Spiegelschatten (German Edition)
Maxim verliebt hatte. Anfang zwanzig und von Haus aus reich. Auf so was fuhr Maxim ab.
Björn hasste es, dass Maxim so war. Dass er nicht nur Schönheit besaß, sondern es auch wusste. Dass er alles einsetzte, sein Gesicht, seinen Körper, seinen Charme, seine Intelligenz. Er warf es gnadenlos in die Waagschale, wo immer es ihm von Nutzen war.
Und keiner konnte sich seiner Ausstrahlung entziehen.
Eigentlich hatte Björn also jeden Grund, Griet zu verstehen. Ihr erging es mit Maxim doch nicht anders, als es ihm selbst ergangen war. Sie hatte ihn gesehen und war ihm verfallen.
Dennoch gelang es ihm nicht, ihr freundliche Gefühle entgegenzubringen.
Griet war Niederländerin. In Roermond aufgewachsen, nah der deutschen Grenze, sprach sie perfekt Deutsch mit einem hinreißenden kleinen Akzent. Selbst in Björn war anfangs etwas geschmolzen, wenn er sie hatte reden hören.
Sie entwarf und fertigte Schmuck und hatte für Maxim ihren Freund verlassen, der ebenfalls als Goldschmied arbeitete. Aufs Geldverdienen war sie nicht angewiesen, weil ihr Vater ihr jeden Monat eine großzügige Summe überwies. Außerdem hatte er ihr eine Wohnung geschenkt, sodass sie keine finanziellen Probleme kannte.
Ganz im Gegenteil. Griet und Luxus waren zwei Begriffe für ein und dasselbe.
Für das, was Maxim magisch anzog.
Was ihn mehr als alles sonst faszinierte.
Doch Griet war nicht nur reich. Sie besaß eine ganz ungewöhnliche Art von Schönheit, war knabenhaft schlank, trug das schulterlange blonde Haar streng nach hinten gefasst und schminkte sich auf eine Weise, die einen an Greta Garbo denken ließ und an andere berühmte weibliche Stummfilmstars.
Es waren vor allem ihre Augen, die einen festhielten: groß und von einem dunklen, fast violetten Blau, schwarz umrandet, sodass es wirkte, als schaute sie einen aus tiefen Augenhöhlen an. Ihre Haut war blass und schimmerte wie Porzellan, und ihre Lippen waren in einem zurückhaltenden Pastellton geschminkt, niemals rot.
Zuerst tauchte Maxim bei jeder Ausstellung auf, zu der auch Griet erwartet wurde, und er war Gast auf jedem ihrer Feste. Dann trafen sie sich zu zweit in irgendwelchen Cafés. Und schließlich kam sie zu ihm in die Wohnung.
Immer häufiger verhielt Maxim sich Björn gegenüber sonderbar. Immer öfter beendete er abrupt ein Telefongespräch. Und manchmal meinte Björn im Hintergrund Stimmen zu hören, obwohl Maxim behauptete, allein zu sein.
Björn machte kein Drama daraus. Er wollte nicht dastehen wie ein eifersüchtiger Idiot. Und nichts lag ihm ferner, als Maxim hinterherzuspionieren. Dennoch festigte sich der Verdacht in seinem Kopf:
Dass Maxim ihn betrog.
Björn rief zu unterschiedlichen Zeiten bei ihm an.
Horchte.
Interpretierte Maxims Tonfall, seine Worte.
Dann, eines Tages, ging Griet ans Telefon.
Maxim suchte nicht nach Ausflüchten. Er gab es offen zu. Doch das war nicht das Schlimmste.
Er behauptete, nicht schwul zu sein.
» Ich bin allenfalls bi«, sagte er.
Allenfalls? Was sollte das heißen, allenfalls? Und warum sagte er das so, als wollte er Björn unterstellen, ihn zum Schwulsein verführt, ihn herausgerissen zu haben aus einem heterosexuellen Leben, das ihn hätte glücklich machen können?
» Willst du, dass wir uns… trennen?«, hatte Björn ihn gefragt, während sein Herz gegen seine Rippen hämmerte, als wollte es den Brustkorb sprengen.
Es war heraus, das Wort, das er von allen Wörtern am meisten fürchtete. Das Wort, das Abschied bedeutete und unendlichen Schmerz. Das ihn allein bei der Vorstellung zerriss.
Ungläubig starrte Maxim ihn an. Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Hob die Hände und ließ sie wieder sinken. Dann zog er Björn an sich.
» Verlass mich nicht«, murmelte er, und Björn spürte seinen erschrockenen Atem am Hals. » Verlass mich nie.«
Die Erleichterung war so gewaltig, dass sie wehtat.
» Schwör es, Liebster. Schwör.«
Plötzlich war die Luft so klar, so leicht, das Licht der Sonne so sanft und leuchtend, der Duft von Maxims Haar so schmerzhaft vertraut, seine Berührung so elektrisierend, dass Björn einen kostbaren Moment lang davon überzeugt war, nichts würde an ihrer Liebe jemals etwas ändern können.
Doch Griet ließ Maxim nicht los.
Es folgten qualvolle Wochen, in denen Björn, durch sein Studium an Bonn gebunden, ihr das Feld überlassen musste. Und Griet nutzte die Zeit klug. Maxim rief kaum noch an. Wenn Björn ihn mal erreichte, warf Maxim ihm einsilbige, unwirsche Antwor
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