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Spekulation in Bonn

Titel: Spekulation in Bonn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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krampfte sich um die unverhoffte Beute. Vorsichtig zog er sich hinter den Wagen zurück. Doch es gelang ihm nicht mehr, die Kofferraumklappe herunterzudrücken.
    Der Vierschrötige kam langsam mit leicht unrhythmischen Schritten den Plattenweg herauf und ging zum großen Eingangstor. Bedächtig nahm er ein Schlüsselbund aus der Tasche und schloß ab.
    Geduckt hinter dem Fahrzeug beobachtete Peters jede Bewegung des Mannes. Der ging ohne Hast zum Haus zurück. Plötzlich drehte er den Kopf nach links; er mußte wahrgenommen haben, daß die Kofferraumhaube hochgeklappt war. Nun verhielt er den Schritt und kam – immer noch langsam – auf den Wagen zu.
    Jetzt wurde es brenzlig. Es konnte nur noch Sekunden dauern, bis der Mann die an die Mauer gelehnte Leiter in Zusammenhang mit dem offenen Kofferraum brachte.
    Noch lag das Moment der Überraschung bei Peters. Er sprang auf und war mit einigen Schritten an der Leiter. Beim ersten Auftritt brach eine Sprosse weg. Mit beiden Händen umklammerte er die Holme; Splitter drangen ihm unter die Haut. Jetzt war er wehrlos. Trotz des erneut auftretenden Schmerzes im Unterleib zog er sich hoch und erreichte die Mauerkante. Seinen Fund hatte er zwischen die Zähne genommen. Mit der linken Hand griff er danach und warf ihn über die Mauer. Dort würde man die Hülle finden, wenn es ihn erwischen sollte.
    Der Mann auf dem Hof setzte zum Spurt an und zog dabei einen Revolver. Peters wußte, daß es nur noch eine Chance gab zu entkommen; es mußte ihm gelingen, die Leiter über die Mauer zu bringen. Er sprang auf den Holzstapel und beugte sich noch einmal vor, um sie hochzuziehen. Ein Schuß peitschte auf. Neben seiner Hand zersplitterte das Holz. Er duckte sich; der zweite Schuß zischte dicht an seinem Kopf vorbei. In den nächsten Sekunden mußte der Verfolger über der Mauerkante auftauchen.
    Peters ergriff einen kurzen Holzstamm und warf ihn nach links hangabwärts. Es hörte sich an, als ob jemand durch die Büsche flüchtete. In diesem Augenblick sprang er in die entgegengesetzte Richtung vom Holzstapel ab. Doch es gab keine Deckung und keinen Sichtschutz – nur dünnes Buschwerk; zehn Meter entfernt die ersten Bäume.
    Noch einige Schritte; Peters verhielt und drehte sich blitzschnell um. Ebenso schnell hatte er die entsicherte Sig-Sauer im Anschlag. Das war der Moment, den er sich oft ausgemalt hatte: du oder ich! Er stand wie gelähmt. Ihm war klar, daß er gleich schießen und einen Menschen treffen mußte, wenn er selbst davonkommen wollte.
    Die über die Mauer ragenden Holme der Leiter bebten. Der Verfolger kam herauf geklettert, den kurzläufigen Revolver in der vorgestreckten Hand. Er sah nach links – und sofort nach rechts. Die Waffe schwenkte mit. In Sekundenbruchteilen nahm Peters wahr, daß er entdeckt war. Er zielte, schoß – und traf.
    Mit einem Aufschrei riß der Mann die Hände hoch und stürzte von der Leiter auf den Hof zurück. Sein Revolver fiel auf den Holzstapel.
     
     
    Lupus saß allein im Wagen. Er war entspannt und summte Melodien von Rhein und Wein. Über den Info-Geber hatte er per Knopfdruck dem Elektronengehirn von CEBI seinen Einsatz gemeldet; widerwillig zwar, aber korrekt. Die Strecke vom Präsidium zum Schafberg führte »über die Dörfer«. Sie betrug mehr als das Doppelte der Luftlinie und war ohne Blaulicht und Musik kaum in weniger als einer halben Stunde zu schaffen. Der Venusberg mußte umfahren werden.
    Am Bundeskanzlerplatz wie üblich Kolonnen im Schritttempo. Dann in Poppeisdorf runter von der Reuterstraße und mit einem Hakenschlag für Kenner über den Jagdweg zum Clemens-August-Platz in Richtung Ippendorf.
    Im Funknetz herrschte ungewöhnliche Ruhe. Lupus hatte bisher nur einige Anfragen zu Kraftfahrzeugkennzeichen gehört. Für einen Baustellenunfall auf der anderen Rheinseite in Oberkassel waren Notarzt und Feuerwehr angefordert worden. Das war alles. Die diensttuenden Beamten in der Leitstelle sahen sicherlich auf einem der Monitore das Fernsehprogramm, vielleicht »Die Sendung mit der Maus«; oder sie saßen besonders stramm und diensteifrig vor den Geräten, weil einer hochrangigen Besuchergruppe das Millionen-Wunderding CEBI vorgeführt wurde.
    Als Lupus in Höhe des Melbbades angekommen war, fand die Idylle ihr Ende; sein Gesang verstummte. Wie elektrisiert verfolgte er die Meldung des Streifenwagens vom Höhenweg an die Einsatzleitstelle. »… Kriminalhauptmeister Peters meldet Schußwechsel am ›Dohlenhaus‹

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