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Sprechende Maenner

Sprechende Maenner

Titel: Sprechende Maenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxim Leo , Jochen-Martin Gutsch
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liebe dich, darum möchte ich, dass du auf nichts verzichten musst. Ich möchte nicht, dass du ein Opfer für mich bringst. Denn das Wesen der Liebe ist: das Gönnen. Die Toleranz. Die Freiheit.
    aw:
    Ich wäre dazu nicht in der Lage. Nicht mal gedanklich. So selbstlos ist meine Liebe nicht. Freiheit bekommen hieße ja auch, Freiheit geben. Und das könnte ich nicht. Es klingt vielleicht gestrig oder machohaft, aber ich finde schon, dass Catherine mir gehört. Nur mir.
    re:
    Wie ein Haus? Oder ein Gartenschlauch? Oder ein Klumpen Gold?
    aw:
    Mir war auch gar nicht klar, dass ich so empfinde. Aber, ja, es geht vermutlich auch um so etwas wie Besitz. Ich glaube, Männer denken in diesen Besitzmaßstäben. Frauen in Geborgenheitsmaßstäben.
    re:
    Kurz zusammengefasst, damit keine Unklarheiten zurückbleiben. Du findest die Monogamie und ihre Moral sinnvoll und richtig?
    aw:
    Ich habe mal ein Interview mit dem König von Swasiland gelesen, der gerade seine dreizehnte Frau geheiratet hat. Der Mann gilt als seriös, verantwortungsbewusst und konservativ. Niemand in Swasiland würde ihn für einen Hallodri halten. Weil die Polygamie dort etwa so alt ist wie bei uns die Monogamie. Dieser König sagte, er würde es für unanständig halten, nur eine Frau glücklich zu machen. Er wisse aber auch, dass seine Form des Anstandes in unseren Breiten recht exotisch wirke.
    Es gibt keine absolute Moral, Jochen. Nur moralische Traditionen.
    Ich denke, dass die lebenslange monogame Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau ein Idealbild ist. Sie entspricht dem Bedürfnis des westlichen Menschen nach Klarheit und Geborgenheit. Menschen brauchen Ideale, selbst wenn sie selbst nicht in der Lage sind, ideal zu leben. Insofern ist das Bekenntnis zum Ideal der Monogamie keine Lüge, sondern ein Ausdruck von Hoffnung. Die Vorstellung, dem anderen seinen Körper zu schenken und damit eine Nähe und Vertrautheit, ja Exklusivität zu schaffen, die diese Beziehung von allen anderen unterscheidet, klingt ja auch sehr schön. Ähnlich schön wie die Vorstellung der totalen Freiheit. Aber wie jeder Traum ist eben auch dieser nur schwer zu leben.
    Andererseits wäre jede Alternative zu unserem monogamen Weltbild für uns noch schwerer zu ertragen. Die Monogamie ist als Prinzip nicht perfekt, aber sie ist das kleinere Übel. Würden wir leben können wie in Swasiland – ich glaube, das würde fast alle von uns überfordern.
    re:
    Warst du schon mal überfordert?
    aw:
    Eine Freundin erzählte mir mal, ihr Mann hätte sich in eine Frau verliebt.
    Ich wollte gerade beginnen, sie zu bedauern, zu trösten – da erzählte sie, dass diese Frau jetzt bei ihnen wohne. Ich wollte sie gerade noch mehr bedauern, da erzählte sie, nicht nur ihr Mann, sondern auch sie hätte schon Sex mit der anderen Frau gehabt. Sie leben jetzt zu dritt. Eine offene Dreierbeziehung.
    Ich fand das faszinierend, vor allem aber beängstigend. Man könnte sagen: Ein Männertraum wird wahr. Zwei Frauen im Haus. Aber ich fühlte Verunsicherung. Dieses Regulierte, Beschränkte, Verbotene – anscheinend entspricht mir das ganz gut.
    re:
    Du lebst ja auch seit 17 Jahren reguliert, beschränkt und verboten. Bringe einen Nordkoreaner nach Las Vegas. Das findet der auch anstrengend.
    Ich meine, eine offene Dreierbeziehung, Maxim. Du mit zwei Frauen. Und du sagst dann: »Ach nö. Hab Angst. Mutti!!«
    aw:
    Ich brauche Kontrolle, Jochen. Diese Offenheit empfinde ich nicht als Chance oder sexuelles Abenteuer, sondern als Bedrohung meiner Sicherheit. Die Idee, dass irgendjemand, Mann oder Frau, an meiner Ehefrau rummacht – da werde ich aggressiv. In Swasiland würde ich wahrscheinlich ständig im Gefängnis sitzen. Grüße von Maxim, dem monogamen König von Berlin.

Tag 16
    An dem der König von Swasiland eine Rede hält und klar wird, dass ein Mann ohne Beschädigungen womöglich langweilig ist
    Verehrte monogame Hochwohlgeborenheit, vielleicht schlage ich in 20 Jahren die Zeitung auf, hier in meiner kleinen Dachwohnung mit den zwei Bettdecken, und lese: »Maxim Leo, 61, ist neuer König von Swasiland. Der in Ost-Berlin geborene Journalist, der sich seit 25 Jahren um das Amt in dem südafrikanischen Land bemühte, wurde am Sonntag in einer feierlichen Zeremonie offiziell inthronisiert. Er ist das erste deutsche Staatsoberhaupt eines

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