Spekulation in Bonn
Johann Wanitzky gefahrenen Kfz feststellen. Fahrzeugtyp: Großer BMW der 700er Reihe. Fahndung nach dem Fahrzeug kann erforderlich werden. – Ende!«
Freiberg wußte, daß über »Zevis«, so hieß das Zentrale Verkehrs-Informationssystem im Computerjargon, in wenigen Sekunden die Daten des Zentralregisters in Flensburg für die Fahndung verfügbar sein würden.
Es waren nur knapp zwei Kilometer bis zum Ziel; doch sie erschienen endlos. Bonns Nord-Süd-Achse erstickte wieder einmal im Blech. Ahrens mußte sich langsam im Verkehrsstrom mittreiben lassen. Endlich ragte links die Silhouette des Hochhauskomplexes vor dem Kamm des Venusbergs in den Himmel. Ahrens fuhr auf den Parkplatz. Hier standen mehrere schwarze Limousinen mit CD- und CC-Schildern; sie deuteten an, daß die Verbindung von Politik und Kapital vorzüglich funktionierte.
Der Kommissar ließ Ahrens seitlich neben dem Eingang halten.
»Bleib im Wagen. Wir brauchen ständigen Kontakt zu CEBI und zum ›Dohlenhaus‹. – Ich hoffe, daß Wanitzky inzwischen in seinem Büro eingetroffen ist. Sonst warten wir, bis er kommt.
Ich gebe dir sofort Nachricht.«
In der Loge der Office-Halle saß ein anderer Pförtner als beim ersten Besuch; auch er las Zeitung. Auf die Frage, ob Wanitzky im Hause sei, kam die brummelige Antwort: »Weiß ich doch nicht, dieser Mann kommt hier nicht durch. Der nimmt den direkten Aufzug von der Tiefgarage.«
Freiberg stand wieder vor den Messingschildern – immer noch auf Hochglanz poliert: Koordinata-Bonn – 13. Etage.
Er wartete, daß der energische Druck auf den Knopf endlich Wirkung zeigte. Nach langen Sekunden entließ der herabgekommene Aufzug eine Gruppe schnatternder Exoten; alle im dunkelblauen Zweireiher mit weißem Hemd und roter Krawatte.
Freiberg sprang in den frei gewordenen Käfig. In einem Zuge ging’s hinauf bis zur Dreizehnten.
Hier oben schien das Chaos ausgebrochen zu sein. Die Tür zu dem von Ilka Ritter beherrschten Vorzimmer stand weit offen. Sie saß völlig aufgelöst am Schreibtisch und redete auf Kai Fischbach und Martha Nikols ein. Ihre Stimme klang verzweifelt und ängstlich. »… aber was sollte ich denn anderes tun, wenn der hier anruft.«
»Ich hätte es genauso gemacht«, sagte Kai Fischbach beruhigend.
»Du konntest gar nichts anderes tun«, tröstete auch Martha Nikols.
»Was ist denn los?« versuchte sich der älteste der Anwesenden Gehör zu verschaffen. »Es können doch nicht alle gleichzeitig reden. – Berichten Sie bitte, Frau Ritter!«
Martha Nikols hatte den Kommissar erblickt und rief, für alle zu verstehen: »Die Kriminalpolizei ist da!«
Der ältere Herr mit dem straff gescheitelten Haar drehte sich um. »Gott sei Dank! Dann werden Sie uns endlich sagen, worum es geht.« Er deutete ein Kopfnicken an: »Sendenstein – Vorstandssprecher.«
Der Kommissar nannte seinen Namen und fügte sehr deutlich hinzu: »Mordkommission.«
Schlagartig herrschte Stille im Raum.
Arno von Sendenstein war konsterniert. »Mordkommission? Würden Sie mir bitte erklären, was hier gespielt wird?«
»Später«, sagte Freiberg und schob sich zwischen Fischbach und Martha Nikols hindurch bis zum Schreibtisch. »Frau Ritter! Erzählen Sie mir bitte sofort, was passiert ist.« Der Kommissar sah in die Runde. »Ich will jetzt keine Zwischenfragen hören, ist das klar? Bitte, Frau Ritter…«
Sie versuchte, tief Luft zu holen. »Also, da war ein Anruf vom ›Dohlenhaus‹.«
»Wann?«
»Vor einer Viertelstunde etwa.«
»Und?«
»Dort ist geschossen worden. Zwei Freunde von Herrn Wanitzky sind aus Brüssel gekommen. Als sie im Haus waren, hat sich ein Dieb an ihrem Wagen zu schaffen gemacht. Basil wollte ihn verfolgen, und da hat… da hat der Einbrecher sofort geschossen. Küken hat seinen verletzten Freund ins Haus geschleppt und danach hier angerufen. Er hat nach einem Arzt verlangt. Ich habe sofort eins-eins-zwei angerufen und einen Notarzt zum ›Dohlenhaus‹ geschickt.«
Freiberg nickte zustimmend. »Gut – sind Ihnen die Männer bekannt?«
»Ja, aber nicht näher. Das sind Geschäftsfreunde von Herrn Wanitzky aus Brüssel. Ich kenne sie nur als Basil und Küken.«
»Wo ist Herr Wanitzky?«
»Auf dem Weg hierher von Düsseldorf. Aber…« Ilka Ritter verstummte.
Freiberg drängte: »Und… weiter?«
Ihr Blick wanderte ziellos durch den Raum. Sie schüttelte den Kopf, bevor sie kaum verständlich sagte: »Der hat… der hat mich fürchterlich angeschrien.«
Freiberg beugte sich
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