Sprechende Maenner
die Orientierung verloren hast? Kein Problem. Ich helfe gerne meinem alten, etwas vergesslichen, schusseligen Väterchen Maxim.
Fremdgehen heiÃt: Sex mit einer Frau, die nicht deine Frau ist. Sex beinhaltet alle Formen sexuellen Kontaktes, also auch orales Umherschweifen, soweit es die Geschlechtsteile einer Frau betrifft, die nicht deine Frau ist. Als Kurzdefinition für dich: Lass die Finger von den Geschlechtsteilen anderer Frauen. Sind wir definitorisch so weit klar?
aw:
Du bist streng.
re:
Nicht ich bin streng. Deine Frau ist streng. Ich schätze, sie hält auch nichts von der »rücksichtsvollen Untreue«. Ich übrigens auch nicht. Meine Freundin ging mal fremd. Und es war mir ziemlich egal, ob sie rücksichtsvoll fremdging oder nicht. Die Rücksicht ist eine Erfindung des Fremdgehers. Sie ist nur für ihn da. Sie beruhigt ihn. Sie macht ihn glauben, es gebe eine Anständigkeit im Fremdgehen. Aber am Ende geht es nicht um Rücksicht, sondern nur darum, dass das Fremdgehen nicht auffliegt.
aw:
Du bist sehr streng.
re:
Ich schätze, die Monogamie ist eine strenge Erfindung. Eine moralische Illusion, wenn du mich fragst. Eine seltsame Sexualmoral, das vor allem. Wir verfügen über den Körper, die Gelüste eines anderen Menschen. Ãber seine Intimität. Wir sagen: Wenn du deine Intimität nicht ausschlieÃlich mir zur Verfügung stellst, dann bestrafe ich dich. Das ist eigentlich Wahnsinn. Noch wahnsinniger ist nur, dass fast jeder mitmacht. Würde man eine Umfrage machen: »Ist sexuelle Treue gut und notwendig?« â Alle würden schreien: Ja! Auch wir Männer. Gleichzeitig brechen wir die Treue, nicht jeder, aber fast jeder, irgendwann. Wir sind längst eine Gesellschaft der Ehebrecher und Ehebrecherinnen, was wiederum dazu führt, dass mittlerweile zwei Dinge gesellschaftlich (nicht privat) akzeptiert sind, die sich eigentlich gegenseitig ausschlieÃen: die Monogamie und die Untreue.
Vielleicht funktioniert es ja wie mit Gott. Man glaubt an Gott, grundsätzlich, aber nicht an alles, was er sagt. Und dort, wo man Gott nicht versteht, weil er nuschelt oder sich unklar ausdrückt, beginnt man zu interpretieren.
PS : Eine traditionelle Form der Bestrafung für Untreue ist von jeher übrigens auch der Tanzkurs, Maxim. Tango, Salsa, Rumba â alles, wo der Mann scheiÃe aussieht. Ungelenk, steif, hilflos. Wo er seine Würde ein wenig verliert. Und die Frau ihm dabei lustvoll zuschauen kann. Tanzkurs heiÃt Rache.
aw:
Lieber Jochen, was mich beschäftigt, ist die verbotene Möglichkeit. Die Idee, dass ich gemäà den allgemein anerkannten Richtlinien des mitteleuropäischen Eheverständnisses bestimmte Dinge nie wieder tun darf. Dazu gehört der Sex mit anderen Frauen. Es geht nicht darum, dass ich das unbedingt haben will. Aber die Vorstellung, es nie wieder haben zu dürfen, macht mich unruhig. Es ist so, als ob du darauf verzichtest zu träumen. In einem Lied von Wolf Biermann heiÃt es: »Was verboten ist, das macht uns gerade scharf.« Ich glaube, das ist es.
re:
In einem Lied von Rolf Zuckowski heiÃt es: »Bang, Bang, Bang!«
Ich glaube, das ist es.
aw:
Jochen, konzentriere dich. Wir sind hier an einem wichtigen Punkt â¦
Es würde viel bei mir zerstören, wenn ich erfahre, dass Catherine mit einem anderen Sex hat. Unsere Intimität wäre befleckt, irgendwie entwertet. Das Vertrauen gestört. Vielleicht würde ich mich sogar von ihr trennen. Und gleichzeitig kann ich nicht garantieren, dass ich mich immer an die Treue halte. Wer kann sich hinstellen und sagen: Ich werde niemals schwach sein?
Ein paar Monate nachdem wir uns kennenlernten, verabredeten Catherine und ich, dem anderen nichts zu erzählen, falls einer von uns mal vom rechten Weg abkommen sollte. Der Respekt und die Liebe für den anderen würden darin bestehen, ihn mit der Wahrheit zu verschonen. Wir haben dann nie wieder darüber gesprochen. Es ist ein Tabu, sogar als Gesprächsthema. Eigentlich sogar als Denkthema für mich selbst. Ich lese diese Statistiken, wonach Frauen alle sieben Jahre fremdgehen, aber scheue davor zurück, diesen Gedanken zu Ende zu denken. Ihn an mich ranzulassen. Auf meine Frau anzuwenden. Untreue ist das Undenkbare, verstehst du?
re:
Das Konzept der liebenden Treue ist also der Verzicht.
Müsste es nicht genau andersrum sein, gerade wegen der Liebe?
Ich
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