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Spekulation mit dem Tode Kommissar Morry

Spekulation mit dem Tode Kommissar Morry

Titel: Spekulation mit dem Tode Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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verhärtete sich der Sinn der Betreffenden. Meistens begannen sie nach einer gewissen Zeit zu sprechen. Wahrscheinlich wäre Morry auch ein guter Anwalt geworden. Man vertraute sich ihm gern an. Wenn er redete, fühlte man sich irgendwie geborgen.
     
    *
     
    Donnerstag, 5. August, 10.32 Uhr. Kommissar Morry setzte sich aufrecht und legte das Lineal aus der Hand, um die Sprechtaste zu betätigen. „Der Mann soll hereinkommen. Wenn er unbedingt will, dann soll er es tun."
    Bevor sich die Tür öffnete, hatte Morry sich nochmals von der Existenz der kühlen Waffe in seiner Schublade vergewissert. Schnell hatte er die Lade wieder zugeschoben. In der Tür standen plötzlich zwei kuriose Wesen, kurios in ihrer Zweisamkeit. Man fühlte sofort, daß Mensch und Tier sich lieben mußten, sie schienen miteinander sehr vertraut zu sein. Der Kommissar ließ sich seine Überraschung nicht anmerken. Dort stand ein winziger Mensch mit langem Haar, wie kein Mensch es heutzutage mehr trägt. Das Haar war strohgelb, aber offenbar echt.
    Morry hatte noch nie einen Menschen gesehen, der so eigenartig und originell aussah. Er überlegte, ob augenblicklich ein Zirkus in der Stadt wäre, er konnte sich jedoch nicht besinnen, irgendein Zirkus-Plakat gesehen zu haben. Der Mann erinnerte ihn tatsächlich an einen Zirkusclown. Dieser Eindruck verstärkte sich noch, als ihn der Mann aus großen melancholischen Augen anblickte. Sein Begleiter, ein mächtiger, zottiger Wolfshund, reichte ihm bis nahe an die Schultern.
    „Entschuldigung", murmelte der Kleine. „Ich wollte nicht stören — es ist aber etwas sehr Wichtiges, was mich zu Ihnen führt, Herr Kommissar."
    „Wir sind froh, wenn wir gestört werden", antwortete der Kommissar mit Wärme in der Stimme. „Meistens kommen die Leute nicht wegen einer Bagatelle zu uns. Sie bringen uns also Arbeit, wichtige Arbeit, nicht wahr?"
    „Sie sind ein Idealist!" Die großen Augen leuchteten plötzlich.
    „Kommen wir zur Sache", sagte Morry schärfer, als er beabsichtigt hatte. Der Hund ließ ein leises Knurren hören, wobei sich zur geichen Zeit seine Nackenhaare sträubten. Der Kleine folgte der Handbewegung des Kommissars und setzte sich auf einen Stuhl. Seine zu kurzen Beine schlenkerten ein paarmal hin und her, sie reichten nicht zum Boden hinunter. Der Hund setzte sich an seiner rechten Seite nieder und sah aufmerksam auf den Mann hinter dem großen Schreibtisch.
    „Ich heiße Roosevelt, Herr Inspektor, und mein Hund hört auf den Namen Präsident."
    Kommissar Morry konnte ein Lächeln nicht ganz verkneifen, aber der Kleine schien es nicht zu bemerken.
    „Darf ich rauchen?" fragte er verlegen.
    Morry nickte und schob einen Aschenbecher über den Tisch, so daß er an der äußersten Kante stand. Da erhob sich der Wolfshund und nahm zum Erstaunen des Polizisten behutsam den Aschenbecher ins Maul, um ihn seinem Herrn zu bringen. Irgendeine Aufforderung oder ein Zeichen des Kleinen hatte der Kommissar nicht wahrgenommen. Roosevelt zog eine billige Zigarre aus der Brusttasche und begann zu rauchen. Morry verbarg seine leise Ungeduld hinter einem freundlichen Gesicht.  
    „Präsident fand heute vor ungefähr zwei Stunden etwas ganz Schreckliches. Er fand..." Roosevelt wurde unterbrochen. Einer von den drei Telefonapparaten klingelte schrill. Morry nahm den Hörer ab. Eine Weile verging. Aus seinen Zügen konnte man nicht lesen, was er hörte.
    Während er sprach, wurde er von zwei dunklen Augenpaaren beobachtet. Seine Linke trommelte leise auf der Glasplatte des Schreibtisches, ein Geräusch, das das Mißtrauen des zottigen Gesellen erregte. Der Hund wurde unruhig. Als ihm der Kleine die Kinderhand um die Schnauze legte, wurde er still.
    „Kommen Sie unverzüglich ins Hauptquartier, Simon", sagte der Kommissar in die Muschel. „Holen Sie sich den Haftbefehl. Fertig ist er sdion eine ganze Weile. Ich brauche nur noch das Datum einzusetzen. Ende." Morry legte den Hörer auf und wandte sich wieder seinem Besucher zu. „Also, was fand Ihr Präsident vor zwei Stunden, Herr Roosevelt?"
    Haftbefehl, dachte Roosevelt noch immer. Bei diesem Wort war er zusammengezuckt. Es hatte einen schrecklichen Klang für ihn. Er wäre froh, wenn er wieder gehen konnte. Mit der Polizei wollte er am liebsten nichts zu tun haben.
    Die Sache, die er heute vorzubringen hatte, war jedoch so wichtig, daß er es für seine Pflicht gehalten hatte, das Morddezernat von Scotland Yard aufzusuchen. Und dann erzählte er, was

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