Spin
der Empfangshalle gab es sehr viel Granit und glänzende Fliesen. Und weiteres Wachpersonal, das aber zu formvollendeter Höflichkeit ausgebildet war. »Ich bin wirklich froh, dass du hier bist«, sagte Jason. »Ich habe zwar eigentlich keine Zeit, aber ich will dich herumführen. Wir machen den Schnelldurchgang. Ich hab Leute von Boeing im Konferenzraum sitzen. Einen aus Torrance und einen von der IDS-Gruppe in St. Louis. Xenon-Ion-Nachrüstungen, sind sie sehr stolz drauf, haben sie noch ein bisschen mehr Durchlauf rausgepresst, als würde es darauf wirklich ankommen. Wir brauchen keine Finesse, sag ich ihnen, wir brauchen Verlässlichkeit, Einfachheit…«
»Jason.«
»Sie…ja, was?«
»Hol mal Luft zwischendurch.«
Er warf mir einen verärgerten Blick zu. Dann gab er nach, lachte laut. »Tut mir Leid. Es ist nur, es ist wie… weißt du noch, als wir Kinder waren? Jedes Mal wenn jemand ein neues Spielzeug hatte, musste er damit angeben?«
Für gewöhnlich war es Jase gewesen, der die neuen Spielzeuge hatte, oder jedenfalls die teuren. Aber ja, sagte ich, ich könne mich noch gut erinnern.
»Tja, es wäre sicher leichtfertig, es jemand anderem auf diese Weise zu beschreiben, aber was wir hier haben, Tyler, das ist die größte Spielzeugkiste der Welt. Lass mich damit angeben, okay? Danach kannst du dich erst einmal einrichten. Wir lassen dir ein bisschen Zeit, dich an das Klima zu gewöhnen.«
Also folgte ich ihm durch das Erdgeschoss aller drei Flügel, bewunderte brav die Konferenzräume und Büros, die riesigen Labore und technischen Werkstätten, in denen Prototypen konzipiert oder Aufgaben definiert wurden, bevor man Pläne und Zielvorgaben an die Leute mit dem großen Geld weitergab. Alles sehr interessant. Alles sehr verwirrend. Schließlich landeten wir in der Ambulanz, wo ich mit Dr. Koenig bekannt gemacht wurde, dem scheidenden Arzt, der mir ohne Begeisterung die Hand schüttelte und sich dann mit einem über die Schulter gesprochenen »Viel Glück, Dr. Dupree« davonmachte.
Unterdessen hatte sich Jasons Pager so oft gemeldet, dass er ihn nicht länger ignorieren konnte. »Die Boeing-Leute«, sagte er. »Man muss ihre PPUs bewundern, ohne die wären sie bestimmt längst trübsinnig geworden. Findest du allein zur Rezeption zurück? Sally wartet dort auf dich, meine persönliche Assistentin, sie wird dir ein Zimmer besorgen. Wir können uns später noch unterhalten. Tyler, es ist wirklich schön, dich wiederzusehen!«
Noch ein Händeschütteln, seltsam kraftlos, und dann eilte er davon, immer noch mit der Neigung nach links, sodass ich mich nicht mehr fragte, ob er krank war, sondern wie krank er war und wie viel schlimmer es noch werden würde.
Auf Jasons Wort war Verlass. Nach weniger als einer Woche zog ich in ein kleines möbliertes Haus ein, das so zerbrechlich gebaut war, wie es hier in Florida üblich schien: nur Bretter und Latten, die Wände hauptsächlich Fensterfronten. Aber bestimmt war es teuer gewesen – die obere Veranda blickte über einen langen Abhang, vorbei an einem Gewerbegebiet, aufs Meer.
Während dieser Woche wurde ich bei drei Gelegenheiten von dem wortkargen Dr. Koenig eingewiesen, der offensichtlich bei Perihelion nicht glücklich geworden war, mir seine Praxis aber sehr gravitätisch übergab, indem er mir die Krankenakten und seinen Assistentenstab nachdrücklich ans Herz legte. Am Montag empfing ich dann meinen ersten Patienten, einen jungen Metallurgen, der sich bei einem betriebsinternen Football-Spiel auf dem Südrasen den Knöchel verdreht hatte. Die Klinik war offenkundig »übertechnisiert«, wie Jason sich vielleicht ausgedrückt hätte, für die vergleichsweise triviale Arbeit, die hier verrichtet wurde. Aber Jason erklärte, er rechne mit Zeiten, in denen es schwierig werden könnte, »dort draußen« medizinische Versorgung zu erhalten.
Ich begann mich einzugewöhnen. Ich schrieb Rezepte aus oder verlängerte sie, gab Aspirin aus, sah die Krankenakten durch. Ich tauschte höfliche Floskeln mit Molly Seagram, meiner Empfangsdame, der ich (wie sie sagte) sehr viel besser gefiel als Dr. Koenig.
Abends ging ich nach Hause und sah zu, wie Blitze aus Wolken zuckten, die sich vor der Küste aufgebaut hatten wie riesige elektrifizierte Klipper.
Und ich wartete auf einen Besuch von Jason, doch der blieb aus, fast einen Monat lang. Dann, an einem Freitagabend nach Sonnenuntergang, stand er unangekündigt vor der Tür, in Freizeitkleidung (Jeans, T-Shirt),
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