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Spin

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Titel: Spin Kostenlos Bücher Online Lesen
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beschäftigen, einen Bogen Papier und ein paar Stifte gegeben.
    Er schien erleichtert, uns zu sehen. Er sei ein bisschen besorgt wegen der Überfahrt, sagte er. Er rückte seine Brille zurecht – leicht zusammenzuckend, als sein Daumen die wunde Stelle berührte, die Jalas Schlag auf seiner Wange hinterlassen hatte – und fragte mich, wie das vor sich gehen würde.
    »Ich weiß es nicht. Ich habe die Fahrt noch nie gemacht.«
    »Werden wir es merken, wenn es soweit ist?«
    »Von der Crew habe ich gehört, dass der Himmel dann ein bisschen seltsam wird. Und in dem Moment, wo die Querung stattfindet, wenn wir uns genau zwischen der alten und der neuen Welt befinden, springt die Kompassnadel um, von Nord auf Süd. Und auf der Brücke lassen sie die Schiffshupe ertönen. Du wirst es nicht verpassen.«
    »Eine weite Reise. In kurzer Zeit.«
    Wie wahr. Der Bogen – jedenfalls unsere »Seite« – war, bevor er sich aus dem Orbit herabgesenkt hatte, quer durch den interstellaren Raum herbeigeschafft worden, vermutlich in einer Geschwindigkeit, die unter der des Lichts lag. Doch die Hypothetischen hatten Äonen von Spinzeit zur Verfügung gehabt, um den Transport über die Bühne zu bringen. Womöglich hätten sie jede Entfernung bis zu drei Milliarden Lichtjahren überbrücken können, und schon ein winziger Bruchteil dessen befand sich jenseits von allem, was unsere Sinne erfassen konnten.
    »Da fragt man sich doch«, sagte Diane, »warum sie sich die ganze Mühe gemacht haben.«
    »Nun, Jason zufolge…«
    »Ich weiß. Die Hypothetischen wollen uns vor dem Aussterben bewahren, damit wir uns zu etwas Komplexerem entwickeln können. Aber warum wollen sie das? Was erwarten sie von uns?«
    En ignorierte unseren theoretischen Exkurs. »Und wenn wir dann übergesetzt haben…«
    »Dann«, sagte ich, »ist es noch eine Tagesreise bis Port Magellan.«
    Diese Auskunft zauberte ihm ein Lächeln ins Gesicht.
    Ich wechselte einen Blick mit Diane. Sie hatte sich En vor zwei Tagen vorgestellt, und inzwischen waren die beiden bereits befreundet. Sie hatte ihm aus einem in der Schiffsbibliothek gefundenen Buch mit englischen Kindergeschichten vorgelesen. Und sie hatte Housman für ihn zitiert: Das Kind hat gar nicht wahrgenommen… »Das gefallt mir nicht«, hatte En gesagt.
    Er zeigte uns seine Zeichnung: Bilder von Tieren, die er in Videofilmen aus der Ebene von Äquatoria gesehen haben musste, langhalsige Geschöpfe mit nachdenklichen Augen und tigergestreiftem Fell.
    »Sie sind wunderschön«, sagte Diane.
    En nickte feierlich. Wir überließen ihn seiner Arbeit und gingen wieder aufs Deck.
     
    Der Nachthimmel war klar, und der Scheitel des Bogens jetzt genau über uns. Ein letztes Schimmern des Lichts reflektierend, wies er aus diesem Blickwinkel nicht die geringste Krümmung auf, sondern stellte eine reine euklidische Gerade dar, eine elementare Zahl [1] oder einen Buchstaben [I].
    Wir standen an der Reling, so nahe zum Bug des Schiffes hin, wie es uns möglich war. Der Wind zerrte an unserer Kleidung, unseren Haaren. Die Schiffsflaggen knatterten, das Meer warf zerklüftete Spiegelbilder der Positionslampen zurück.
    »Hast du sie?«, fragte Diane.
    Sie meinte die winzige Phiole, die einen Teil von Jasons Asche enthielt. Wir hatten diese Zeremonie – wenn man es denn so nennen konnte – geplant, lange bevor wir Montreal verlassen hatten. Jason hatte sich nie viel aus Gedenkaktionen gemacht, aber ich glaube, diese hätte er gutgeheißen. »Hier.« Ich zog das Keramikröhrchen aus meiner Tasche.
    »Er fehlt mir. Er fehlt mir immerzu.« Sie schmiegte sich an meine Schulter, und ich legte meinen Arm um sie. »Ich wünschte, ich hätte ihn als Vierten erlebt. Doch ich glaube nicht, dass es ihn sehr verändert hat.«
    »Nein, gar nicht.«
    »In gewisser Weise war Jason immer ein Vierter.«
    Als wir uns dem Augenblick der Überfahrt näherten, schienen die Sterne zu verblassen, als würde etwas Gazeartiges das Schiff umhüllen. Ich öffnete das Röhrchen mit Jasons Asche. Diane legte ihre Hand auf meine.
    Plötzlich drehte der Wind, und die Temperatur fiel um ein oder zwei Grad.
    »Manchmal«, sagte sie, »wenn ich an die Hypothetischen denke, dann bekomme ich plötzlich Angst.«
    »Wovor?«
    »Dass wir ihr rotes Kalb sind. Oder das, was sich Jason von den Marsianern erhoffte. Dass sie von uns erwarten, wir würden sie vor irgendetwas retten. Etwas, vor dem sie Angst haben.«
    Vielleicht war es so. Andererseits, dachte ich, werden

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