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Spione kuesst man nicht

Spione kuesst man nicht

Titel: Spione kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Carter
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hatte, hörte ich, dass die anderen in die Gegenrichtung liefen, also auf den Fahrstuhl zu, der zu unseren Zimmern führte. Nach allem, was passiert war, freute ich mich darüber. Ich wunderte mich allerdings nicht, dass Bex sich neben mich stellte.
    »Alles okay?«, fragte sie, weil sich das als beste Freundin so gehört.
    »Ja«, log ich wie eine typische Spionin.
    Wir fuhren mit dem Aufzug bis zum schmalen Flur im ersten Stock, und als sich die Tür öffnete, überlegte ich mir ernsthaft, ob ich nicht doch zu meiner Mutter gehen sollte (und zwar nicht nur wegen der M&Ms). Ich betrat den dunklen Korridor, und plötzlich rief eine Stimme laut: »Cameron Morgan!«
    Professor Buckingham eilte den Flur entlang, und ich konnte mir einfach nicht vorstellen, was die vornehme britische Dame veranlasst haben konnte, so zu brüllen, als eine rote Lampe sich über uns zu drehen begann. Gleichzeitig betäubte ein kreischendes Signal unsere Ohren, sodass wir die Schreie der elektronischen Stimme, die im Takt mit dem Rotlicht ertönte, kaum hören konnten. »CODE RED. CODE RED. CODE RED.«
    »Cameron Morgan!«, schrie Mrs Buckingham wieder und packte Bex und mich an den Armen. »Ihre Mutter braucht Sie! SOFORT!«

I m Nu verwandelten sich die leeren Korridore in überquellende Flure, als Mädchen und Mitglieder des Lehrkörpers herbeieilten, während die roten Lampen weiterzuckten.
    Ein Regal mit Trophäen drehte sich und schickte die Plaketten und Bänder, die an die Sieger der jährlichen Wettbewerbe im Nahkampf und Code-Entschlüsseln erinnerten, in das verborgene Fach hinter der Wand. Stattdessen kamen Preise von Schwimm- und Diskussionswettkämpfen zum Vorschein.
    In der Eingangshalle hoch über uns rollten sich drei goldfarbene und burgunderrote Banner mit den Aufschriften Erlerne ihre Fähigkeiten!, Ehre ihr Schwert! und Wahre ihre Geheimnisse! auf wundersame Weise auf und wurden von handgeschriebenen Postern, die die Wahl irgendeiner Emily zur Schulsprecherin befürworteten, ersetzt.
    Professor Buckingham zerrte Bex und mich die breite Treppe hinauf, während eine Herde Neulinge die Stufen hinuntersprang und wie irre kreischte. Ich erinnerte mich, wie die Sirene in meinen Ohren geklungen hatte, als ich sie zum erstenMal hörte. Kein Wunder, dass die Mädchen glaubten, die Welt ginge unter. Mrs Buckingham schrie: »Mädels!« und brachte sie zum Schweigen. »Folgt Madame Dabney! Sie bringt euch heute Nachmittag zu den Ställen. Und, meine Damen«, fauchte sie ein dunkelhaariges Zwillingspaar an, das besonders hysterisch reagierte, »Haltung!«
    Dann wirbelte sie herum und stürmte die Stufen zum Treppenabsatz im zweiten Stock hoch, wo Mr Mosckowitz und Mr Smith versuchten, eine Statue von Eleanor Everett (ein Gallagher Girl, das eine Bombe im Weißen Haus mit den Zähnen entschärft hatte) in eine Besenkammer zu rollen. Wir preschten durch den Geschichtssaal, in dem Gillians Schwert reibungslos in das Fach unter seinem Sockel glitt (wie Excalibur, das Wunderschwert von König Artus, als es zur Lady im See zurückkehrte) und durch die Büste eines Mannes mit riesigen Ohren ersetzt wurde, der als erster Direktor der Schule galt.
    Die ganze Schule befand sich in einem Zustand des organisierten Chaos. Bex und ich sahen uns fragend an, weil wir eigentlich unten sein und unseren Mitschülerinnen helfen sollten, das Erdgeschoss auf irgendetwas Spionageartiges zu untersuchen, das jemand möglicherweise herumliegen ließ. Aber Mrs Buckingham drehte sich um und schrie: »Mädchen, beeilt euch!« Sie klang überhaupt nicht wie die sanfte, ältliche Lehrerin, die wir kannten, sondern eher wie die Frau, die am D-Day ein feindliches Maschinengewehr eigenhändig außer Gefecht gesetzt hatte.
    Hinter uns krachte es, dann folgten ein paar polnische Kraftausdrücke, und ich ahnte, dass die Statue von Eleanor Everett in tausend Stücke zerschmettert am Boden lag. Aber am Ende des Geschichtssaals lehnte meine Mutter an der Doppeltürihres Büros und steckte sich so ruhig ein M&M in den Mund, als würde sie am Rande des Fußballfelds auf mich warten, um mich vom Training abzuholen – so, als wäre es ein ganz normaler Tag.
    Ihre langen dunklen Haare fielen über die Schultern ihres schwarzen Hosenanzugs. Ein paar Ponyfransen berührten eine makellose Stirn, die ich auch haben werde, wie Mom behauptet, sobald meine Hormone aufhören, gegen meine Poren Krieg zu führen.
    Manchmal bin ich echt froh, dass wir neunzig Prozent unserer Zeit im

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