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Splitterherz

Titel: Splitterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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verbrauchte Stimme neben mir. »Da sind Sie ja wieder.«
    Verblüfft fuhr ich herum, während Tillmann mich wieder auf die Beine stemmte. Beinahe wären wir beide hingefallen. Eine kleine, fettleibige Frau stand neben uns, mit fernen Augen und streng ge­scheiteltem schütterem Haar. Sie trug einen Frotteeschlafanzug mit aufgestickten rosafarbenen Bärchen.
    »Ahm - ja«, sagte ich freundlich und setzte mich auf das freie Bett.
    »Und warum sind Sie hier?«, fragte sie. Es klang, als habe sie diese Frage schon unzählige Male gestellt und interessiere sich gar nicht für die Antwort. Mir fiel spontan kein Leiden ein, das zu mir passen würde.
    »Größenwahn«, knurrte es über mir. Ich schaute nach oben. Colin hing immer noch reglos an der Decke. Die alte Frau folgte meinem Blick. »Frisch gestrichen«, sagte sie stolz und richtete ihre blassen Augen wieder auf mich. Sie hatte Colin weder gesehen noch ge­hört.
    »Na? Sagen Sie es schon - warum sind Sie hier?«, flüsterte sie ver­schwörerisch.
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Wahrscheinlich ein Irrtum.«
    Die Frau lächelte kindlich, doch ihre Augen blieben hohl. »Ja, ja, das sagen sie alle. Aber Sie sind schon lange hier. Drei Wochen min­destens. Ich hab Sie immer beim Frühstück gesehen.«
    Ich schluckte. Die Frau deutete mit ihrem feisten Zeigefinger auf sich selbst und raunte bedeutungsvoll: »Schizophrenie. Aber ich komme bald raus. Ich darf bald raus. Sie müssen noch bleiben. Aber ich darf raus. Ich darf raus.« Sie wiederholte es wie ein Mantra, als würde es dadurch wahr werden. Dann unterbrach sie sich selbst mit einem hohen »Oh!« und starrte auf ihre leere Tablettendose. Ihr Lächeln erstarb schlagartig.
    »Sie haben heute Ihre Tabletten ja noch gar nicht bekommen. Sie müssen doch Ihre Tabletten nehmen. Warten Sie, ich rufe den Pfle­ger ...«
    Colin ließ sich geräuschlos fallen und schob uns kalt atmend aus dem Zimmer. Tatsächlich - die Tür am Ende des Ganges stand of­fen. Eine allzu vertraute Hand schloss sich um die Klinke.
    »Nein!«, rief ich erschrocken, als Colin sich auf sie zubewegte, und wollte ihn aufhalten. Doch ein eisiger Luftzug trieb Tillmann und mich ihm nach und an Papa vorbei ins Treppenhaus.
    »Elisabeth!« Papa starrte mich fassungslos an, dann folgte er uns.
    Die Tür fiel klappernd ins Schloss. Noch einmal schwoll hinter uns das heisere Wimmern der Frau an, die eben so irr geschrien hatte. Irgendwo tropfte ein Abfluss und es roch nach Desinfektions­mitteln und Bauschutt.
    »Tu ihm nichts«, bat ich flehentlich, doch Colin war wieder in seine meditative Starre zurückgefallen, die Augen geschlossen, der Körper wie aus Stein.
    »Elisabeth«, sagte Papa noch einmal und musterte mich verblüfft, bevor seine Blicke zu Colin wanderten und sich verdüsterten.
    »Gut, okay«, antwortete ich mit lallender Zunge. »Er ist nicht geflohen. Er hat gegen sie gekämpft. Und ich - ich hab ihn rausgeholt, und wenn du uns jetzt nicht hilfst, dann ziehe ich morgen zu Paul und komme nie wieder. Nie!«
    »Du wirst langsam ziemlich schwer«, klagte Tillmann und sackte in die Knie. Ich rutschte gegen die Wand. Mit unverhohlener Faszination sah ich dabei zu, wie frisches hellrotes Blut aus meiner Wun­de auf den Boden sickerte.
    »Ich lasse mich nicht erpressen, Elisabeth«, sagte Papa. Es klang nicht sehr überzeugend. Erschrocken blickte er auf meine Wunde. Ich griff beherzt in das Blut und malte damit ein Mondgesicht auf den Boden.
    »Gut«, kicherte ich. »Dann fahre ich morgen eben zu Paul und sterbe dort. Hihi.« Das Mondgesicht bekam zwei Segelohren, ei­nen Hals und dicke Brüste. Sorgfältig positionierte ich die War­zen.
    »Mein Gott, das Kind ist ja voller Halluzinogene«, stöhnte Papa und begann, die Flechten von meinem Körper zu reißen. »Du meinst ja, sehr schlau zu sein«, brummte er und entfernte einen Tollkirschenzweig aus meinem Gürtel. »Aber dass sie in ihrer Ge­genwart -«, er warf einen zornigen Blick zu Colin hinüber, »- zig­fach so stark wirken können, wenn du sie direkt am Körper trägst, und erst recht, wenn du Blut verlierst, ist dir bei deinem Ausflug in die Botanik wohl entgangen.«
    »Ich hab’s sogar getrunken«, verkündete ich stolz.
    »Grundgütiger«, stöhnte Papa und klopfte mir die Wangen, um mich wach zu halten. Ich biss ihm in die Finger.
    »Ach, das hatte also einen Sinn mit den Pflanzen«, sagte Tillmann belustigt. »Mann, Ellie, ich dachte schon, du bist total irre

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