Spiel Der Sehnsucht
witzig sei, Madam? Ich hatte immer geglaubt, es sei mein Gehorsam, den Sie wünschen, und meine Dankbarkeit, und mein Wille, ja mein ganzes Wesen. Und nun wollen Sie nur meinen Witz.
Wenn ich mich bemühe, witzig zu sein, würden Sie sich dann auf Ihren Landsitz zurückziehen und mich in Frieden lassen?«
Lady Antonia starrte in Ivans Augen, die so beunruhigend ihren eigenen glichen. »Wenn dieser Witz mit guten Manieren und besseren Absichten einhergeht, ja, dann werde ich mich gerne aus deinem Leben zurückziehen.«
»Habe ich mich heute abend nicht vorzüglich benommen? Ich habe die Matronen bezaubert und mit ihren Töchtern getanzt.«
»Und beabsichtigst du, eine dieser Töchter zu heiraten?« fragte Antonia ihn geradeheraus.
Er erwiderte ihren Blick, und sie konnte darin nicht nur seine tiefe Abneigung ihr gegenüber erkennen, sondern noch etwas anderes. War es Triumph? Nein, das konnte nicht sein.
Ivan zuckte die Schultern. »Ich habe vor, eine von ihnen zu heiraten - falls ich eine finde, die mir zusagt.«
»Heißt das, daß du die Saison in der Stadt verbringen wirst?« fragte seine Großmutter gespannt und hoffte auf eine bejahende Antwort. In der Tat lief ihr die Zeit davon.
Sie wollte ihn verheiratet und als Vater eines Erben sehen, ehe sie starb.
Ivan lächelte, und dieses Lächeln war keineswegs beruhigend. »Um nichts in der Welt würde ich diese Saison verpassen wollen.«
Kaum eine Stunde später unterhielten sie sich wieder, diesmal jedoch weit weniger formell. Sie waren separat nach Westcott House zurückgekehrt, und Ivan hatte seine Großmutter in dem riesigen Wohnraum zur Rede gestellt.
»Noch bin ich die Gräfinwitwe«, gab sie auf seine Anrede zurück, »du wirst es nicht wagen, mich aus meinem eigenen Haus zu werfen!«
Ivan blickte Lady Antonia gleichmütig an. Innerlich jedoch glühte er vor Wut. Wenn sie beabsichtigte, mit ihm unter einem Dach zu leben, so hatte sie sich gründlich getäuscht. Sollte sie sich in dem Glauben wiegen, ihr Leben würde weiterhin so einfach verlaufen wie bisher, so war sie schlichtweg eine Närrin.
Ivan schenkte ihr ein dünnes Lächeln. »Soweit ich weiß, bin ich der Erbe des Titels und daher auch der Besitzer dieses widerlichen Steinhaufens. Ich, nicht Sie.
Der Familienbesitz gehört jetzt mir, und ich bin es, der alle Entscheidungen darüber trifft.«
Er wußte, daß sie das zum Schweigen bringen würde, denn die Verfügung über den Westcott-Titel und die dazugehörigen Güter war alles, was dieser kaltherzigen alten Frau etwas bedeutete. So tief sie Ivan auch verachtete, den Familienzweig ihres Schwagers verachtete sie noch tiefer. Solange Ivan keinen Sohn gezeugt hatte, blieb die Gefahr bestehen, daß einer ihrer schwachköpfigen Neffen den Besitz erbte oder daß Ivan ihn einem seiner Vettern übertrug. Diesen Gedanken konnte sie nicht ertragen. Noch weniger konnte sie die Tatsache ertragen, daß sie keine Macht mehr über Ivan besaß und demzu-folge auch nicht mehr über den großen Familienbesitz gebot. Zwanzig Jahre hatte Ivan gewartet, um seine Großmutter seinem Willen zu unterwerfen.
Er verzog grimmig die Lippen, als er sah, wie sie ihren Zorn hinunterschluckte. Welch eine Ironie des Schicksals, daß er durch seine Heirat oder Nichtheirat Macht über ihr Leben besaß. Obwohl sein Vater sich an jede erreich-bare Frau - außer seiner eigenen - herangemacht hatte, schien er doch nur ein einziges Kind gezeugt zu haben.
Im Gegensatz zu seinem Vater hatte Ivan die feste Absicht, mit seiner Gunst sehr haushälterisch umzugehen, damit er sicherstellen konnte, keinen Erben zu hinterlassen, zumindest nicht, solange sie nicht unter der Erde war.
Trotzdem war ihm klar, daß er die alte Frau nicht völlig zum Schweigen bringen konnte. Wäre sie nicht so durch und durch berechnend, er hätte ihre Zähigkeit durchaus bewundern können. Sie hatte sowohl ihren Mann als auch ihren Sohn überlebt. Ihn, Ivan, jedoch würde sie keinesfalls überleben. Er würde letzten Endes über seine Großmutter triumphieren, und sei es nur dadurch, daß er ihrem Begräbnis beiwohnte.
»Westcott House ist wirklich groß genug für uns beide«, stellte Antonia in einem für sie versöhnlichen Ton fest.
»Ich halte mich zumeist in meinen eigenen Gemächern auf, die sich zudem im anderen Flügel befinden.«
»Sie werden sich im Landhaus wesentlich wohler fühlen«, unterbrach Ivan sie. »Ich lege nicht den geringsten Wert auf Ihre Anwesenheit, solange ich mich in der
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