötzlich trat Tante Betty so auf die Bremse, dass die Reifen quietschten. Wäre Sarah nicht angeschnallt gewesen, wäre sie mit der Stirn an die Windschutzscheibe geknallt. Beinahe hätte ihre Tante ein junges Schaf überfahren. Es war von seiner Herde abgekommen und ihr direkt vor das Auto gelaufen. Da das Fahrzeug ohnehin stillstand, überquerten nun auch die übrigen Schafe mit ihrem Schäfer gemütlich die Straße.
»Verflixt! Das ist aber jetzt gerade noch mal gut gegangen«, schimpfte Tante Betty. »Nun bin ich diese Strecke schon unzählige Male gefahren, und ausgerechnet jetzt muss mir so etwas passieren.«
Für Sarah waren die
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